Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Wie aus dem Märchenbuch
Das Thüringer Freilichtmuseum Hohenfelden öffnet zwei umgesetzte Häuser für die Besucher
Das eine Haus erobert mit seinem Aussehen wie aus dem Märchenbuch seit Monaten die Herzen der Menschen, das andere segelt wie ein stolzes Schiff durch den Hohenfelder Kessel: Franziska Zschäck, Leiterin des Thüringer Freilichtmuseums Hohenfelden (Kreis Weimarer Land), fand anlässlich der Eröffnung zweier neuer Museumsgebäude poetische Worte für die beiden Neuzugänge. Diese sind nicht nur die ersten, die auf die acht Hektar große Erweiterungsfläche des Museums umgesetzt wurden. Sie repräsentieren auch zwei Kapitel von Bau- und Weltgeschichte, die in dem Museum bislang nicht vertreten waren.
Das 1550 erbaute Haus aus Abtsbessingen (Kyffhäuserkreis) ist eines der ältesten ländlichen Wohnhäuser in Thüringen und trägt zudem als einziges im Freistaat ein Strohdach – und das 1709 errichtete Frankenwaldhaus aus Heinersdorf (Landkreis Sonneberg) ist eines der wenigen noch erhaltenen Häuser in Blockbauweise. Es stand nur 300 Meter von der ehemaligen innerdeutschen Grenze entfernt.
Bedingt durch manchen Rückschlag brauchte es rund vier Jahre, bis beide Gebäude auf die Reise nach Hohenfelden gehen und dort wieder aufgebaut werden konnten. Betrachte man den gesamten Prozess, sei der Weg sogar noch viel länger gewesen, sagte Zschäck: „Von der ersten Besichtigung bis zur Eröffnung dauerte es beim Abtsbessinger Haus zwölf und beim Heinersdorfer Haus fast 20 Jahre.“Doch mit der Umsetzung seien zwei für die Thüringer Geschichte sehr wichtige Gebäude gerettet worden.
Möglich geworden sei das nur durch einen Schulterschluss von Bund, Land und Landkreis, sagte Kultur-Staatssekretärin Tina Beer. Die Errichtung beider Häuser wurde mit knapp 1,2 Millionen Euro von Bund und Land gefördert, der Landkreis als Träger des Museums beteiligte sich mit rund 334.000 Euro. Was die Politikerin in diesem Zusammenhang unerwähnt ließ, war indes der Museumschefin ein dickes Lob wert: Es war der CDULandtagsabgeordnete Mike Mohring, „der im Bund überzeugen
konnte, diese Hausumsetzungen zu fördern“. Damit sei das Thüringer Freilichtmuseum eines von nur zwei bundesweit, die Bundesmittel erhielten.
Schmerzliches Kapitel wird aufgeschlagen
Mit der Ausstellung im Heinersdorfer Haus wird ein besonders schmerzliches Kapitel aufgeschlagen: Sie erinnert an die Zwangsaussiedlungen aus dem ostdeutschen Grenzgebiet, von denen in den Jahren 1952 und 1961 rund 11.000
Menschen betroffen waren. Zu den zahlreichen Gästen aus der einstigen Grenzregion, die zur Eröffnung nach Hohenfelden kamen, gehörte auch der Enkel der letzten Bewohnerin des Heinersdorfer Hauses, Peter Barnikol-Veit. Sein Vater Lothar war der Zwangsaussiedlung 1952 durch seine Flucht in den Westen zuvorgekommen; er lebte fortan im fränkischen Welitsch, das nur wenige hundert Meter von Heinersdorf entfernt ist.
„Das Haus sieht wirklich gut aus“, freute sich Peter Barnikol-Veit. Wäre es nur ein paar Jahre früher fertiggeworden, hätte es sein Vater noch sehen können. Peter Wurschi, Landesbeauftragter des Freistaates Thüringen zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, begrüßte es, dass das Kapitel Zwangsaussiedlungen an einem touristischen Ort thematisiert wird. „Das ist der Weg, den wir gehen können, um Erinnerungen wach zu halten“, sagte er.
Die nächste Zielmarke für das Museum wird 2026 die Eröffnung seines Eingangsgebäudes sein: Modern, barrierefrei und klimaneutral werde es sein, kündigte Franziska Zschäck an. Die Bauarbeiten hätten vor zwei Wochen begonnen.