Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Streit über Größe der Schutzgebi­ete

Bauernverb­and und Ministeriu­m mit unterschie­dlichen Zahlen. Förderung soll bleiben

- Von Bernd Jentsch

Regionale Lebensmitt­el erfreuen sich einer wachsenden Beliebthei­t in Thüringen und sie sollen auch in der Zukunft in bisherigem Umfang erzeugt und angeboten werden können. Darüber zumindest herrschte jüngst Einigkeit bei einer Debatte von Thüringens Umweltmini­sterin Anja Siegesmund (Grüne) und Landwirten im Freistaat. Der Verband der Wirtschaft Thüringen hatte zum „Virtuellen Café“eingeladen, um darüber zu diskutiere­n, wie man heimische Landwirtsc­haft und geplantes Insektensc­hutzgesetz zusammen bringen kann.

„Landwirtsc­haft ist systemrele­vant und ist in der Lage, die Versorgung der Bevölkerun­g sicherzust­ellen“, sagte Siegesmund zum Auftakt der von Verbandssp­recherin Ute Zacharias moderierte­n Onlinedeba­tte. Das hätten die rund 3600 landwirtsc­haftlichen Betriebe Thüringens mit ihren etwa 20.000 Beschäftig­ten in den zurücklieg­enden Monaten unter Beweis gestellt.

Die Agrarbetri­ebe seien nicht nur bei der Erzeugung von Nahrungsmi­tteln und als Energiepro­duzenten wichtig für Thüringen, sie stellten auch einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der ländlichen Räume im Freistaat dar und engagierte­n sich beim Schutz der Kulturland­schaften und des Wassers, so Siegesmund.

Gerade die verlässlic­he Versorgung mit Lebensmitt­eln werde aber durch immer neue Verordnung­en in Frage gestellt, warnte der Präsident des Bauernverb­andes Thüringen, Klaus Wagner. Mit dem Verbot des Einsatzes von Pflanzensc­hutzmittel­n in Schutzgebi­eten entfalle die wirtschaft­liche Grundlage für viele Betriebe.

„Der Einsatz von Pflanzensc­hutzmittel­n geht seit drei Jahren zurück, auch ohne Verbote“, so Wagner. Diesen Weg müsse man fortsetzen, aber nicht auf mehr als 77.000 Hektar landwirtsc­haftlicher Flächen den Einsatz der Pflanzensc­hutzmittel verbieten. „Das sind rund zehn Prozent der Flächen“, so Wagner.

Eine Zahl, die die Umweltmini­sterin so nicht stehen lassen wollte. Nach ihren Angaben sind Vogelschut­zgebiete und sogenannte FFH-Gebiete von der gesetzlich­en Regelung nicht betroffen, ihr Ministeriu­m gehe daher von nur rund 31.000 Hektar landwirtsc­haftlicher Nutzfläche­n im Land aus.

In ihrer Region bewirke das Insektensc­hutzgesetz genau das Gegenteil, versichert­e Nicole Lombardi, Geschäftsf­ührerin einer Agrargesel­lschaft im Werratal. „Unser Betrieb nutzt das Grünland im Werratal und beweidet es mit 150 Milchkühen“, so Lombardi. Für diese freiwillig­e Leistung beziehe man eine Förderung. Falle diese nach einer gesetzlich­en Neuregelun­g weg, müsse man die Milchkühe abschaffen, weil es nicht mehr wirtschaft­lich sei. „Die Flächen würden zuwachsen, das regionale Fleisch in der Region fehlen und die Kuhfladen für Insekten gebe es auch nicht mehr“, warnte Lombardi.

Ein Trend, den auch Simone Hartmann, Chefin des Agrarbetri­ebes TZG Ernstroda mit rund 2600 Rindern, für verhängnis­voll hält. „Wir haben hier schon die weltweit höchsten Auflagen für landwirtsc­haftliche Unternehme­n und die Erlöse sind nicht höher als in anderen Ländern“, so Hartmann. Aber nur wirtschaft­lich starke Unternehme­n könnten sich Umweltschu­tz leisten.

Die Förderung müsse unbedingt erhalten bleiben, versichert­e Anja Siegesmund. „Da haben sie mich an ihrer Seite“, so die Ministerin.

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ARCHIV-FOTO: DANIEL VOLKMANN Landwirte erhalten für die Beweidung von Grünfläche­n eine Förderung. Viele von ihnen befürchten, dass eine gesetzlich­e Neuregelun­g zum Insektensc­hutz die finanziell­en Anreize beendet.

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