Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Bürgermeister werben um Anrode Anreize vom Land für Fusion niedriger als erwartet. Bürgerbefragung ab Mitte Mai
Anrode.
Am 1. Januar 2023 werden sich die bisherigen Ortsteile der Gemeinde Anrode in neuen Verwaltungsstrukturen wiederfinden. Die Auflösung der jetzigen Gemeinde ist wahrscheinlich, deuten sich doch unterschiedliche Richtungen an. Zwischen 14. und 30. Mai sollen alle Einwohner ab 16 Jahren per Brief befragt werden, ob ihr Ortsteil künftig zur Stadt Dingelstädt, zur Stadt Mühlhausen oder zur Gemeinde Unstruttal gehören soll.
Die Befragung ist Grundlage für die Entscheidung des Gemeinderates, aber nicht bindend. Bürgermeister Jonas Urbach (CDU) warb bei der Ratssitzung am Dienstag jedoch dafür, sich dem Votum der Bürger anzunehmen.
Sitzung wird via Livestream aus Kulturhaus Bickenriede übertragen Der jetzige Zeitplan geht davon aus, dass Mitte Juni die entscheidende Sitzung stattfindet. Anschließend können im Sommer die Fusionspartner ihre Beschlüsse fassen, bevor der Antrag beim Innenministerium gestellt wird. Wohl im Herbst beginnt das Gesetzgebungsverfahren. Da man in den Kommunen volle Haushaltsjahre anstrebe, sei eine Gemeindeneugliederung zum 1. Januar 2023 möglich.
Davon gehen auch die Bürgermeister von Dingelstädt und Unstruttal, Andreas Fernkorn (CDU) und Michael Hartung (parteilos), sowie Mühlhausens Oberbürgermeister Johannes Bruns (SPD) aus. Sie warben vor den Gemeinderäten für die Fusion mit ihren Kommunen.
Neben etwa 25 Gästen im Bickenrieder Kulturhaus konnten Interessierte die Sitzung via Livestream im Internet verfolgen.
Deutlich wurde, dass Bruns und Fernkorn für sich die Felder abgesteckt haben. Dingelstädt spekuliert mit Bickenriede und Zella. Mühlhausen kann sich Hollenbach, Dörna und Lengefeld, also bis zum Mühlhäuser Landgraben, vorstellen. Für Unstruttal liegt vor allem
Die Bürgermeister Michael Hartung (von links/Unstruttal), Andreas Fernkorn (Dingelstädt) und Oberbürgermeister Johannes Bruns (Mühlhausen) warben für die Fusion.
Lengefeld nahe. Offiziell gibt es jedoch für andere Konstellationen kein Ausschlusskriterium. Bruns erklärte aber, er könne sich nicht vorstellen, dass das Innenministerium eine „Kragengemeinde“um Mühlhausen mittrage.
Allerdings dürfte die Fusion finanziell weit weniger attraktiv werden als ursprünglich vom Land gegenüber den Bürgermeistern angekündigt. Vor allem die Entschuldung werde nicht in der erwarteten Höhe kommen, sagte Fernkorn. Kalkuliert hatte man mit einer Reduzierung auf den Stand der aufnehmenden Gemeinde.
Nun solle es laut Gesetzentwurf vom 15. April der doppelte Landesdurchschnitt sein. Das sei vor allem für Anrodes Ortsteile ernüchternd, so Fernkorn. In bestimmten Konstellationen
– vor allem bei der Aufnahme großer Ortsteile, die eine entsprechend hohe Schuldenlast mitbringen – bleibt von der Prämie unterm Strich nichts mehr übrig. Mühlhausen und Dingelstädt wollen einen Großteil in die Entschuldung stecken.
Scheitern solle die Fusion aus Fernkorns Sicht aber nicht. Bruns kündigte Gespräche mit dem Land über eine Nachbesserung an.
Unstruttal will volle Fusionsprämie in Ortsteile investieren
Die Gemeinde Unstruttal würde bei einer Fusion die Kröte schlucken und die volle Prämie im Verwaltungsund Vermögenshaushalt für neue Ortsteile bereitstellen, sagte Hartung. Gerechnet auf Hollenbach, Dörna und Lengefeld stünden somit etwa 900.000 Euro zur Verfügung. Die Bürgermeister sind sich einig, dass die Projektliste priorisiert werden und ein Gemeindentwicklungskonzept erstellt werden müsse. Nicht alles sei in den ersten Jahren machbar. Mühlhausens Oberbürgermeister geht von 600.000 bis 800.000 Euro aus, die aus der Prämie in die Orte fließen könnten. Allein für die Straßenbaumaßnahmen in Hollenbach, Dörna und Lengefeld kalkuliert die Stadt in einer ersten Schätzung mit drei Millionen Euro.
Klar ist, dass nicht allein Prämie und Entschuldung Anreiz für die Fusion sein sollen, sondern die dauerhafte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Die wird auch mit weiteren Zuweisungen vom Land, abhängig von der Größe, gefördert.