Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Geldgier unter dem Denkmantel der Reformation
Im Landestheater steht mit „Ablass“am Sonnabend die nächste Premiere ins Haus – Regie führt Boris C. Motzki
EISENACH. Wie packt man die Glaubensbekenntnisse der Reformation von vor 500 Jahren in ein zeitgemäßes Jugendstück?
Im Theater Eisenach startet am Sonnabend mit „Ablass“ein Versuch, bei dem Autor David Gieselmann sich mit dem Ablasshandel einen Aspekt der Reformation herausgegriffen hat und eine Bilderbuchfamilie mit einer Sekte konfrontiert, die er auf die Suche nach transzendentalen Wahrheiten schickt.
Mit diesem Beitrag – ein exklusives Auftragswerk für das Eisenacher Landestheater – beteiligt sich das Theater am Reformationsjubiläum.
Letzte Regiearbeit von Boris C. Motzki
Es ist die letzte Regie-arbeit des noch-stellvertretenden Intendanten und Schauspielleiters Boris C. Motzki mit dem Eisenacher Schauspielensemble, bevor er und nahezu alle Schauspieler Eisenach verlassen werden. Am 17. Juni wird es die Abschlusspremiere geben: „Das Interview“, wo Motzki als Dramaturg verantwortlich sein wird, die Regie führt Roland Silbernagl. Das gesamte Schauspielensemble ist gemeinsam in „Ablass“letztmalig auf der Bühne zu sehen.
In „Ablass“geht um eine Sekte, die sich mit ziemlich perfiden Methoden den Jugendlichen annähert und deren Verwandte gleich mit attackiert. Es geht auch um einen Vertreter dieser Sekte, der im Laufe des Stücks drauf und dran ist, eine ganze Familie zu zerstören, weil er ihnen seinen Glauben aufzwingen will.
Ausgangspunkt ist die Unzufriedenheit von Sohn Ivan. Die Eltern sind ihm mit ihrer eher passiven Art keine Hilfe. Online hat er eine Gemeinschaft aufgetan, die eine krude Mischung aus digitaler Enthaltsamkeit und familiärer Dreieinigkeit predigt. Als sich ein Vertreter der Sekte bei der Familie einnistet, fordert das unterschiedlichste Reaktionen heraus.
Für Autor David Gieselmann ist es sein erstes Stück, dass sich mit der Reformation beschäftigt. „Es handelt sich um ein sehr spezifisches Thema, über das man natürlich nicht alle Tage Stücke schreibt“, beschreibt der Autor gegenüber unserer Zeitung. Für ihn sei der Spagat, wie er das historische Thema der Reformation in ein Jugendstück packt, ab dem Punkt gelungen, an dem er sich sicher gewesen ist, dass es spannender sei, über eine moderne Sekte zu schreiben, als über das historische Kapitel der Reformation durch Luther. So habe das Stück seine Eigendynamik bekommen.
„Es gibt aber einige versteckte und spielerische Parallelen zu Luther“, erklärt Gieselmann. „Ich wollte auf jeden Fall ein Stück schreiben, das im Heute und Jetzt spielt und habe mir zu diesem Zweck einen Teilaspekt der Reformation herausgepickt: eben den Ablasshandel“, schildert er. Geldgier unter dem Deckmantel der Religiosität finde auch heute statt. Um das Thema wirklich adäquat zu übertragen, entschied er sich für eine Sekte.
Es ist nicht sein erstes Jugendstück, dass der in Hamburg lebende Theater- und Hörspielautor geschrieben hat. 2013 wurde sein Stück „Über Jungs“mit dem Jugendstückpreis des Heidelberger Stückemarkts ausgezeichnet. Neben „Ablass“– das sicher mehr ist als nur ein Stück für junge Leute ab 13 Jahren – warten weitere Abende im Theater, die sich mit der Reformation beschäftigen.
Das Ballettensemble feiert am 8. April Premiere mit dem Ballettabend „Re:formation“und ab 5. Mai ist das Musical „Luther – Rebell wider Willen“wieder auf der Bühne des Landestheaters Eisenach zu erleben.
● Premiere „Ablass“. März, . Uhr, Karten an der Theaterkasse, oder in der Tourist-info am Markt oder theater-eisenach.de