Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Feiern reicht nicht
Deutschland hat den Tag der Deutschen Einheit mit einem routinierten Festprogramm begangen. Festgottesdienst im Hamburger Michel, Familienfoto der Verfassungsorgane vor der Elbphilharmonie, ein Bürgerfest. So weit, so schön.
Aber in die Festtagsstimmung hat sich doch die Sorge gemischt, dass das Land politisch auseinanderdriftet. Wer die Zustimmungswerte studiert, kann leicht erkennen, dass entlang der ehemals deutsch-deutschen Grenze sich ein Graben auftut. Der Beifall für rechte und rechtsextreme Populisten ist im Osten besonders laut. Das lässt für die Wahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg nichts Gutes erwarten. Viele werden die Wahl nutzen, um der Politik einen Denkzettel zu verpassen. Das hängt sicher mit Versäumnissen zusammen, die eine von Westdeutschen dominierte Politik zu verantworten hat.
Jahr für Jahr listet der Bericht zum Stand der Einheit die Defizite auf, nur echte Konsequenzen zieht niemand daraus. An zu vielen Stellen ist der Osten noch nicht auf Augenhöhe. Das liegt in der Verantwortung der Ampel, aber geht überwiegend auf das Konto einer Regierung, die 16 Jahre lang von einer Ostdeutschen geführt wurde.
Daher ist es höchste Zeit, dass sich Politik und Verfassungsorgane Gedanken machen, wie man die ritualisierten Einheitsfeiern der vergangenen Jahrzehnte zu einer Veranstaltung macht, die hilft, die innere Einheit wirklich zu vollenden. Das Format hat sich überholt und könnte von den Menschen im Osten nicht abgehobener empfunden werden als in diesem Jahr. Schöne Bilder, ein tolles Bürgerfest mit Musik und Verkehrskasper für die Kinder sind im Jahr 33 nach Wiedervereinigung keine Antwort auf die Probleme, die sich im Osten auftun.