Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Im gepanzerten Luxuszug mit 60 km/h zu Putin
Machthaber Kim Jong-un fliegt nicht gerne – die verschwenderische Ausstattung seines Zugs ist ein Staatsgeheimnis in Nordkorea
Wenn Nordkoreas Diktator Kim Jong-un mit dem Zug reist, dann tut er das nicht wie Normalsterbliche in der zweiten Klasse, sondern in seinem eigenen gepanzerten Spezialzug. Auch für den Besuch bei Präsident Putin im Osten Russlands nutzt Kim seinen spektakulär langsamen Zug. Ein von der staatlichen russischen Agentur Ria Nowosti verbreitetes Video zeigte, wie Kim bei Dunkelheit aus dem Zug steigt und von einer Blaskapelle begrüßt wird. Aufgenommen wurde das Video allerdings offenbar schon am Montagabend bei einem Zwischenstopp in der grenznahen Stadt Chassan. In seinen 21 Waggons genießt der Alleinherrscher jeden erdenklichen Luxus.
Die Ausstattung sowie die Bauweise des Zuges sind eigentlich streng geheim, die Reiseroute ist ein wohlgehütetes Staatsgeheimnis. Trotzdem konnten westliche Medien und Geheimdienste immer wieder den Aufenthaltsort von Kim ermitteln, indem sie den dunkelgrünen Spezialzug auf Satellitenbildern ausmachten. Auch sind mittlerweile einige skurrile Details des Luxus-Zugs bekannt. Die 21 kugelsicheren Waggons sind südkoreanischen Medienberichten zufolge eine abgespeckte Version des 90 Wagen langen Zuges von Kims Vater.
Mindestens 20 Bahnstationen sollen eigens für Kim Jong-il in Nordkorea gebaut worden sein, die nur von seinem Zug angefahren werden dürfen. Wenn Kim Jong-un reist, sollen ihn zwei weitere Züge begleiten, von denen einer vor dem Hauptzug die Gleise überprüft, während der andere eine zusätzliche Sicherheitsmannschaft transportiert.
Obwohl für die Durchfahrt des Spezialzugs ganze Bahnhöfe stillgelegt werden, muss der Diktator sich in Geduld üben: Erreicht sein Panzerzug doch nur eine Geschwindigkeit von maximal 60 km/h. Laut einem südkoreanischen Medienbericht erhöht die Panzerung des Zunordkoreanische ges das Gewicht der Wagen jeweils um einige Tonnen.
Als Kim sich 2019 ein zweites Mal mit Donald Trump verabredete, brauchte er zweieinhalb Tage für die 4500 Kilometer lange Strecke nach Hanoi. Langweilen muss sich der
Machthaber allerdings nicht. Der Zug ist mit Satellitentechnik ausgestattet, Telefon-, TV- und Internet sind jederzeit verfügbar. Über die Waggons sind mehrere Schlafzimmer, Bäder und Konferenzräume verteilt, die mit Holzvertäfelungen, Flachbildschirmen und rosa Sofas eingerichtet sind. Laut einem Bericht der britischen „Sun“lasse Kim sogar gezielt „hübsche und große“Frauen für seinen Privatzug rekrutieren. Gäste, die noch mit Kim Jong-il reisten, berichten von Helikoptern und Flugzeugen, die dessen Zug zusätzlich absicherten. An Bord servierte ihnen der 2011 verstorbene Diktator frischen Hummer und französische
Weine. Sein Sohn soll über einen ähnlichen Vorrat an kulinarischen Kostbarkeiten an Bord verfügen.
Ein ehemaliger Bodyguard berichtete von der großen Angst Kim Jong-ils, in einem Flugzeug von seinen Feinden abgeschossen zu werden. Dementsprechend angetan war er von seinem Spezialzug.
Kim Jong-un hat diese Vorliebe übernommen. Seine Reise nach Russland, in der er wohl mit Putin über Waffenlieferungen sprechen wird, ist das erste Mal seit vier Jahren, dass Kim ein anderes Land besucht. Der Absturz des Privatjets von Jewgeni Prigoschin wird ihn in seiner Abneigung für Flugreisen wohl noch bestärkt haben.