Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Krach nach dem Abbruch NOFV beendet Saison mit Auf- und Absteigern. Nordhausen prüft rechtliche Schritte
Die Olympia-Ausrichter in Japan bangen um die Spiele. Und die Chefetage von Europas Fußball-Verband lässt weiter die Muskeln spielen.
Während die besten Athleten nicht wissen, ob sie im Juli und August in Fernost beim weltgrößten Sportspektakel dabei sein dürfen und ausländische Fans draußen bleiben, fordert die Uefa Zuschauer-Garantien der Gastgeberorte ihrer im Juni beginnenden Europameisterschaft. Welch Ironie.
Gemessen an der Lage in Europa mit den vielerorts stark steigenden Infektionszahlen wirkt das Ganze wie der abgehobene Versuch, ohne Rücksicht die eigenen Interessen durchzusetzen.
Und der Druck wirkt. Anfang der Woche gab Italiens Regierung nach, sicherte für die vier Spiele in Rom eine Mindestauslastung von einem Viertel der Kapazität zu und empfing dafür den Ceferinschen Segen als Austragungsort. Dabei stöhnt das Land ebenso unter der Corona-Last wie Deutschland. Die Inzidenz liegt gerade sogar höher als hierzulande.
Ob die vier für München geplanten Spiele dort stattfinden, bleibt offen. Der Sportausschuss des Stadtrates billigte der Uefa maximal die Aussicht auf ein zu einem Fünftel besetztes Stadion zu, sofern es die Lage zulässt. Er zieht aber in einem weiteren Szenario genauso Geisterspiele in Betracht. So wackelt die Stadt als Gastgeber wie Bilbao und Dublin. Am Montag tagt der Verband und will entscheiden.
Manches ist bei allem Verständnis schwer zu fassen: Das Land steht auf der Notbremse, vor einer Verschärfung des Lockdowns. Und in München soll nach Uefa-Willen ein Freibrief für Stadionbesuche ausgestellt werden. Der Fußball lebt in einer anderen Welt.
Seite 24 Erfurt.
Der Nordostdeutsche Fußballverband (NOFV) hat wie erwartet in seiner Präsidiumssitzung am Freitag wegen der Corona-Pandemie die Saison abgebrochen und nicht annulliert. Es wird also Aufund Absteiger geben.
In der Regionalliga soll Viktoria Berlin, dass bisher alle seine elf Spiele gewonnen hatte, in die 3. Liga aufrücken. Der FC Carl Zeiss Jena hätte noch eine Chance, falls die Hauptstädter kein drittligataugliches Stadion finden. Absteigen muss Bischofswerda. Aus den beiden Oberliga-Staffeln sollen nach weniger als einem Drittel der Saison der FC Eilenburg und Tasmania Berlin in die vierte Liga aufsteigen.
„Es gab eine klare Mehrheit für diese Lösung, die natürlich nicht allen gerecht wird“, sagte Thüringens Verbandspräsident Udo PenßlerBeyer, der wie seine fünf Amtskollegen dafür stimmte. „Wir haben noch fast eine Stunde fünf oder sechs andere Modelle diskutiert. Darunter auch drei Staffeln Oberliga. Aber wem sollen wir da 14 Absteiger erklären“, so Penßler-Beyer. Die Juristen hätten zudem die Entscheidung als rechtssicherste Lösung befürwortet, so der TFV-Präsident, der mit am Montag das Prozedere für einen Oberliga-Aufsteiger aus Thüringen festlegen muss.
Mächtigen Krach gibt es nach der Entscheidung nun vor allem bei den Absteigern FC Carl Zeiss Jena II, Wacker Nordhausen im Süden und Brandenburg-Süd im Norden. Diese Vereine wollen den Abstieg in die Landesligen nicht kampflos hinnehmen. Der Tabellen-13. Strausberg zieht sich im Norden freiwillig in die sechste Liga zurück.
Zum Verhängnis wurde den Absteigern die NOFV-Spielordnung mit Paragraf 9, der die Ermittlung von Auf- und Absteigern nach Punkt- oder Quotientenregel für diese Saison festgelegt, sollte „das Spieljahr aufgrund höherer Gewalt oder nicht vorhersehbarer und nicht beeinflussbarer Ereignisse vorzeitig beendet werden“. Über die
Anzahl der gespielten Partien steht dabei nichts im Paragrafen.
Torsten Klaus, Präsident von Wacker Nordhausen, sagte: „Die Entscheidung ist nicht nachvollziehbar und macht mich traurig. Wir hatten uns nach zwei Insolvenzen wieder gefangen und werden jetzt durchgereicht. Sicher sind wir aktuell Tabellenletzter. Wir haben aber teilweise drei Spiele weniger als die Konkurrenz. Dieser Abstieg ist nicht sportlich.“Man werde nun rechtliche Schritte prüfen und gegen den Abstieg vorgehen, wenn es eine Chance auf Erfolg gibt. „Doch die Zeit für die Saisonvorbereitung läuft uns natürlich nun auch davon“, sagte der Wacker-Präsident.
RWE kritisiert Aufstiegsentscheidung am Grünen Tisch
Heiko Weber, der Coach von Jena II, meinte: „Es ist ein bissel Willkür von denen da oben. Wenn man eine Lösung gewollt hätte, wäre sie auch zu finden. Auch mit 18 oder 19 Teams hätte man irgendwie eine Saison spielen können.“
Der FC Rot-Weiß Erfurt verpasste unterdessen als punktgleicher Tabellendritter hinter dem FC Eilenburg knapp die Rückkehr in die Regionalliga. „Es ist schade, denn das ist aus unserer Sicht keine gerechte Lösung, wenn nach neun Spieltagen ein Aufsteiger am Grünen Tisch ermittelt wird“, sagte Franz Gerber.
Der RWE-Geschäftsführer betonte erneut, dass man auf rechtliche Schritte verzichten wird. „Wir werden diese Entscheidung so akzeptieren, auch wenn wir sie als unsportlich betrachten.“Nun wolle man versuchen, in der kommenden Saison in der Oberliga-Spitzengruppe mitzuspielen und um den Aufstieg kämpfen.
Für ein mögliches Play-off-Turnier um den Regionalliga-Aufstieg sah der NOFV keine Grundlage. „Es gibt bislang keine Trainingserlaubnis, zudem ist ja noch der Landespokal nicht beendet. Aus unserer Sicht gibt es keine realistische Chance, solch ein Turnier anzusetzen“, meinte NOFV-Vizepräsident Bernd Schultz im MDR-Interview.