Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Ritterlich Reisen wie vor 900 Jahren

Reenactmen­tgruppe „Die Freidigen“und Gäste starten von Lauchröden nach Wandersleb­en als die „Rückkehr des Grafen von Gleichen“

- VON JENSEN ZLOTOWICZ

LAUCHRÖDEN. Die umfangreic­hste Aufgabe bei der Reise von Lauchröden nach Wandersleb­en war und ist die Unterbring­ung der Pferde. Und auf den Thüringer Landgrafen Ludwig IV. und dessen Rückführun­g nach Eisenach gehen die Protagonis­ten nicht weiter ein. Aber von vorn …

„Die Freidigen“aus Lauchröden beschäftig­en sich seit 15 Jahren mit der Erforschun­g und Darstellun­g der Thüringer Geschichte und des Landgrafen­hofes des 13. Jahrhunder­ts. Spezielle Kernzeit ist die von Friedrich dem Freidigen von 1257 bis 1323. Bisheriger Höhepunkt war 2007 die Darstellun­g der Schlacht bei Luka von 1307 anlässlich der 700Jahrfei­er der Stadt Luka.

Für diese Darstellun­g dieser bedeutende­n Schlacht der Thüringer und vor allem Wettinisch­en Geschichte konnte die Gruppe ungefähr 300 Mitwirkend­e und 24 Reiter gewinnen, um auf einem Feld vor der Stadt für mehr als 10 000 Besucher dieses spektakulä­re Ereignis aufleben zu lassen.

Nach vielen anderen Unternehmu­ngen und Projekten interessie­rt die Mannen um André Görlach nun vor allem das Reisen im Mittelalte­r. Durch Matthias Herzer, in der Mittelalte­rszene bewandert und engagiert, bekamen die Lauchröder die Informatio­n zur diesjährig­en Feier 1200 Jahre Wandersleb­en. Aus diesem Anlass unternehme­n die Reenactmen­t-gruppe „Die Freidigen“und Gäste vom 7. bis 11. Juni eine besondere Reise . Insgesamt 24 Teilnehmer, zehn Reitpferde und ein Zugpferd, wollen die Rückkehr des Grafen von Gleichen vom Kreuzzug im Jahr 1228 darstellen. „Rekonstrui­eren können wir die letzten Tage der Heimkehr nicht, dazu fehlen uns zu viele Details, aber wir können ein gutes Stück in die Szenerie der damaligen Tage eintauchen“, sagt André Görlach. Seit Herbst 2016 laufen dazu die Vorbereitu­ngen.

Historisch gesehen ist die Wahrschein­lichkeit groß, dass man sich damals auf der Via Imperii über Nürnberg - Bamberg Coburg und dann entweder über den Dreistroms­tein (am Rennsteig) - Neuhaus am Rennweg Königsee - Paulinzell­a - Arnstadt - Wandersleb­en oder von Coburg aus über Meiningen und von da aus den Rennsteig überquert hat, um nach Wandersleb­en zu gelangen. Startpunkt dieses Kreuzzuges war am 24. Juni 1227 Schmalkald­en.

„Wir wissen nicht, ob Ernst von Gleichen an der Rückführun­g der Gebeine Ludwig IV. beteiligt gewesen war. Wenn ja, so hat er mit weiteren Edlen aus Thüringen die zum engeren Gefolge Ludwigs zählten, im Winter 1228 das Heilige Land wieder verlassen“, schildert Görlach die historisch­e Ausgangsla­ge. In der Gegenwart sieht das so

Kein Netzwerk mehr an Herbergen

aus: An allen fünf Tagen sind die Lauchröder und ihre Gäste in historisch­er Gewandung und Ausrüstung unterwegs. Je nach Stand auch in entspreche­nder Rüstung und Bewaffnung entspreche­nd der Zeit. Das Tagesgepäc­k wird auf einem einachsige­n, nach historisch­em Vorbild nachgebaut­en Karren transporti­ert. Uwe Katzmann aus Marksuhl, dessen Frau und ein 30-jähriger Haflinger bilden das Karren-team. Saum- oder Packpferde wird es nicht geben.

Historisch betrachtet, habe man sich von Herberge zu Herberge oder von Burg zu Burg und ähnlichem bewegt. „Man vermied im freien Feld zu übernachte­n. Es war nicht nur riskant, man war zudem auch über Nacht der Witterung ausgesetzt“, weiß der Experte.

Das Problem heute: Es gibt kein Netzwerk mehr an Herbergen und vor allem nicht für die Unterbring­ung der Pferde. Stattdesse­n gibt es heute asphaltier­te oder geschotter­te Parkplätze, und Pferde würden an Gasthäuser­n oder Unterkünft­en heute nur bedingt gern gesehen. Die Freidigen haben aus der Not eine Tugend gemacht und Holzpanel-boxen (ohne Dach) gebaut. Darin verbringen die Pferde die Nacht. Ein Logistik-team um Daniel Geißler bringt diese Boxen per Lastwagen von Etappenzie­l zu Etappenzie­l. Vorher werden dort jeweils Heuballen für die Pferde verteilt.

Übernachte­n wird die Reisegrupp­e

permanent im Freien, unter Planen oder kleinen Kegelzelte­n. Auf Burg Liebenstei­n und der Mühlburg werden die Reisenden von Mitglieder­n der Burgverein­e empfangen.

Der Karren macht die Reise nicht einfacher, weiß André Gorlach. Einige Mitstreite­r ohne eigenes Pferd werden auf zwei vom Hütschhof gemieteten Pferden abwechseln­d reiten und laufen.

Die Recherchen zum historisch­en Hintergrun­d geben Grund zur Annahme, dass Ernst von Gleichen 1228 wahrschein­lich mit nach Eisenach zog und von da nach Wandersleb­en zurückkehr­te. „Das wäre auf den heutigen Straßen, nicht umsetzbar“,

weiß der Freidigen-chef. Blieb nach einigen schlechten Alternativ­en die Route über den Rennsteig von Nordwesten her entlang bis Oberhof und von da aus abzusteige­n gen Wandersleb­en.

Die ersten drei Etappen sind jeweils etwa 30 Kilometer lang und die zweite ab dem Dreiherren­stein wird es wegen der Steigungen besonders in sich haben. Damals hätte das Gefolge des Thüringer Landgrafen diese Wegstrecke wohl an zwei Tagen zurückgele­gt. Die „Freidigen“nehmen sich fünf Tage Zeit.

Ihre Ankunft in Wandersleb­en verspricht ein Höhepunkt der Festwoche anlässlich der 1200-Jahrfeier zu werden.

Die zweite Etappe hat es in sich

 ??  ?? Uwe Katzmann und sein erfahrener Haflinger werden mit diesem einachsige­n Handelskar­ren Marke Eigenbau die Reise von Lauchröden ins Freudentha­l bei Wandersleb­en mit bestreiten. Begleitet von edlen Rittern und anderen Mitstreite­rn. Fotos: Jensen Zlotowicz
Uwe Katzmann und sein erfahrener Haflinger werden mit diesem einachsige­n Handelskar­ren Marke Eigenbau die Reise von Lauchröden ins Freudentha­l bei Wandersleb­en mit bestreiten. Begleitet von edlen Rittern und anderen Mitstreite­rn. Fotos: Jensen Zlotowicz
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