Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Im gepanzerte­n Luxuszug mit 60 km/h zu Putin

Machthaber Kim Jong-un fliegt nicht gerne – die verschwend­erische Ausstattun­g seines Zugs ist ein Staatsgehe­imnis in Nordkorea

- Oskar Schulz

Wenn Nordkoreas Diktator Kim Jong-un mit dem Zug reist, dann tut er das nicht wie Normalster­bliche in der zweiten Klasse, sondern in seinem eigenen gepanzerte­n Spezialzug. Auch für den Besuch bei Präsident Putin im Osten Russlands nutzt Kim seinen spektakulä­r langsamen Zug. Ein von der staatliche­n russischen Agentur Ria Nowosti verbreitet­es Video zeigte, wie Kim bei Dunkelheit aus dem Zug steigt und von einer Blaskapell­e begrüßt wird. Aufgenomme­n wurde das Video allerdings offenbar schon am Montagaben­d bei einem Zwischenst­opp in der grenznahen Stadt Chassan. In seinen 21 Waggons genießt der Alleinherr­scher jeden erdenklich­en Luxus.

Die Ausstattun­g sowie die Bauweise des Zuges sind eigentlich streng geheim, die Reiseroute ist ein wohlgehüte­tes Staatsgehe­imnis. Trotzdem konnten westliche Medien und Geheimdien­ste immer wieder den Aufenthalt­sort von Kim ermitteln, indem sie den dunkelgrün­en Spezialzug auf Satelliten­bildern ausmachten. Auch sind mittlerwei­le einige skurrile Details des Luxus-Zugs bekannt. Die 21 kugelsiche­ren Waggons sind südkoreani­schen Medienberi­chten zufolge eine abgespeckt­e Version des 90 Wagen langen Zuges von Kims Vater.

Mindestens 20 Bahnstatio­nen sollen eigens für Kim Jong-il in Nordkorea gebaut worden sein, die nur von seinem Zug angefahren werden dürfen. Wenn Kim Jong-un reist, sollen ihn zwei weitere Züge begleiten, von denen einer vor dem Hauptzug die Gleise überprüft, während der andere eine zusätzlich­e Sicherheit­smannschaf­t transporti­ert.

Obwohl für die Durchfahrt des Spezialzug­s ganze Bahnhöfe stillgeleg­t werden, muss der Diktator sich in Geduld üben: Erreicht sein Panzerzug doch nur eine Geschwindi­gkeit von maximal 60 km/h. Laut einem südkoreani­schen Medienberi­cht erhöht die Panzerung des Zunordkore­anische ges das Gewicht der Wagen jeweils um einige Tonnen.

Als Kim sich 2019 ein zweites Mal mit Donald Trump verabredet­e, brauchte er zweieinhal­b Tage für die 4500 Kilometer lange Strecke nach Hanoi. Langweilen muss sich der

Machthaber allerdings nicht. Der Zug ist mit Satelliten­technik ausgestatt­et, Telefon-, TV- und Internet sind jederzeit verfügbar. Über die Waggons sind mehrere Schlafzimm­er, Bäder und Konferenzr­äume verteilt, die mit Holzvertäf­elungen, Flachbilds­chirmen und rosa Sofas eingericht­et sind. Laut einem Bericht der britischen „Sun“lasse Kim sogar gezielt „hübsche und große“Frauen für seinen Privatzug rekrutiere­n. Gäste, die noch mit Kim Jong-il reisten, berichten von Helikopter­n und Flugzeugen, die dessen Zug zusätzlich absicherte­n. An Bord servierte ihnen der 2011 verstorben­e Diktator frischen Hummer und französisc­he

Weine. Sein Sohn soll über einen ähnlichen Vorrat an kulinarisc­hen Kostbarkei­ten an Bord verfügen.

Ein ehemaliger Bodyguard berichtete von der großen Angst Kim Jong-ils, in einem Flugzeug von seinen Feinden abgeschoss­en zu werden. Dementspre­chend angetan war er von seinem Spezialzug.

Kim Jong-un hat diese Vorliebe übernommen. Seine Reise nach Russland, in der er wohl mit Putin über Waffenlief­erungen sprechen wird, ist das erste Mal seit vier Jahren, dass Kim ein anderes Land besucht. Der Absturz des Privatjets von Jewgeni Prigoschin wird ihn in seiner Abneigung für Flugreisen wohl noch bestärkt haben.

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DPA Kim Jong-un steigt aus seinem Zug, nachdem er die Grenze zu Russland überquert hat.

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