Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Sinnliche Verbindung von Eros und Tod
Berlin zeigt „Kuss. Von Rodin bis Bob Dylan“
BERLIN. Der Kuss steht im Mittelpunkt einer neuen Ausstellung im Berliner Bröhan-museum. Gerade die Vieldeutigkeiten und Ambivalenzen des Kusses hätten in der Kunst ein breites Echo gefunden – auch jenseits romantischer Vorstellungen von Liebe und Leidenschaft, erklärten die Ausstellungsmacher am Mittwoch in Berlin. Unter dem Titel „Kuss. Von Rodin bis Bob Dylan“werde vom 15. Juni bis 3. Oktober deshalb ein gattungs- und genreübergreifendes Kuss-panorama der modernen Kunst vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart gezeigt.
Zu sehen seien unter anderem Werke von Auguste Rodin, Franz von Stuck, Edvard Munch, Peter Behrens, Juergen Teller, Timm Ulrichs, Marina Abramovic, Cornelia Schleime, Bob Dylan und vielen anderen. Zudem werde es Live-aufführungen mehrerer Künstler geben – unter anderem eine „Postfaktische Knutschperformance“.
Als Auguste Rodin 1886 seine Skulptur „Le baiser“der Pariser Öffentlichkeit präsentierte, wurde die naturalistische Ausführung des Motivs als anstößig empfunden. Heutzutage gehöre das Werk zu den populärsten Darstellungen sinnlicher Liebe in der bildenden Kunst. Die Kunst um 1900 beschäftigte sich geradezu obsessiv mit dem Kuss, hieß es weiter. So entdeckte der Jugendstil die ornamentalen Qualitäten des Motivs und brachte vor allem im Bereich der Druckgrafik ikonische Werke hervor.
Auch in den morbiden, todessehnsüchtigen Bildfindungen von Décadence und Symbolismus habe der Kuss eine zentrale Rolle gespielt. Die todbringenden Küsse von Sphinx, Vampir und Co. seien Ausdruck einer Faszination des Fin de Siècle für die Verbindung von Eros und Tod, die sich auch in zeitgenössischen Geschlechterkämpfen widerspiegele. Als Berlins berühmtestes politisches Kussgemälde gelte zudem der Bruderkuss zwischen Sedgeneralsekretär Erich Honecker und Kreml-chef Leonid Breschnew auf der East Side Gallery. (epd)