Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Bühne der Zufälligkeit
Die makabere Pointe kam zum Schluss: Nicht einmal den Rückzug konnten die deutschen Handballer geordnet antreten. Kurz vor dem Heimflug hatte es Lukas Stutzke erwischt, er war der sechzehnte infizierte Spieler. Improvisation war also selbst beim Abschied von dieser EM gefragt. Zumindest dafür hätten die Deutschen eine Medaille verdient.
Sportlich war nicht mehr drin. Zum siebenten Mal hintereinander hat der deutsche Handball bei einem Großturnier das Halbfinale verpasst. Die Vorrundensiege relativierten sich, als in der Hauptrunde die richtigen Gegner kamen. Und die hießen nicht nur Spanien, Norwegen oder Schweden. Sondern vor allem Corona. Virtuelle Teamsitzungen, nur ein paar freiwillige Trainingseinheiten und Spieler, die sich beim Anwurf zum ersten Mal begegneten – absurder kann Mannschaftssport nicht sein.
Ohnehin galt Bratislava nur als Durchgangsstation auf dem Weg zur Heim-EM 2024. Die Ansätze, die die Jungen um Julian Köster und Torhüter Till Klimpke zeigten, verdienen Respekt und stiften berechtigte Hoffnung. Auf sie muss Alfred Gislason setzen. Und auf die Leidenschaft der Mannschaft, die trotz aller Umstände untadelig war.
Auf die pikante Frage, ob der Isländer der richtige Trainer für die Zukunft ist – Ex-Nationalspieler Henning Fritz hatte sie aufgeworfen – gibt es dagegen keine Antwort. Seit seinem Amtsantritt vor knapp zwei Jahren musste der wenig beneidenswerte Gislason allein die Not verwalten.
Immerhin, der berühmte letzte Eindruck war nicht der schlechteste. Mit einem Sieg reiste es sich leichter ab. Und überhaupt: was wäre eine Medaille bei diesem Turnier auf der Bühne der Zufälligkeiten wirklich wert gewesen?