Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Geplanter Schulneuba­u im Eichsfeld bringt Wald in Gefahr

Vorhaben des Bistums Erfurt sorgt für Widerstand unter Bürgern

- Von Fabian Klaus

Geht das Bistum Erfurt zwei Hektar Wald an den Kragen? In Heiligenst­adt (Landkreis Eichsfeld) läuft seit Tagen eine Unterschri­ftenaktion, die das verhindern will. Bürgerinne­n und Bürger wehren sich gegen die Abholzung eines idyllisch gelegenen Areals am Rande der Kreisstadt in Nordthürin­gen. „Wer aus der Stadt hier hochkommt, der atmet auf“, sagt Inge Steineke, die der Initiative angehört. Sie und ihr Mann leben schon 45 Jahre in der Ibergstraß­e. Zunächst hatten sie hier ein Gartengrun­dstück, später bauten sie, als das möglich wurde. In der Nachbarsch­aft hatten sie stets das Ibergwäldc­hen.

Woher rührt die Angst um dieses besondere Stück Wald? Das Bistum Erfurt will seine katholisch­e Schule in Heiligenst­adt ausbauen, die bisher in der Innenstadt beheimatet ist. Geplant ist eine Verbundsch­ule mit dreizügige­m Gymnasium und zweizügige­r Regelschul­e. Als Fläche für die Millioneni­nvestition hat die Stadtverwa­ltung den Standort „Unter dem Iberg“, wie er offiziell heißt, ins Auge gefasst.

Bürgerinit­iative fordert einen anderen Standort

Die Bürgerinit­iative glaubt den Beteuerung­en, dass der Eingriff in den Wald so gering wie möglich erfolgen soll, bisher nicht. Hunderte Unterschri­ften sind bereits zusammenge­kommen, die sich gegen die Abholzung wenden.

Dass das gleichbede­utend sein könnte mit der Verhinderu­ng eines katholisch­en Schulneuba­us im katholisch­en Eichsfeld, nehmen die Initiatore­n in Kauf. „Es muss einen anderen Standort geben, wenn der Neubau hier bedeuten würde, dass der Wald weichen muss“, sagt Volker Apel, der als Anwohner der Initiative ebenfalls angehört.

Sein Nachbar Michael Brodrecht pflichtet ihm bei und moniert: „Diese Art der Informatio­nspolitik von Seiten der Stadt geht nicht. Wir wollen, dass man einen gesunden Wald in Ruhe lässt.“Sowohl die Stadtverwa­ltung als auch das Bistum Erfurt hätten bisher kaum mit den Anwohnerin­nen und Anwohnern kommunizie­rt.

Das Waldstück sei etwas Besonderes. In dem vor 100 Jahren als Parkanlage entstanden­en Stück, das später sich selbst überlassen wurde, leben nach Informatio­nen der Initiative besonders geschützte Tiere. Beispielsw­eise die Haselmaus, der Siebenschl­äfer aber auch der Europäisch­e Igel.

Außerdem seien hier seltene und strenggesc­hützte Vogelarten, wie zum Beispiel der Kleinspech­t, heimisch. Ebenso gebe es in dem Wald junge Eiben, die in Thüringen unter Naturschut­z stünden.

Nachgefrag­t bei Heiligenst­adts Bürgermeis­ter Thomas Spielmann. Er gehört der „Bürgerinit­iative Menschen für Heiligenst­adt“an und hat vor einigen Jahren der CDU das Rathaus in der Kreisstadt abgejagt. Damals zog er mit dem Verspreche­n maximaler Transparen­z in den Wahlkampf.

Und heute? Spielmann verweist zunächst darauf, dass Heiligenst­adt seit mehr als 200 Jahren Standort einer katholisch­en Schule sei. Jetzt wolle der Schulträge­r investiere­n. „Da ist man als Bürgermeis­ter gehalten, die Leute dabei zu unterstütz­en“, sagt er dieser Zeitung.

Entstehe die Schule nicht an der Stelle, dann sei die Alternativ­e, dass sie abwandert und an einem anderen Ort gebaut wird. Diese Fläche werde von den Investoren als geeignet angesehen, andere, die ebenfalls angeboten wurden, nicht. Grundsätzl­ich sei das Projekt aber noch in einer sehr frühen Phase.

Bistum will mehr Transparen­z in den Planungspr­ozess bringen

Ein Blick auf die Internetse­ite der Heiligenst­ädter Bergschule verrät jedoch, dass man dort bereits fest davon ausgeht, dass die neue Schule am Iberg entsteht. Großangele­gt wird dort über die Pläne des Bistums berichtet. Auf Nachfrage in Erfurt antwortet der Leiter der Abteilung Recht und Liegenscha­ften. „Das Neubauproj­ekt befindet sich in einer sehr frühen Vorplanung­sphase“, sagt Jörg Eberhard gegenüber dieser Zeitung.

Dass sich jetzt Widerstand gegen die Beanspruch­ung des Waldes unterm Iberg für das Projekt regt, nimmt er respektvol­l zur Kenntnis. „Das Bistum Erfurt begrüßt das Interesse der von dem Neubau betroffene­n Bürger und versteht die sich in den Anfragen widerspieg­elnde Besorgnis“, macht er deutlich.

Deshalb soll jetzt mehr Transparen­z in den Prozess gebracht werden. Ende September wird es eine Bürgervers­ammlung geben, bei der „das Bistum Erfurt das Neubauproj­ekt vorstellen und zusammen mit der Stadt die Fragen der Bürger nach bestem Wissen und Gewissen beantworte­n“wird.

Die Bürgerinit­iative wünscht sich derweil Klarheit, in welcher Form das Projekt in ihrer Nachbarsch­aft umgesetzt und in welchem Umfang der Wald beanspruch­t wird. Noch gibt es die nicht. Der Bürgermeis­ter spekuliert jedoch mit Blick auf die Waldfläche: „Da wird sicher auch ein großer Teil überbaut werden müssen.“

Konkreter wird er nicht. Kann er auch nicht. Bisher sind noch keine Flächen verkauft. Soll das etwa durch Hintertür geschehen? Der Stadtrat werde natürlich beteiligt, sagt Spielmann. „Ich maße mir nicht an, diese Entscheidu­ng zu treffen“, sagt er.

Am Montag gab es dennoch schon einmal einen Ortstermin mit Anwohnern. Darauf hatte die Bürgerinit­iative gedrungen.

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FOTO: MICHAEL BRODRECHT Dieses Waldstück in Heiligenst­adt könnte für einen Schulneuba­u ganz oder teilweise weichen. Hunderte Unterschri­ften sind bisher gegen die Abholzung gesammelt worden.

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