Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Engländer mühen sich um „Hessischen Hof“
Die Organisation „Save Europe’s Heritage“in London sucht Mitstreiter für den Erhalt des Gebäudes aus dem 17. Jahrhundert
TREFFURT. Einen Vorstoß zur Rettung des „Hessischen Hofes“als einer der drei Amtshöfe Treffurts unternimmt die englische Organisation „Save Europe’s Heritage“. Diese 1975 gegründete Vereinigung setzt sich für den Erhalt bedrohter historischer Gebäude ein. Seit 1995 ist man auch in Europa aktiv.
Die Organisation wurde von zwei Briten auf den Fall des „Hessischen Hofs“aufmerksam gemacht. Oliver Stansfield Smith hatte Nachforschungen über die einzigartige Geschichte des „Hessischen Hofes“angestellt, worauf er zur Überzeugung gelangt ist, dass das Gebäude gerettet werden sollte. Der ebenfalls fachwerkbegeisterte Freund Richard Day kaufte 2015 selbst ein Fachwerkgebäude in der Altstadt von Treffurt.
Besuchstermin im Treffurter Rathaus
Beide wandten sich an die Treffurter Stadtverwaltung, um den Abriss zu stoppen. Die Stadt Treffurt selbst sieht derzeit keine Möglichkeit, den aufgekauften „Hessischen Hof“zu erhalten. Die Stadt nahm eine umfangreiche bauliche Analyse vor, die einen hohen Investitionsaufwand bescheinigte.
Da kein Investor dazu bereit ist und eine nachhaltige Nutzung ebenfalls nicht in Sicht ist, wurde der Abriss vom Stadtrat favorisiert. Allerdings drängt die Zeit nicht, wie Bürgermeister
Michael Reinz (parteilos) informiert. Wenn ein schlüssiges Finanzierungskonzept mit Geldgeber und Nutzung seitens der englischen Organisation vorliegen würde, könne der Abriss durchaus überdacht und im Stadtrat beraten werden. Im Oktober 2016 führte der britische
Ingenieur Edward Morton im Auftrag von „Save“eine vorläufige Untersuchung der Bausubstanz des „Hessischen Hofes“durch. Diese ergab, dass das Gebäude in einem besseren Zustand ist, als dies bisher angenommen wurde, und dass es sich für eine Sanierung und eine erneute
Nutzung als Wohnhaus eignet, so die Ansicht des Ingenieurs.
„Save Europe’s Heritage“nahm Kontakt mit Architekten und Fachwerkspezialisten in Deutschland, England und Frankreich auf, teilt „Save“-vertreterin Anne Will aus London
mit. Unter den Personen, die sich für die Rettungsaktion ausgesprochen haben, sind die ständige Vertreterin des deutschen Botschafters in London, Tania Freiin von Uslar-gleichen, Professor Leo Schmidt, Inhaber des Lehrstuhls Denkmalpflege an der Universität Cottbus, Clausulrich Mathes, Geschäftsführer von IG Bauernhaus, und Warwick Rodwell, beratender Archäologe für Westminster Abbey in London.
Auch bei der französischen Organisation „Charpentiers sans Frontières“sei das Vorhaben auf offene Ohren gestoßen. Und die Möglichkeit, die Restaurierung als internationales Ausbildungsprojekt für Zimmerleute zu organisieren, wurde bereits angedacht.
Am 4. April wird eine Delegation von „Save Europe’s Heritage“Bürgermeister Michael Reinz treffen und ihm mögliche Pläne für die Zukunft des „Hessischen Hofes“wie mit der Einrichtung von Ferienwohnungen unterbreiten. „Wir sind bestrebt, weitere Unterstützung für den ‚Hessischen Hof‘ aus Treffurt selbst oder der Region zu bekommen. Es würde uns insbesondere freuen, wenn Personen mit uns Kontakt aufnehmen würden, die Interesse daran haben, sich für den Erhalt des einzigartigen architektonischen Erbes von Treffurt einzusetzen und vielleicht sogar einem Verein zu diesem Zweck beizutreten“, teilt Anne Will mit.
Der „Hessische Hof“ist ein Fachwerkgebäude aus der Spätrenaissance von europaweiter Bedeutung, schätzt die englische Organisation ein. Man nimmt allgemein an, dass der Hof um 1600 gebaut wurde. Er ist auf einer Ansicht von Treffurt aus dem Jahr 1603 abgebildet.
● Kontakt zur Organisation: saveeuropesheritage@gmail. com