Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

„Miele“, Bewahrer der Mundart

Der Rühler Martin Kahler ist tot

- VON JENSEN ZLOTOWICZ

Sein Weggefährt­e Rudolf Braun nannte Martin Kahlert einmal den Rühler Reich-ranicki, weil „Miele“– im Hauptberuf reparierte und verkaufte er unter anderem Waschmasch­inen – die Rühler Mundart orthografi­sch so vereinheit­lichte wie es Namensvett­er Martin Luther durch die Testaments­übersetzun­g einst mit der deutschen Sprache tat.

Martin Kahlert, der der Rühler Mundart gemeinsam mit Lothar Köllner und Horst Jäger, ein einheitlic­hes Schriftdeu­tsch verpasste, ist tot. Er starb kurz vor seinem 65. Geburtstag nach schwerer Krankheit viel zu früh.

Was die Stadt Ruhla Martin Kahlert tatsächlic­h zu verdanken hat, wird sich erst in Jahrzehnte­n zeigen, wenn absehbar ist, ob die Mundart überlebt. Dass diese außergewöh­nliche Mundart ein schriftlic­hes System hat, dafür sorgte Kahlert nicht nur mit der Erarbeitun­g eines Ruhlaer Dudens, sondern mit der Übersetzun­g von Geschichte­n, Sagen und sämtlichen Theaterstü­cken für „Alt Ruhla“in eine einheitlic­he Rühler Schriftspr­ache. Sogar an die Bibel hatte sich „Miele“gewagt.

Kahlert, ein Rühler Original, arbeitete akribisch, ja pedantisch. Ruhla verdankt ihm ein von ihm geschriebe­nes und eingesproc­henes Rühler Hörbuch, das noch von dieser Mundart zeugt, wenn sie längst ausgestorb­en sein sollte. Was er machte, tat er mit Sorgfalt und Akribie und mit Ruhe. Diese kam dem Ruhler nicht so schnell nicht abhanden. Der Kahlerts Martin hatte es nicht eilig, nicht beim Schreiben und nicht beim Reden. Wer für Entschleun­igung nicht geschaffen ist, der wäre an „Miele“vielleicht verzweifel­t.

Aber so war er nun mal: die Ruhe in Person. Nun ruht er für immer in Frieden.

Dass er in der Bergstadt nicht mehr Unterstütz­er für die Mundart fand, wurmte ihn sehr. Wer das Erbe nicht bewahrt, wird es verlieren. Martin Kahler hat sein Bestes für das Rühler gegeben.

Am Freitag, 2. Juni, 13.30 Uhr, findet die Trauerfeie­r in St. Concordia statt.

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Martin Kahlert in einem Stück der Folkloreve­reinigung „Alt Ruhla“. Foto: Norman Meißner

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