Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Lengefelder Warte ist Zuhause für Turmfalken Der Wartturm im Mühlhäuser Landgraben ist als einziger komplett erhalten
Mühlhausen.
Ohne Leiter war der Lengefelder Wartturm mit seinen
13,5 Meter Höhe auch vor einigen Jahrhunderten nicht zu begehen. Denn einen Eingang im Erdgeschoss wie in den Türmen entlang der inneren Stadtmauer gab es hier noch nie. Ob der Turm schon vor einigen Jahrhunderten ein Nistplatz für Turmfalken war, lässt sich heute nicht mehr sagen. Laut Stefan Sander, Chef des Hotels und Restaurants Lengefelder Warte, wird den Vögeln aber bereits seit einigen Jahren mit Nistkästen in der obersten Etage des Turms ein sicheres Zuhause geboten. Ansonsten dient der Turm heute nur noch zur Zierde.
Der Turm an der Bundesstraße
247 zwischen Mühlhausen und Leinefelde stellt nur einen von ursprünglich sieben Warttürmen entlang der dritten Befestigungsanlage der Stadt dar. Diese sind in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts gemeinsam mit dem sogenannten Landgraben entstanden. Er stellte laut Stadthistoriker Peter Bühner eine gut 26 Kilometer lange und 15 bis 20 Meter breite, doppelte Wallanlage dar. An seinen Straßendurchlässen standen Türme als Beobachtungsposten. „Damit sollte der Stadt frühzeitig das Herannades hen von Feinden gemeldet werden können“, so Bühner.
Die Lengefelder Warte wurde aufgrund ihrer Nähe zum ehemaligen Forstort Uppenthal auch Uppenthals-Warte genannt. Laut dem Mühlhäuser Lehrer Bernhard Klett, der sich mit der Historie der Stadt beschäftigt, soll bei einem Angriff auf die Gemeinde um 1530 der Wartmann gefangen genommen worden sein. Doch auch ein festlicher Empfang des Kurfürsten von
Mainz soll im Jahr 1777 die Lengefelder Warte als Schauplatz gehabt haben.
Der Mühlhäuser Landgraben wurde im Westen und Norden bis ins Eichsfeld in gut zehn Kilometern Entfernung zur Stadt errichtet. Er sollte zur Verteidigung der damals 28 umliegenden Dörfer dienen, von denen heute noch 18 existieren. Darunter zum Beispiel die Gemeinden Eigenrieden, Dörna oder Anrode.
Besonders häufig soll es Klett zufolge „Fehden mit dem Eichsfelder Adel“gegeben haben. Doch auch darüber hinaus soll der Landgraben zur Sicherung der Nordwestgrenze Thüringens gedient haben.
Dabei sollte er das Mühlhäuser Landgebiet nicht vom benachbarten Eichsfeld absperren. Er war lediglich als Grenzschutz gedacht. Die dritte Befestigungsanlage umgab auch ein Wall, der mit Hecken und Sträuchern bepflanzt wurde.
Auch zahlreiche dickstämmige Bäume, wie Buchen, Eichen oder Kirschen, sollten den Landgraben für Feinde undurchdringlich machen.
Ein Graben, der heute nur noch ein bis zwei Meter tief ist, war für das Gebiet namensgebend. Die Außenseite des Landgrabens wurde in ihren Ursprüngen von 143 Grenzsteinen markiert.
Durch die Warttürme wurden die Straßendurchgänge und Grenzen
Gebiets bewacht und gesichert. Die Warten wurden aus Stein gebaut und erhielten kegelförmige Ziegeldächer. Ihre Eingänge lagen erst in Stockwerkhöhe.
Landgraben als Sicherung und Einnahmequelle
Um die Türme herum wurden ein bis zwei Meter hohe Ringmauern gebaut. Der sogenannte Wart- oder Turmmann wohnte in einem Häuschen innerhalb der Ringmauer und begab sich bei Gefahr in den Turm. Um die Mühlhäuser in der Stadt zu warnen, brannte er einen Holzstock ab. Durch das Feuer und den Rauch wurden sie aus sicherer Entfernung gewarnt. Außerdem sollten die Turmleute Raben erschießen. Im 17. Jahrhundert wurden sie auch zum Einholen des Zolls eingesetzt.
Der Mühlhäuser Landgraben leistete demnach nicht nur die Sicherung Mühlhausens und der Nordwestgrenze Thüringens, sondern wurde auch zu einer neuen Einnahmequelle erschlossen.