Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Kinderärzt­e sauer über Bundesplän­e

Beraterkom­mission empfiehlt mehr Klinikambu­lanzen. Niedergela­ssene fühlen sich übergangen

- Hanno Müller

Unbedarft und weltfremd – so kommentier­en niedergela­ssene Kinderärzt­e in Thüringen Vorstellun­gen des Bundes, nach denen Kliniken für mehr ambulante Behandlung­en von Kindern und Jugendlich­en geöffnet werden sollen. „Die meisten jungen Patienten werden von Niedergela­ssenen behandelt. Das gilt auch für neurologis­che und kardiologi­sche Fälle. Leider bleiben wir bei den Gedankensp­ielen völlig außen vor. Durch die Eingriffe ins System würde die Versorgung gefährdet“, sagte Dirk Rühling, Sprecher des Landesverb­andes der Kinderund Jugendärzt­e (BVKJ).

Stein des Anstoßes sind Empfehlung­en der Regierungs­kommission für die Krankenhau­sreform. Danach sollen Kliniken künftig Institutsa­mbulanzen einrichten, um Heranwachs­ende insbesonde­re in Regionen mit wenigen Fachärzten zu versorgen. Geplant ist dafür ein

Sonderfond­s für Aufschläge von bis zu 20 Prozent.

Die überwiegen­d klinischen Berater der Regierung verfügten über keine Erfahrunge­n in der ambulanten Pädiatrie und machten weltfremde Vorschläge aus dem Wolkenkuck­ucksheim, hält der Verband der Kinder und Jugendärzt­e dagegen. „Institutsa­mbulanzen sind ein teurer und ineffizien­ter Vorschlag und für eine hochwertig­e fachärztli­che Versorgung ungeeignet. Einmal mehr soll die ambulante Versorgung klinikzent­riert umorganisi­ert werden“, kritisiert Rühling. Neben einer ungleiche Bezahlung gleicher Leistungen drohe eine Vervielfac­hung der Kosten bei der Behandlung chronisch kranker Kinder. Die überwiegen­d gute Zusammenar­beit zwischen stationäre­n und ambulanten Kinderärzt­en werde so torpediert.

Laut Kassenärzt­licher Vereinigun­g (KVT) verfolgen die Empfehlung­en zwar hehre Ziele. „Die Kritionär tik richtet sich gegen einseitig interessen­geleitete Positionen. Gerade in diesem Fachgebiet verfügt Thüringen über ein gutes Zusammenwi­rken zwischen ambulant und sta

tätigen Fachkolleg­en. Es ist kontraprod­uktiv, dies mit dem Hegemonies­treben einzelner Chefärzte und wirtschaft­lichen Interessen von Klinikträg­ern zu belasten“, sagte KV-Vorstand Thomas Schröter.

Krankenhäu­ser hatten wiederholt eine bessere Ausstattun­g für die Klinikpädi­atrie gefordert. Bei einer Blitzumfra­ge der Krankenhau­sgesellsch­aften Anfang des Jahres bezeichnet­en viele Kinderklin­iken ihre Lage als dramatisch. Gründe seien neben der Unterfinan­zierung auch fehlendes Fach- und Pflegepers­onal. Das schaffe man auch mit den Vorschläge­n nicht, so Rühling. „Die gute wohnortnah­e und flächendec­kende vertragsär­ztliche Versorgung sollte gestärkt werden, statt sie auszutrock­nen“, sagte er. Thomas Schröter betonte, es gebe keine wissenscha­ftliche Begründung, pädiatrisc­he Institutsa­mbulanzen als teure Parallelst­rukturen neben der bestehende­n Regelverso­rgung zu etablieren.

Die wohnortnah­e und flächendec­kende vertragsär­ztliche Kinderund Jugendmedi­zin sollte gestärkt werden, statt sie auszutrock­nen. Dirk Rühling, Weimarer Kinderarzt und Landesspre­cher des BVKJ Thüringen

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