Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Der heiße Draht zur Thüringer Verwaltung
Unter der Telefonnummer 115 gibt Stefan Rost Auskunft auf Fragen zu Behörden
Erfurt. Die Stimme kenne ich doch. Denke ich bei der Begrüßung von Stefan Rost. Auch er freut sich, mir persönlich zu begegnen. Denn wir haben über Jahre immer wieder miteinander telefoniert. Kurz und knapp, wenn ich eine Thüringer Behörde sprechen musste, aber die Telefonnummer nicht wusste. Vor der Smartphone-Revolution war die 57100 dafür in Thüringen die beste Wahl. Stefan Rost leitete den Anruf zuverlässig weiter und kannte oft auch den alternativen Anschluss, falls besetzt war.
Dieser Telefonservice existiert nicht mehr. Seit einem Jahr nimmt Stefan Rost stattdessen im Callcenter für die Thüringer Behördenauskunft 115 Anrufe entgegen. Obwohl er blind ist, ruft er routiniert per Computer Informationen aus dem sogenannten Zuständigkeitsfinder ab. Die immer weiter wachsende Datenbank mit Behördenwissen befragt der Experte per Computertastatur. Ein Screenreader hilft ihm dabei. Die Spezialsoftware kann Text auf dem Bildschirm vorlesen oder auch auf einem kleinen Zusatzgerät in Blindenschrift ausgeben. Damit ist es sogar möglich, Formulare auszufüllen, wenn diese barrierefrei programmiert sind.
Die Arbeit sei interessant, erzählt Stefan Rost. Täglich telefoniert er mit zahlreichen Menschen, lernt manchmal ihre Geschichten kennen und freut sich, weiterhelfen zu können. Wohin muss man sich wenden, wenn der Personalausweis verschwunden ist? Was wird für die Zulassung eines Autos alles benötigt? Wo kann wie ein Bauantrag gestellt werden? Alles Fragen, die das Callcenter 115 erreichen und für die Antworten in der Datenbank hinterlegt sind.
Noch immer Verwechslungen mit dem DDR-Notruf
Aber auch aktuelle Debatten wie die ums Heizungsgesetz erreichen die Mitarbeiter der Servicestelle sehr schnell. Deshalb werde gerade organisiert, dass verstärkt auch Pressemitteilungen abrufbar sind, um besser Auskunft zu geben, erklärt Juliane Riehm. Sie ist die zuständige Dezernatsleiterin im Thüringer Finanzministerium. Denn bei solchen Debatten fehlen zumeist noch die richtigen Ansprechpartner in den Behörden. Vor allem dann, wenn Gesetze noch nicht einmal beschlossen sind. Nach dem Freischalten der 115 als kostenlose Thüringer Behördennummer im Juni
vor einem Jahr habe es immer wieder auch Anrufe gegeben, weil Menschen die Feuerwehr oder einen Notarzt erreichen wollten, erzählt Stefan Rost. Denn die Älteren hätten noch immer die 115 als DDR-Telefonnummer für medizinische Notfälle in Erinnerung. Wir raten dann, die 112 anzurufen, ergänzt der Experte. Denn im Gegensatz zur alten Thüringer Servicenummer werden Anrufe unter der 115 beim Callcenter nicht mehr
weitergeleitet. Juliane Riehm vergleicht den Service 115 mit einer Rezeption für die Thüringer Behörden. Möglichst jedem Anrufer soll mit Erstinformationen geholfen werden. Wer welche Dokumente für dieses oder jenes Anliegen bei einer Behörde benötigt, wie die Öffnungszeiten sind oder wer zuständig ist – all das sollen die Fragesteller erfahren. Natürlich auch Telefonnummern oder weiterführende Internetadressen. Dieser Service
entlaste auch die Sachbearbeiter in den Behörden, ergänzt die Chefin. Denn diese könnten sich um ihre Fachaufgaben kümmern und würden nicht von reinen Auskünften abgelenkt. Stefan Rost hat seinen Job übrigens als Telefonist und Fachkraft für Textverarbeitung gelernt. Absolvierte dann ein achtmonatiges Praktikum beim Land Thüringen und wurde im August 2010 für die Telefonzentrale übernommen. Eine der Anforderungen während
der Ausbildung war das Lernen und Merken von 100 Telefonnummern. Das sei zum Abschluss der Ausbildung geprüft worden, erzählt er. Wie viele Telefonnummern er noch immer auswendig weiß, kann er nicht sagen. Vielleicht einige weniger, denn viele hätten sich in den vergangenen Jahren geändert, fügt er an. Thüringen sei das einzige Flächenland, in dem zentral die 115 als Auskunft für Behörden angeboten werde, sagt Juliane Riehm. Um den Service immer weiter zu verbessern, halte das Finanzministerium Kommunen, Kreise und die Ministerien an, die Datenbank immer wieder zu aktualisieren. Denn deren Qualität bestimmt, wie gut die sechs Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Auskunft geben können.
Betrieben wird der Service 8 bis 18 Uhr. Außerhalb der Sprechzeiten oder wenn alle Plätze im Callcenter besetzt sind, werden die Anrufe in ein anderes Bundesland weitergeleitet. Auch von dort kann auf die Thüringer Datenbank zugegriffen werden. Die Informationen können aber auch genutzt werden unter: