Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
An Schulen fehlen Sozialarbeiter
Lehrer-Hilferuf: Mehr Defizite im sozialen Miteinander und psychische Probleme von Schülern
Der Thüringer Philologenverband beklagt vor allen durch die Pandemie gestiegene Defizite im sozialen Miteinander sowie psychische Probleme von Schülerinnen und Schülern. Sie machten Lehrkräften immer mehr zu schaffen und führten zunehmend zu Unterrichtsstörungen, Schwänzen und Klassenkonflikten. Viele Schülerinnen und Schüler benötigten temporär oder längerfristig psychologische Hilfe oder intensiveres soziales Training, so die Berufsvertretung der Gymnasial- und Gesamtschullehrer.
„Die Bewältigung dieser Probleme an den Schulen schaffen wir nicht allein“, sagt Verbandschefin Heike Schimke. „Wir brauchen als ersten Schritt dringend an allen Schulen feste Schulsozialarbeiter in ausreichender Zahl und fest zugeordnete Schulpsychologen für die Beratung und Betreuung der Eltern und Schüler und auch für uns selbst“, meint Schimke.
Im Thüringer Bildungsministerium kann man die Aussagen des Philologenverbandes zumindest teilweise nachvollziehen. „Die Belastung der Thüringer Lehrkräfte ist auch im nun fast zurückliegenden Schuljahr außerordentlich hoch gewesen“, heißt es. Größter Faktor sei die Corona-Pandemie mit ihren vielschichtigen Herausforderungen. Insbesondere bei Schulsozialarbeit und -psychologie seien die Strukturen und die personelle Ausstattung aber gestärkt worden. „Thüringen ist hier unter Rot-RotGrün große und wesentliche Schritte vorangekommen“, betont Bildungsminister Helmut Holter (Linke) auf Anfrage dieser Zeitung.
Im vergangenen Jahr wurden den Angaben zufolge 25 neue Stellen an den fünf Staatlichen Schulämtern für Schulpsychologinnen und -psychologen geschaffen, insgesamt seien es nun 50 Stellen.
Zudem würden circa 500 Schulsozialarbeiter an rund 485 Schulen in allen Landkreisen und kreisfreien Städten über das Landesprogramm Schulsozialarbeit gefördert. Seit Spätsommer 2021 seien durch das Aktionsprogramm des Bundes „Aufholen nach Corona“weitere Stellen für die Schulsozialarbeit geschaffen und gefördert worden. 2022 liege das Budget alles in allem bei 26,3 Millionen Euro.
Der Thüringer Lehrerverband (TLV) fordert seit Jahren multiprofessionelle Teams zur Unterstützung und Entlastung der Schulen. Im aktuellen Koalitionsvertrag sei sogar das Versprechen aufgenommen worden, die Forderung zu erfüllen. „Wir sind allerdings nach wie vor meilenweit davon entfernt“, kritisiert TLV-Vize Frank Fritze.
Bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft kann man den Hilferuf der Lehrer gut nachvollziehen. Es bleibe dabei, dass je 150 Schülerinnen und Schülern mindestens eine Stelle Schulsozialarbeit zur Verfügung stehen müsse, sagt die Landesvorsitzende Kathrin Vitzthum.
Defizite im sozialen Miteinander sowie psychische Probleme von Schülerinnen und Schülern machen Lehrkräften immer mehr zu schaffen. Heike Schimke Philologenverband