Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Nachbarn mit gemeinsamer Wand
Für ein Doppelhaus muss der Bagger nur einmal anrücken und das Grundstück kann kleiner sein – Das spart viel Geld
Zu zweit geht vieles leichter – auch beim Hausbau. Wer ein Doppelhaus baut mit einem zweiten Haushalt Wand an Wand, der hat den Komfort eines Eigenheims mit Garten, aber wesentlich geringere Kosten als bei einem freistehenden Einfamilienhaus. Doch es gibt auch Nachteile.
VORTEILE
„Ein großer Vorteil ist, dass zwei Häuser auf einem relativ kleinen Grundstück untergebracht werden können“, erklärt Christof Rose, der Sprecher der Architektenkammer Nordrhein-westfalen. „Denn der bei Einzelhäusern geforderte Abstand zur Grundstücksgrenze entfällt an einer Seite, weil beide Haushälften an einer Wand verbunden sind.“So lässt sich an den Grundstückskosten sparen.
Wer sich schon im Vorfeld einen Partner sucht, mit dem er sich gut versteht, kann die Kosten weiter senken. „Der Bauund Planungsprozess läuft wesentlich effizienter, wenn beide Bauherren gemeinsam agieren“, sagt Christoph Windscheif vom Bundesverband Deutscher Fertigbau in Bad Honnef bei Bonn. „Der Bagger für die Erdarbeiten muss nur einmal anrücken, Bauteile und Material können für beide Häuser gemeinsam angeliefert werden, die Erschließungskosten werden geteilt. Kurzum – die gesamte Baulogistik kann gemeinsam genutzt werden.“Auch wenn Doppelhäuser als Fertighäuser errichtet werden, kommen die Bauteile kostengünstig gleich zweifach und eng aufeinander abstimmt aus der Fabrik.
Die gemeinsame Wand, die hundertprozentig schalldicht und brandsicher sein sollte, hilft beim Energiesparen. „Doppelhäuser sind in der Regel effizienter als einzeln stehende Gebäude“, erklärt Christoph Wind scheif. „Schließlich heizt der Nachbar immer mit.“Der Nachteil, dass an der gemeinsamen Wand keine Fenster sind, könne durch großzügige Fensterlösungen an den anderen Seitenwänden wettgemacht werden.
NACHTEIL
Als Nachteil beim Doppelhaus wird von vielen die große Nähe zu den unmittelbaren Nachbarn betrachtet. „Man sollte schon beim Bau und bei der Gestaltung des Außenbereichs genügend Rückzugsmöglichkeiten einplanen“, rät Rose. Selbst wenn die Familien beim Einzug beste Freunde sein mögen oder sogar Verwandte nebeneinander wohnen – wichtig sei, eine gewisse Privatsphäre für beide Seiten zu schaffen. Denn im Laufe des Lebens verändern sich Ansprüche und Gewohnheiten. Wo am Anfang vielleicht noch ein Durchgang für die Kinder zur Nachbarterrasse offen gehalten wurde, trennt später ein Blumenkübel den Weg. Oder ein Zaun versperrt den Blick auf die andere Grundstückshälfte, weil jede Partei ihre Ruhe haben möchte.
GESTALTERISCHE LÖSUNG
Meist besteht ein Doppelhaus aus zwei Hälften, die zwei getrennte Eingänge haben und von zwei Parteien bewohnt werden. In der Regel gleichen sich die Haushälften – die Fassaden sind gleich, die Fenster symmetrisch verteilt. Der Dachstuhl erstreckt sich über das gesamte Gebäude.
„Aber es gibt auch andere Varianten“, erklärt Christof Rose. „Ein Doppelhaus muss nicht unbedingt ein Haus mit spiegelverkehrtem Ebenbild sein.“
Zwar werden laut dem Bauexperten immer noch die meisten dieser Gebäude mit zwei baugleichen Hälften erstellt, aber die Formen werden moderner und die Bereiche individueller.
„Die beiden Hälften müssen auch nicht unbedingt mit der Seitenwand aneinander gebaut werden“, ergänzt Windscheif. „Sie können zum Beispiel auch mit dem Rücken zusammenstehen. Dann sind beide Hauseingänge nicht nebeneinander, sondern jeweils an der Rückseite.“
Das ergibt auch neue Gestaltungsmöglichkeiten für den Außenbereich. Auch optisch können die Haushälften durchaus unterschiedlich aussehen.
Die Fassaden lassen sich individuell gestalten, auch die bauliche Struktur darf gewisse Abweichungen aufweisen. So ist es in der Regel möglich, dass ein Gebäudeteil zum Beispiel zwei und das andere drei Geschosse hat. Oder dass eine Hälfte 10 und die andere 15 Meter breit ist. „Doppelhäuser müssen aber nach dem Baurecht insgesamt einheitlich erscheinen und ins Orts- oder Stadtbild passen“, betont Rose. „Ausschlaggebend für die Genehmigung ist, dass es ein deutliches Maß an baulicher Übereinstimmung gibt und dass das Haus eine gemeinsame Wand hat. Sie muss beide Teile verbinden.“Wenn die Häuser lediglich dicht nebeneinander stehen oder sich nur punktuell berühren, bilden sie baurechtlich kein Doppelhaus.
RECHTLICHE LÖSUNG
Entscheidend für ein gutes Miteinander der Nachbarn ist eine klare Regelung der Eigentumsverhältnisse. Klassischerweise teilen sich beide Bauherren das Grundstück auch als Eigentümer. „Jeder kauft seine Hälfte und lässt sie ins Grundbuch eintragen“, erklärt Gabriele Heinrich, Geschäftsführerin des Vereins Wohnen im Eigentum in Bonn. Auf diese Weise ist jeder sein eigener Herr auf seinem Grund und Boden.
Gabriele Heinrich warnt vor rechtlichen Konstruktionen, bei denen das Grundstück juristisch nicht geteilt, sondern Grundstück und Gebäude als Wohnungseigentümergemeinschaft eingetragen werden. „So praktizieren es manche Bauträger. Aber das kann für die Eigentümer fatale Folgen haben“, sagt die Wohnexpertin. Denn jeder Partner brauche immer die Zustimmung des anderen, wenn er etwas an seiner Haushälfte verändern will oder Kosten zu teilen sind. „Sind sich die Nachbarn nicht einig, entsteht eine Patt-situation, die beide handlungsunfähig macht.“(dpa)