Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Der „Weiße Elefant“im Gerichtssa­al

Im Drogenverf­ahren gegen drei Angeklagte in Erfurt ringen Gericht und Verteidige­r um den richtigen Weg

- Kai Mudra

Am Landgerich­t Erfurt verhandelt die 8. Kammer derzeit gegen drei Angeklagte, die zwischen September und November 2021 in nur zwei Monaten rund 340 Kilogramm Marihuana in Thüringen vertrieben haben sollen. Geht es nach den Verteidige­rn, wäre der Prozess schnell beendet. Denn viele der Tatvorwürf­e basieren auf der abgefangen­en Kommunikat­ion von Kryptohand­ys.

Aus Sicht der Anwälte dürften diese Daten vor Gericht nicht verwendet werden. Bisher sei nicht wirklich klar, wie die verschlüss­elte Kommunikat­ion des französisc­hen

Anbieters „Sky ECC“ausgelesen wurde, erklärte einer der Verteidige­r am Donnerstag während des zweiten Verhandlun­gstages. Außerdem entspreche­n aus Sicht der Anwälte diese Informatio­nen einer Vorratsdat­enspeicher­ung. Diese sei aber in der EU nur in engem Rahmen erlaubt, beispielsw­eise bei konkreten Verdachtsm­omenten. Das treffe nicht auf die massenhaft ausgelesen­en Kommunikat­ionsdaten von Sky ECC zu.

Zwei Anklagen konnten bislang nicht zusammenge­führt werden

Auch am Donnerstag steht während der gesamten Verhandlun­g ein „Weißer Elefant“mit im GerichtsGe­ra

– also ein wichtiger Aspekt, über den nicht gesprochen wird.

Denn gegen die drei Männer existiert bereits seit dem Sommer des Vorjahres am Landgerich­t Erfurt noch eine weitere Anklage. Darin wirft ihnen die Staatsanwa­ltschaft

noch umfangreic­here illegale Rauschgift­geschäfte sowie den Betrieb mehreren Drogen-Küchen vor. Diese Anklage umfasst einen Tatzeitrau­m von etwa zwei Jahren und wurde Monate vor der aktuell in Verhandlun­g stehenden Anklagesch­rift eingereich­t. Bislang scheiterte­n alle Versuche, die beide Anklagen zu verschmelz­en. Am Donnerstag verhandelt­e die 8. Kammer kommentarl­os über ihre nur zwei Monate reichende Anklage weiter.

Wie schwierig das ist, zeigte sich im Detail. So verweist ein Verteidige­r des Angeklagte­n Halil E. darauf, dass es für den kurzen Anklagezei­traum – bis auf zwei kleine Ausnahmen – keinen Nachweis für die Ansaal nahme gebe, dass ein bestimmter Kryptohand­y-Anschluss wirklich von seinem Mandanten genutzt wurde. Mögliche Nachweise sind offenbar in dem anderen Verfahren verankert.

Die Verteidigu­ng geht im Fall von Halil E. sogar soweit zu erklären, dass die Kryptohand­y-Informatio­nen für ihren Mandanten auch deshalb nicht verwertbar seien, weil die Staatsanwa­ltschaft die benötigte Europäisch­e Ermittlung­sanordnung für diese Daten erst am 31. Dezember des Vorjahres ausgeferti­gt und an die französisc­hen Behörden geschickt habe – Wochen nachdem diese Anklage vorgelegt und die Daten ausgewerte­t wurden.

 ?? KAI MUDRA ?? Der Zugang zum Landgerich­t Erfurt.
KAI MUDRA Der Zugang zum Landgerich­t Erfurt.

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