Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Künftig Tariflöhne bei Musashi
Nach Warnstreiks finden Gewerkschaft und Geschäftsführung Kompromiss. Leinefelder Werk ist sicher bis 2030
Die Geschäftsführung des Automobilzulieferers Musashi hat eingelenkt: Betriebsbedingte Kündigungen sind bis Ende 2025 ausgeschlossen, die Gewerkschafter und die Belegschaft haben den Transformationstarifvertrag sowie einen Zukunfts- und Sozialtarifvertrag durchgesetzt, dazu noch die Standortsicherung für Leinefelde bis 2030 und die Vereinbarung von Zielen für neue Projekte und Mindestbeschäftigung. Der Standort Leinefelde bekommt die geforderte Tarifbindung durch die Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband, dort soll auch stufenweise die 35-Stunden-Woche eingeführt werden und wurde das Weihnachtsgeld auf Westniveau vereinbart.
24-stündiger Warnstreik zeigt Wirkung
„Die temporären Arbeitsniederlegungen der Musashi-Beschäftigten haben zum Erfolg geführt“, sind Jörg Köhlinger von der IG Metall Mitte und Bernd Spitzbarth von der IG Metall Nordhausen zufrieden, auch wenn es kein leichter Arbeitskampf war. Noch in der vergangenen Woche hatten 500 Beschäftigte aus ganz Deutschland in Leinefelde bei einer Kundgebung auf dem Zentralen Platz ihre Forderungen wiederholt, an allen sechs Standorten war man in einen 24-stündigen Warnstreik gegangen.
Sollte man nicht weiterkommen, so hieß es dort, gehe man im Mai in die Urabstimmung. Das alles zusammen habe Musashi an den Verhandlungstisch zurückgebracht, ist Bernd Spitzbarth sicher. „Das Management garantiert eine faire sozial-ökologische Transformation. Standortschließungen sind damit vom Tisch, betriebsbedingte Kündigungen sind bis Ende 2025 ausgeschlossen“, zählt Köhlinger für die deutschen Standorte auf. Ausgebildete werden in der Regel unbefristet übernommen.
Beide Gewerkschafter sehen im Ergebnis einen tragfähigen Kompromiss: „Es zeigt, dass sich das Engagement der Musashi-Beschäftigten ausgezahlt hat. Die Standorte in Deutschland haben eine verlässliche Zukunftsperspektive. Damit die sozial-ökologische Transformation
fair gestaltet werden kann, sind die Beschäftigten zu Zugeständnissen bereit. Jetzt ist das Unternehmen in der Pflicht, die Zusagen umzusetzen. Wir werden sehr genau darauf achten, dass der Geist des Zukunftstarifvertrages auch eins zu eins umgesetzt wird.“
Darüber hinaus werde die Ungleichbehandlung des Standortes
Leinefelde mit der Angleichung der tariflichen Arbeitsbedingungen an West schrittweise aufgehoben, fügt Spitzbarth hinzu, nennt das Weihnachtsgeld auf Westniveau ab 2023 und verkürzte Wochenarbeitszeit.
Die Unternehmensleitung sichere zu, bestätigen die beiden Gewerkschafter, dass für die Standorte auf der Basis der Strategie „Elektrifizierung
und Zukunftsbilder“nachhaltige Ziele für den Zeitraum bis 2030 zusammen mit dem Betriebsrat und der IG Metall erarbeitet werden. „Das schließt die Garantie für den Erhalt von mindestens 1312 Arbeitsplätzen ein“, so Köhlinger. „Im Gegenzug akzeptieren die Beschäftigten an den Weststandorten eine Verschiebung der nächsten Entgelterhöhungen um ein Jahr beziehungsweise sechs Monate“, erklärt Bernd Spitzbarth.
Beschäftigte in westlichen Werken verzichten vier Jahre auf Geld
Für einen Zeitraum von vier Jahren verzichten die Beschäftigten in den westlichen Werken allerdings auch auf die Auszahlung des Transformationsgeldes, das in der Flächentarifbewegung 2021 geschaffen wurde, um solche Übergangsprozesse im Sinne der Beschäftigten gestalten zu können. „Um den Umbau der Standorte möglichst sozialverträglich zu gestalten, erhalten Beschäftigte, die aus Altersgründen das Unternehmen verlassen möchten, die Möglichkeit, einen Altersteilzeitvertrag
mit besonders guten Konditionen abzuschließen“, ergänzt Jörg Köhlinger.
Gleichzeitig sollen die Ausbildungskapazitäten ausgebaut werden. Am Standort Leinefelde würden alle bisherigen und zukünftig vereinbarten tariflichen Leistungen weitergezahlt beziehungsweise eingeführt. „Es findet eine einmalige Verschiebung der nächsten tabellenwirksamen Tariferhöhung um zwölf Monate und spätere Einführung des tariflichen Zusatzgeldes TZUG B statt“, so Spitzbarth weiter.
Christoph Wiederhold und Heiko Liebscher sind Betriebsratsvorsitzende an den Standorten und Mitglieder der Verhandlungskommission. Auch sie zeigen sich mit dem Ergebnis zufrieden. Es sei ein Ergebnis, das ohne diese solidarische Geschlossenheit nicht möglich gewesen wäre. Musashi bekenne sich zu Deutschland. Der Ausbau des ,Driveline Center of Excellence’ in Leinefelde und ein Zentrum für Ausbildung gemeinsam mit Hann. Münden seien weitere Schwerpunkte.