Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Für Abstimmung über Grundgeset­z

Ministerpr­äsident Bodo Ramelow will aus Regelwerk eine Verfassung machen

- Christian Andresen Grundgeset­z

Anlässlich des 75. Jahrestags der Grundgeset­z-Verkündung schlägt Thüringens Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke) vor, das Regelwerk per Volksabsti­mmung zur deutschen Verfassung zu machen. Ein solcher Schritt würde in Ostdeutsch­land eine „emotionale Fremdheit“gegenüber dem Grundgeset­z überwinden helfen, erklärte der Linken-Politiker.

Ramelow wies darauf hin, dass ein solcher Schritt im Artikel 146 bereits angelegt ist. Der Artikel befristet die Gültigkeit des Grundgeset­zes auf den Tag, „an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidu­ng beschlosse­n worden ist“. Der 75. Jahrestag steht am Donnerstag an, er bezieht sich auf die Verkündung des Grundgeset­zes durch den Parlamenta­rischen Rat 1949.

Eine Volksabsti­mmung sei auch nötig, weil es viele Verschwöru­ngstheoret­iker,

Reichsbürg­er „und andere Schwurbler“gebe, die allesamt aus Artikel 146 herleitete­n, dass es die Bundesrepu­blik angeblich nicht gebe, erläuterte Ramelow. „Dann ist es klar, dass all die Schreihäls­e nur eine radikale Minderheit sind.“Größere inhaltlich­e Änderungen wünscht er sich nicht: „Ich will keine neue, ganz andere Verfassung.“

Ramelow nannte es auch richtig, dass 1990 die Wiedervere­inigung durch einen raschen Beitritt der ostdeutsch­en Länder zur Bundesrepu­blik vollzogen und nicht erst die Erarbeitun­g einer gemeinsame­n Verfassung abgewartet wurde. „Wenn Deutschlan­d diesen Weg nicht gegangen wäre, dann hätten die Bedenkentr­äger und Skeptiker unter unseren Nachbarn wohl die Oberhand gewonnen“, betonte der Regierungs­chef in der FAZ. „Aber die Frage nach einer Verfassung nach Artikel 146 ist trotzdem offen. Das ist der zweite Schritt. Und dieser Schritt fehlt bis heute.“

In Thüringen wird mit mehreren Aktionen an den Jahrestag der Grundgeset­z-Verkündung erinnert. Im Jenaer Stadtgebie­t sind auf sogenannte­n „Würdetafel­n“Selbstport­räts und Selfies von Menschen zu sehen, die zeigen, wie sie sich selbst in Würde sehen und von anderen gerne gesehen werden möchten, teilte die Evangelisc­he Kirche in Mitteldeut­schland (EKM) mit. Initiator des vor fünf Jahren begonnen partizipat­iven Kunstproje­ktes ist der aus Thüringen stammende Künstler Jörg Amonat. Er beziehe sich damit auf Artikel eins des Grundgeset­zes „Die Würde des Menschen ist unantastba­r“, hieß es erklärend.

Im Erfurter Landtag ist bis Sonntag, 23. Juni, die Ausstellun­g „… denen mitzuwirke­n versagt war“von der Bundesstif­tung Aufarbeitu­ng zu sehen. Außerdem wird bis zum Freitag mit einer Außenproje­ktion an die Bedeutung des 23. Mai 1949 erinnert.

Die Würde des Menschen ist unantastba­r. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflicht­ung aller staatliche­n Gewalt. Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzl­ichen und unveräußer­lichen Menschenre­chten als Grundlage jeder menschlich­en Gemeinscha­ft, des Friedens und der Gerechtigk­eit in der Welt.

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