Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Erfurter Verbindungen
Im Landtagsuntersuchungsausschuss erinnert Ex-OB Ruge kaum Details – und doch wird manche Verbindung zu mutmaßlichen Mafia-Strukturen offensichtlich
16 Jahre Ruhestand, aber die Vergangenheit lässt ihn ein weiteres Mal nicht los. Manfred Ruge (CDU) ist am Montag über mehrere Stunden im Mafia-Untersuchungsausschuss des Landtages, der sich mit den Umständen der Einstellung eines Mafia-Verfahrens bei der Geraer Staatsanwaltschaft befasst, vernommen worden.
Der Grund: Ruge war Oberbürgermeister in Erfurt zu der Zeit, als sich mutmaßlich mafiöse Strukturen in der Landeshauptstadt nach der Wende etabliert haben, die bis in die Gegenwart fortdauern sollen. Welche Rolle spielte der CDU-Polilernt tiker damals? Wie bewertet er drei Jahrzehnte später das, was seinerzeit in Erfurt stattgefunden hat oder unterlassen wurde?
Zimperlich gehen die Mitglieder des Ausschusses nicht mit dem 77Jährigen um. Der kann sich erstaunlich gut an das eine oder andere Detail erinnern. Ein Beispiel: Gefragt, wie er den Gastronom S. kennen ge
habe, kann Ruge unumwunden erklären, dass der ihm das erste Mal begegnete bei einem Rundgang durch die Stadt. Damals habe Ruge, so seine eigene Aussage, eine „dreckige“Ecke beim Restaurant im Herzen der Stadt gesehen „und ihn daraufhin maßgenommen“, so Ruge. Nach 30 Minuten sei alles aufgeräumt gewesen.
So gut das Erinnerungsvermögen des Ex-OB scheint, so sehr fehlen ihm dann aber Kenntnisse über andere Details. So konnte er entweder nicht sagen, wer welche Anwälte wie ausgewählt hat oder aber erklärte sich an der einen oder anderen Stelle schlicht nicht zuständig. Wer entschieden habe, den Abschluss seines OB-Wahlkampfes in einem Restaurant durchzuführen, das im Verdacht steht, den mafiösen Strukturen anzugehören? Ruge verweis auf „mein Team“. Mehr wollte ihm in dieser Frage dann nicht mehr einfallen.
Überhaupt: Ruge stellte sich vor dem Ausschuss als gerechtigkeitsliebender Mensch dar, wiederholte Dinge, die er zum Beispiel in einem Interview im vergangenen Jahr gesagt hatte. Grundsätzlich, so Ruge, gelte die Unschuldsvermutung. Das habe er immer so gehandhabt – für Strafverfolgung sei er als Oberbürgermeister nicht zuständig. Und nie, so Ruge, sei etwas gerichtsfest gegen die in Rede stehenden Geschäftsleute,
die noch heute in Erfurt Restaurants betreiben, vorgebracht worden. „Bis heute nicht“, verteidigte er sich. Gleichwohl: Dass es ein „latentes Problem“in der Stadt gegeben haben könnte, dass sei rund um das Jahr 2000 bekannt geworden. Man habe sich, sagt Ruge, um eine Lösung bemüht – aber keine gefunden.
Der Ausschuss geht an vielen Stellen sehr ins Detail, es geht um Immobilienverkäufe und den Umstand, dass immer wieder personelle Überschneidungen bei fragwürdigen Geschäften auftauchen, Geschäften aus der Vergangenheit, die Manfred Ruge am Montag wieder eingeholt hat.