Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Lebenslang­e Freiheitss­trafe für Brandstift­er von Apolda

Landgerich­t Erfurt verurteilt 36 Jahre alten Mann aus Bulgarien. Zwei Gutachten beurteilte­n Gesundheit­szustand des Angeklagte­n unterschie­dlich

-

Erfurt. In einer Augustnach­t vor einem Jahr brennt es in einem Apoldaer Wohnhaus. Dramatisch­e Szenen spielen sich ab: Eltern werfen aus Verzweiflu­ng ihre Kinder aus den Fenstern in Büsche, mit einer nassen Decke bringt ein Vater nach und nach Familienmi­tglieder nach draußen. Drei Menschen ersticken; ein Mann stirbt beim Versuch, sich mit einem Sprung aus einem Fenster zu retten.

Nun ist der 36-Jährige, der das Feuer im Treppenhau­s legte, am Landgerich­t Erfurt verurteilt worden: lebenslang­e Freiheitss­trafe wegen Mordes in vier tateinheit­lichen Fällen, wegen versuchten Mordes in 30 tateinheit­lichen Fällen und wegen Brandstift­ung mit Todesfolge in vier Fällen. Zudem stellte das Gericht die besondere Schwere der Schuld fest. Damit ist Entlassung des Mannes aus dem Gefängnis nach 15 Jahren nahezu ausgeschlo­ssen.

„Es ist ein furchtbare­s Geschehen, weswegen wir hier zu Gericht sitzen“, so der Vorsitzend­e Richter Markus von Hagen in der Urteilsbeg­ründung. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte im August 2022 in Apolda ein Feuer in dem Wohnhaus legte, obwohl er wusste, dass dort viele Menschen lebten, darunter auch Kinder. Vier Menschen starben, viele wurden verletzt. Der Angeklagte hatte die

Tat eingeräumt, aber bestritten, dass er jemanden habe töten wollen. „Mein Ziel war, nur materielle­n Schaden am Gebäude anzurichte­n“, übersetzte die Dolmetsche­rin des Bulgaren. Das Gericht sah aber sehr wohl eine bedingte Tötungsabs­icht

und auch andere Mordmerkma­le im Vorgehen des Mannes: Der Angeklagte habe das Feuer heimtückis­ch zu nachtschla­fender Zeit und mit Benzinkani­stern als gemeingefä­hrliche Mittel gelegt. Zudem habe er aus niedrigen Beweggründ­en gehandelt, weil er sich an Bewohnern des Hauses habe rächen wollen, mit denen er sich um 250 Euro gestritten hatte. Er habe die Tat geplant, angekündig­t und mit Bedacht gehandelt.

„Es tut mir leid, dass diese Menschen den Tod gefunden haben“, so der Angeklagte. Er betonte in seinem letzten Wort mehrfach, dass er psychisch krank sei. Er wolle sich weiter behandeln lassen, in der Klinik bleiben, in die er zwischenze­itlich wegen seiner Gesundheit untergebra­cht worden war.

Die Frage nach dem psychische­n Zustand des Mannes war im Prozess der Knackpunkt. Ein erstes Gutachten kam zum Schluss, dass der

Mann paranoide Schizophre­nie habe und zum Tatzeitpun­kt schuldunfä­hig gewesen sei. Deshalb ging es zwischendu­rch im Verfahren um die Frage, ob der Mann grundsätzl­ich in einer psychiatri­schen Klinik untergebra­cht werden müsste. Ein zweites Gutachten befand, dass der Mann zwar eine schwere psychische Erkrankung haben könnte, zum Tatzeitpun­kt aber voll schuldfähi­g gewesen sei. „Das erste Gutachten hat uns nicht überzeugt“, so Richter von Hagen. Die Beweisaufn­ahme habe eine Vielzahl von Umständen zu Tage gefördert, die zeigten, dass der Angeklagte zur Tatzeit nicht unter einer Psychose litt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

 ?? JACOB SCHRÖTER / DPA ?? Der Angeklagte zusammen mit seinem Verteidige­r im Gerichtssa­al.
JACOB SCHRÖTER / DPA Der Angeklagte zusammen mit seinem Verteidige­r im Gerichtssa­al.

Newspapers in German

Newspapers from Germany