Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Keine Frage ist zu ungewöhnlich
Katharina Pätzold freut sich auf Meinungsaustausch zur Glaubensvielfalt im Caritas-Café zu Heiligenstadt
Heiligenstadt. Katharina Pätzold aus Heiligenstadt ist dabei, an ihrem neuen Arbeitsplatz die Wände zu gestalten. Eine Wand erzählt vom „Weg der Religionen“. Da ist ein Bild von Pilgerscharen in Mekka, eines mit buddhistischen Mönchen, daneben ein Zitat aus dem Eichsfeldlied „...dort, wo das Kreuz vom Hügel ragt“. Ein Foto zeigt fröhlich lachende indische Frauen, die ihr farbenfrohes Holi-Fest feiern, das Frühlingsfest im hinduistischen Glauben. Daneben das John-Lennon-Zitat: „Ich glaube an Gott, aber nicht als etwas Einheitliches, nicht an einen alten Mann im Himmel. Ich glaube, dass das, was die Leute Gott nennen, etwas in uns ist.“
Eine andere Wand ist Texten vorbehalten. Anhand eines TheodorStorm-Gedichtes kann nachvollzogen werden, was den Dichter nach dem frühen Tod seiner ersten Frau bewegte. An Gott vermochte er angesichts des Verlustes der Ehefrau und Mutter seiner Kinder nicht zu glauben.
Förderung vom Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken
„Kirche ist Vielfalt“. Davon ist Katharina Pätzold überzeugt. Deshalb hatte sie sich sofort beworben, als sie im Jahr 2021 vom neuen, zweijährigen Projekt „Glaubensvielfalt – Kirche ist Vielfalt“hörte. Start war im Januar 2022, gefördert wird es vom Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken und untersteht dem Caritasverband für das Bistum Erfurt. Seitdem arbeitet sie in der Heiligenstädter Caritas-Begegnungsstätte „Café Vielfalt“.
Toleranz und Akzeptanz gegenüber anderen Menschen und den verschiedenen Weltanschauungen. Das wurde der jungen Frau bereits im religiösen Elternhaus vorgelebt und das spürte sie beim Studium der Germanistik und der Politikwissenschaften an der Georg-August-Universität Göttingen. Vom 2. bis 13.
Februar soll auf das Projekt aufmerksam gemacht werden. Alle Besucherinnen und Besucher können sich unter Einhaltung der aktuellen Regeln in der ersten Etage des Cafés mit dem Inhalt vertraut machen. Doch dabei soll es nicht bleiben, denn Katharina Pätzold möchte in der Folge mit vielen Menschen ins Gespräch kommen, sie ermuntern, darüber zu sprechen, was sie zum Thema „Glauben“bewegt. Zur Sprache kommen kann alles, was sie beschäftigt, auch das, was sie vielleicht bisher noch nie gesagt, nur gedacht haben. Das kann die Erschütterung sein über den Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche bis hin zum Kirchenaustritt, aber ebenso das schwindende Interesse an Taufen oder christlichen Trauungen oder am sonntäglichen Gottesdienst, weil Glaubende meinen, die Kirche des 21. Jahrhunderts würde sich von unserer Lebenswirklichkeit entfernen.
Atheisten können sich ebenfalls offen äußern. „Ich schicke niemanden nach Hause, im Fokus steht der interreligiöse Dialog“, versichert die Caritas-Angestellte, spricht vom Aufbau eines Netzwerkes und verweist auf die Hilfe von Reem Abbas, der syrischen Frau aus Damaskus, die im Café arbeitet und „super übersetzen kann“.
Gelegenheit, aus eigener Erfahrung zu berichten
Im Treffpunkt in der Schlachthofstraße ist Gelegenheit, aus eigener Erfahrung zu berichten: vom Christentum, Judentum, Islam, Hinduismus und Buddhismus. Keine Frage ist zu ungewöhnlich, wenn es darum geht, andere Menschen zu verstehen. „Offene Pastoralarbeit im nicht-kirchlichen Raum, für Glaubende und für Zweifelnde, für kritische Stimmen und für Nichtglaubende, aber keine Großveranstaltungen“, lautet das Projektanliegen. Lernende, namentlich aus den Klassen 11 und 12, dürfen gern im Rahmen ihres Religionsunterrichtes einen Besuchstermin auch außerhalb der Öffnungszeiten vereinbaren.
Was die Projektleiterin für sehr wichtig hält: Das „Café Vielfalt“bringt auf keinen Fall Konkurrenzangebote zu Veranstaltungen im Marcel-Callo-Haus und in den christlichen Gemeinden der Stadt und es soll nicht „missioniert“werden. Der Kontakt zum genannten Haus und zu den Gemeinden liegt ihr ebenso am Herzen wie der Kontakt zum Bistum Erfurt. Ideal wäre es, würden sich aus den Anfangsbegegnungen kleine Gruppen bilden, für regelmäßige Treffen mit eigenen Themenvorschlägen und Aktivitäten. Ein möglicher Anlass liegt gar nicht mehr in allzu weiter Ferne: Der Austausch über die christliche Fastenzeit und den Ramadan, den Fastenmonat der Muslime.
Kontakt: Paetzold.K@caritas-bistumerfurt.de, Mobil: 01520/2998626. Im Café gilt die 2G-Regel.