Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)
Ruhe und Genuss unterm Blätterdach
Gasthaus „Zum Birnbaum“in Erfurt-Hochheim bewirtet schon seit 1880 Gäste. 1974 kauft es die Familie Fienhold und betreibt es bis heute
Erfurt. Biergärten sind eine bayrische Erfindung. Entstanden im 19. Jahrhundert. Heute Standard landauf landab. Denn was gibt es Schöneres, als in lauschiger Umgebung im Grünen zu sitzen, ein Bier zu trinken und Kulinarisches zu genießen. Da bietet sich eines der ältesten Gasthäuser Erfurts geradezu an. In der Wagdstraße in Hochheim gibt es das Gasthaus „Zum Birnbaum“. Betrieben von Margit und Uwe Fienhold. Der 65-Jährige, der den Service allein schmeißt, während seine drei Jahre jüngere Frau in der Küche an Topf und Pfanne waltet, war bislang immer vom Gründungsjahr 1897 ausgegangen.
Dann aber segelte der Brief eines treuen weiblichen Stammgastes ins Haus. Und darin stand, dass bereits 1880 ein gewisser Hermann Wagner aus Hochheim nach seiner Militärzeit bei der Kaiserlichen Garde gemeinsam mit seiner Frau Helene in Hochheim den „Birnbaum“eröffnete. Für viele Erfurter Kränzchen-Schwestern, Familien und Himmerfahrtsausflügler sei er schon damals zum Begriff geworfrequentiertes den, heißt es. Es habe Tanz im Garten gegeben und es sei immer sehr lebhaft und sehr lustig zugegangen.
Margit und Uwe Fienholds Erinnerung setzt 1974 an. Da kauften die Fienhold-Eltern das Lokal. Für Schichtarbeiter wurde der „Birnbaum“nach Feierabend zu Eldorado. Mit dem elektrischen O-Bus — der hing mit zwei Stangen an einer Oberleitung — ging es nach Hochheim, mit dem letzten „Lumpensammler“um 0.40 Uhr wieder nach Hause.
Aber obwohl nach der Wiedervereinigung die Großbetriebe zusammenbrachen und kein Schichtarbeiter mehr kam, überlebte das traditionelle Gasthaus den Umbruch. Und ist heute wieder ein gut Ziel für die Städter, die auf der Suche nach Ruhe und Genuss sind.
Vor 44 Jahren liefen sich die beiden waschechten Erfurter über den Weg. Und stürzten sich ohne große Erfahrung ins Abenteuer Gastronomie. Die Fienhold-Mutter war die ideale Lehrerin. Von diesem Fundus zehren die Fienholds heute noch. Das Gasthaus „Zum Birnbaum“lockt mit einem grünen Blätterdach und ab Mitte Mai mit herrlichen Trompetenbäumen, Cannapflanzen und Blumenkästen im Biergarten. Und wenn die Temperatur fallen, gibt es drinnen eine gemütliche Gaststube, in der sich der Gast, so der Winter Kälte bringt, an einem großen gesetzten Kachelofen wärmen kann.
Geöffnet hat der „Birnbaum“von Mittwoch bis Sonntag. Doch man wird nicht jünger und über die Jahre stellen sich immer öfter einige Zipperlein ein. Uwe Fienhold überlegt, ob es nicht sinnvoll wäre, abends auf Selbstbedienung umzustellen. Die kulinarische Qualität werde darunter aber keinesfalls leiden, verspricht er. Die Karte wartet mit gutbürgerlicher Küche aus Thüringen ohne Chichi auf. Da finden sich das Würzfleisch und die Soljanka, die dicke Knobländerwurst mit Kartoffelsalat und die Sülze mit Bratkartoffeln, lockt ein traditionelles Bauernfrühstück und das beliebte Rostbrätel. Feuerfleisch, Jägerschnitzel und Steak au four fehlen natürlich ebenso wenig.
Die Stammgäste werden von den Fienholds gern mit Handschlag begrüßt, Herzlichkeit ist hier der Schlüssel zum Erfolg. Und man hört den Gästen auch zu, wenn die ihr Herz ausschütten. „Wir hätten auch Seelsorger werden können“, sagt Margit Fienhold und lacht. Der Erfolg muss hart erarbeitet werden, nicht selten in einem 14-StundenTag. Personal zu finden, hat sich als erfolglos erwiesen. Doch das 50Jährige im April 2025 ist eine gesetzte Zielmarke. Danach, denken die beiden, wird es bis zum 70. Geburtstag von Uwe Fienhold noch weitergehen.