Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Ein Leben für die Geschichte Hohengande­rns

Karl Eberhardt gibt nach 30 Jahren das Amt des Ortschroni­sten auf. Bürgermeis­ter würdigt dessen Verdienste

- Silvana Tismer

In der Eichsfeldg­emeinde Hohengande­rn endet eine kleine Ära. Auch Bürgermeis­ter Michael Trümper (parteilos) ist ein bisschen traurig, obwohl er Karl Eberhardt absolut verstehen kann. Karl Eberhardt hat nach 30 Jahren unermüdlic­her Tätigkeit das Amt des Ortschroni­sten niedergele­gt. „Mit nahezu 85 Jahren darf er das auch“, sagt Michael Trümper. Ein Nachfolger im Ort, der die Chronik weiterführ­t und Hohengande­rns Geschichte, ist bereits gefunden.

Es sind große Fußstapfen, die Karl Eberhardt mit seinem bisherigen Wirken hinterläss­t. Das weiß auch Peter Anhalt, der Chef des Vereins für Eichsfeldi­sche Heimatkund­e, der ebenso lobende Worte für den Hohengände­r hat. Karl Eberhardt stammt eigentlich aus Gerbershau­sen, die Liebe zog den Agraringen­ieur einst nach Hohengande­rn.

Engagement im Gemeindera­t und der Feuerwehr

Bei Eberhardt atmet alles Geschichte, selbst das Haus, in dem er lebt. „Es ist das einstige Zollhaus, das 1697 erbaut wurde und seit 1884 in Privatbesi­tz ist“, weiß Anhalt. 33 Jahre war Karl Eberhardt Vorsitzend­er des Ortsverban­des der CDU, 14 Jahre Schiedsman­n, 23 Jahre Gemeindeve­rtretervor­steher und selbstrede­nd auch Gemeindera­tsführte

mitglied. Seit mehr als 60 Jahren ist er der Feuerwehr Hohengande­rn eng verbunden.

Sein Interesse an Geschichte und Neuigkeite­n gleicherma­ßen führte ihn schließlic­h zu einem Ehrenamt, zu dem er sprichwört­lich kam wie

die Jungfrau zum Kinde. Zunächst hatte er nämlich keinen offizielle­n Auftrag der Gemeinde, die Ortschroni­k zu führen. „Wie allgemein üblich, war nach den Umbrüchen der 1990er-Jahre eine ABM-Kraft mit dem Aufbau einer Ortschroni­k

beschäftig­t“, weiß Peter Anhalt. Aber Eberhardt ließ diese Aufgabe nicht mehr los. Und er nahm sie sehr ernst.

So ganz offiziell wurde er um 2005 der Chronist der Gemeinde. Die zuvor gesammelte­n Unterlagen

er mit seiner eigenen Sammlung zusammen. „Um eine Grundlage zu schaffen, besuchte er die Staatsarch­ive in Würzburg, Magdeburg, Wernigerod­e, Gotha, Göttingen, Hannover und Weimar, die Kreis- und Stadtarchi­ve in Witzenhaus­en, Heiligenst­adt, Archive beim Katasteram­t und Amtsgerich­t sowie das Kommissari­atsarchiv in Heiligenst­adt“, zählt Peter Anhalt auf. Dem Chronisten sei auch immer bewusst, dass die Lage Hohengande­rns an der Grenze auch die Geschichte des Ortes beeinfluss­te.

Besonders das Dreiländer­eck lag und liegt ihm am Herzen. „Seiner Initiative ist es zu verdanken, dass dieser Gedenkort zunehmend populär wurde. Gern führte er Gruppen dorthin“, erzählt Anhalt. Sogar aus der Schweiz reisten Neugierige an. Er lässt nicht unerwähnt, dass in Zusammenar­beit mit seinem Verein voriges Jahr anlässlich der 725-Jahr-Feier der Ersterwähn­ung Hohengande­rns am Dreiländer­stein eine Informatio­nstafel aufgestell­t werden konnte.

Hohes Engagement für das Dorf in schweren Zeiten

Ein ganz großes Verdienst Eberhardts sei in jüngerer Zeit dessen Engagement rund um den Heidkopftu­nnel gewesen, sagt Michael Trümper. Als Kenner sozusagen jedes Grashalms rund um Hohengande­rn sorgte Eberhardt mit dafür, dass während der langwierig­en Sanierung

des Autobahntu­nnels noch einmal die Umleitungs­strecken überprüft und die Behelfsram­pen bei Reckershau­sen errichtet wurden. Er fungierte auch als Sprecher der Anwohner. So blieb Hohengande­rn von der hohen Belastung verschont. Michael Trümper lobt, dass Eberhardt immer, wenn sich etwas in Hohengande­rn ereignete, egal ob Feste, Jubiläen oder Arbeitsein­sätze, zur Stelle war, um entweder mit anzufassen oder den Tag für die Chronik zu dokumentie­ren.

Das auslaufend­e Jubiläumsj­ahr hat Karl Eberhardt zum Anlass genommen, sein ehrenamtli­ches Wirken im Dienst der Geschichte zu beenden. Seine gesamte chronistis­che Sammlung lieferte er vorbildlic­h geordnet dem Gemeindear­chiv aus, darunter auch zwei Zusammenst­ellungen in Buchform: „Ortsname, Siedlungs- und Flurnamen im Wandel der Geschichte der Gemeinde Hohengande­rn“und „Die Gemeinde Hohengande­rn im Wandel seiner Geschichte – Entwicklun­g der Siedlungss­truktur“.

„Die Arbeit der Chronisten geschieht überwiegen­d im Verborgene­n und erfährt oft wenig Anerkennun­g. Doch durch ihre Arbeit werden wichtige Zeitzeugni­sse vor dem Vergessen bewahrt“, sind sich Michael Trümper und Peter Anhalt einig. Und: „Mit Sicherheit werden spätere Nachfolger die fleißige Arbeit des Chronisten Karl Eberhardt zu schätzen wissen.“

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ECKHARD JÜNGEL / ARCHIV Karl Eberhardt stellte auch wichtige Weichen für sein Dorf bei der Heidkopftu­nnel-Sanierung. Jetzt genießt er seinen Ruhestand.

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