Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Ist das, was vor der Stichwahl in Nordhausen passiert ist, eigentlich demokratisch?
in der Klaren Kante der TLZ vom 26. September bewerten Sie die Oberbürgermeisterwahl in Nordhausen.
Vielleicht erklären Sie Ihrer Leserschaft einmal, was es mit demokratischen Wahlen zu tun hat, wenn alle „demokratischen“Parteien einen Oberbürgermeister in seinem Wahlkampf unterstützen, der sich 14 Dienstpflichtverletzungen schuldig gemacht hat und bei dem selbst der SPD-Landrat zu dem Urteil kommt, dass dieser nicht im Dienst sein sollte.
Das Landratsamt hält deswegen am Dienstenthebungsverfahren fest. Wieso kann ein solcher Mann bei einer Wahl zum Oberbürgermeister überhaupt kandidieren? Wo ist hier jener Demokratiecheck vom SPD-Landesvorsitzenden Georg Maier geblieben, den er für den demokratisch gewählten Landrat in Sonneberg gefordert und durchgezogen hat?
Merken Sie nicht, dass Sie in Ihrer Berichterstattung mit zweierlei Maß messen und so immer unglaubwürdiger werden?
Das Beschmieren einer Straßenbahn in Nordhausen nach der Wahl ist bestimmt nicht den AfD-Anhängern zuzuschreiben, sondern eher einer linken Gruppierung und die Linken stellen in Thüringen sogar den Ministerpräsident. So sieht Demokratie
in Thüringen aus. Die Quittung dafür lässt sich an den Umfragewerten ablesen.
Wilfried Lang, Jena Sehr geehrter Herr Lang,
vielen Dank, dass Sie mir die Gelegenheit geben, Ihre Fragen öffentlich zu beantworten. Das ist nicht mehr selbstverständlich in diesen Zeiten, in denen Fragen oft nur noch rhetorischer Art sind – und also gar keine Antworten gewünscht werden. Dass es bei Ihnen anders ist, freut mich. Gerade heutzutage sind der Austausch und die Debatte besonders wichtig.
Zu den Fakten:
Erstens: Der vormalige und jetzt erneut gewählte Oberbürgermeister Kai Buchmann (parteilos) war zwischenzeitlich vom Landrat des Amtes enthoben und von einem ordentlichen Gericht in einer ersten Entscheidung wieder ins Amt gehoben worden. Grund dafür: Ein Teil der Vorwürfe ist offenbar juristisch marginal, auch wenn der Ton in Nordhausens Rathaus wohl mehr als rau und das Betriebsklima sehr schlecht war. In der Sache wird es juristisch weitergehen, das hat der Nordhäuser Landrat nach der Wahl in dieser Zeitung betont. Das ist der korrekte juristische Weg – und nach allem, was ich von Verfassungsjuristen und Verwaltungskennern höre – bisher völlig korrekt.
Zweitens: Der spätere Wahlsieger hatte in der Stichwahl, anders als von Ihnen dargestellt, keineswegs alle demokratischen Kräfte hinter sich. Die CDU hat ihn nicht unterstützt. Bei der SPD waren es einige, so der Thüringer Parteichef Georg Maier, aber eben nicht alle, die sich für den Amtsinhaber aussprachen, wohl auch, weil sich der Kernkonflikt um diesen parteilosen OB und die SPD-Bürgermeisterin, Buchmanns Konkurrentin im ersten Wahlgang, rankte.
Drittens: Sie und ich wissen weder, wer die Bahn übel besprüht hat, noch wer tags darauf hinter der anonymen Ankündigung einer AmokTat an der Hochschule Nordhausen stand. Letzteres hat für Angst und Schrecken gerade auch bei Studierenden gesorgt, die aus aller Welt nach Nordhausen kommen.
Sie und ich wissen nicht, wie die Gerichte im weiteren Verlauf im Falle Buchmann entscheiden.
Ich glaube, wer die AfD wählen will, der wählt sie. Aus vielfältigen Gründen – und nicht trotz, sondern wegen der Führungsfiguren.
Alle, die wählen oder nicht wählen, sind mündige Bürger und Bürgerinnen. Alle wirken an einer freien, demokratischen Entscheidung mit. So auch in Nordhausen. Es grüßt herzlich aus Weimar