Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Prozessauftakt gegen kriminelle Neonazi-Bruderschaften
Ab Mittwoch verhandelt das Landgericht Erfurt gegen neun Angeklagte wegen Drogenhandels. Einige von ihnen sollen den rechtsextremen Turonen angehören
Ab Mittwoch wird das Congress-Center der Messe Erfurt erneut zum Gerichtssaal. Unter hohen Sicherheitsvorkehrungen wird gegen neun Angeklagte, darunter drei Frauen, verhandelt. Ihnen wirft die Staatsanwaltschaft unter anderem verbotenen Handel mit Drogen vor. Einige der Angeklagten sollen der rechtsextremen Bruderschaft „Turonen“angehören.
Die auf Organisierte Kriminalität spezialisierte Staatsanwaltschaft Gera listet in ihrer Anklage 198 Fälle illegaler Drogendeals mit einem Umsatz von etwa 800.000 Euro auf. Die verbotenen Geschäfte sollen zwischen Februar 2020 und März 2021 betrieben worden sein.
Der Hauptangeklagte Thomas W. soll laut Landgericht mit weiteren Personen bereits 2015 eine Vereinigung gegründet haben, die sich zur rechtsextremistischen Szene bekannt habe. Als Treff gilt das „Gelbe Haus“in Ballstädt (Kreis Gotha). Die Rede ist von den „Turonen“.
Diese Bruderschaft aber auch das Gelbe Haus gerieten bereits im Vorjahr in den Fokus von Justiz und Ermittlern. Zum einen war Thomas W. einer der Hauptangeklagten im Ballstädt-Prozess, dem Verfahren, das den blutigen Neonazi-Überfall auf eine Kirmesgesellschaft vom Februar 2014 juristisch aufarbeiten sollte. Thomas W. und Rocco B. wurden wie sieben weitere Angeklagte nach Absprachen zu Bewährungsstrafen verurteilt.
Ab Mittwoch stehen sie erneut vor Gericht, verhandelt wird vor der 8. Strafkammer. Ebenso wie ein Rechtsanwalt, der immer wieder auch bekannte Neonazis verteidigt hat.
Am 26. Februar 2021 stürmte am Morgen ein Spezialeinsatzkommando das Gelbe Haus. Die Aktion war Auftakt einer landesweiten Razzia gegen rechtsextreme Banden wie „Turonen“und „Garde 20“.
In Gotha werden ein Industrieareal durchsucht aber auch zwei Bordelle. Auch für eine Anwaltskanzlei in Hessen sowie Objekte im Kreis Saalfeld-Rudolstadt oder in Bad Langensalza liegen Durchsuchungsbeschlüsse vor. Zehn Haftbefehle können vollstreckt werden. Ausgangspunkt für die Razzia sollen Erkenntnisse einer Lauschaktion des Verfassungsschutzes sein.
Nach damaligen Angaben richtete sich die Polizeiaktion gegen organisierte kriminelle Neonazi-Strukturen mit internationaler Verletzung. Es folgten in Thüringen weitere Razzien gegen schwerkriminelle Neonazi-Netzwerke. Neben illegalen Drogen stellen die Ermittler immer wieder auch Bargeld und Waffen sicher. Erst vor knapp zwei Wochen gingen die Sicherheitsbehörden erneut gegen Geldwäsche, Drogen und Waffen in der Thüringer Neonazi-Szene vor.
Die Linke-Abgeordnete Katharina König-Preuss betont, dass sich Thüringer Neonazis bereits seit mehr als 20 Jahren auch mit kriminell erworbenen Geld finanzieren.