Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Dauerregen lässt nach, aber Flüsse schwellen weiter an
Kalksteinabbau in Deuna gestoppt: Zementwerk überflutet – Umweltministerin sieht deutlichen Beleg für Klimawandel
JENA. Der Dauerregen in weiten Teilen Thüringens hat nachgelassen, die Flüsse sind am Mittwoch aber weiter angeschwollen. An zehn Pegeln wurde der Meldebeginn erreicht, an vieren davon die Alarmstufe 1: Schmalkalde, Ulster, Hörsel und Leine.
Das Gröbste an neuen Regenmengen sei überstanden, sagte der Sprecher der Landesanstalt für Umwelt und Geologie, Lutz Baseler. Zuvor waren Polizei und Feuerwehren vielerorts wegen überfluteter Straßen und Keller im Dauereinsatz.
Seit Montagvormittag waren in einigen Thüringer Regionen mehr als 100 Liter Regen pro Quadratmeter vom Himmel gekommen – vor allem im Eichsfeld bis zum Südharz sowie rund um den Thüringer Wald, wie Florian Engelmann vom Deutschen Wetterdienst sagte. Spitzenreiter sei Leinefelde mit mehr als 140 Litern, aber auch in Erfurt seien es noch fast 90 Liter gewesen. Vielerorts habe es binnen kurzer Zeit mehr Niederschlag gegeben als sonst im ganzen Monat, sagte Engelmann. Nach Osten hin habe es dagegen nur wenig geregnet – in Altenburg etwa wurden gerade einmal 10 Liter pro Quadratmeter gemessen.
Die Rettungskräfte hatten bis Mittwoch noch viel zu tun. An der Wipper bei Göllingen (Kyffhäuserkreis) mussten sie einen Damm mit Sandsäcken verstärken, weil dort der Wasserstand erheblich gestiegen war. Außerdem wurden bei Donndorf Straßen gesperrt. Sie sollten bei Bedarf kontrolliert geflutet werden, um die Unstrut zu entlasten. Die Situation an den Talsperren sei nicht dramatisch, sagte Baseler. So hätten die Saale-stauseen genug Puffer, um das Wasser aufzufangen. Auch der Freiraum des Hochwasserrückhaltebeckens in Straußfurt (Kreis Sömmerda) sei weitgehend freigehalten worden.
Im Eichsfeld verwandelte der Dauerregen den Tagebau Deuna in einen See. Dadurch kam dort der Abbau von Kalkstein zum Erliegen und musste die Produktion im Zementwerk gedrosselt werden, sagte ein Produktionsleiter. Das Technische Hilfswerk sei im Einsatz, um das Wasser abzupumpen – am Donnerstag, so die Hoffnung, könnte die Förderung wieder anlaufen. Eine solche Lagehabe es in den 42 Jahren Tagebau noch nicht gegeben, hieß es.
Auch die bei Wanderern beliebte Drachenschlucht bei Eisenach blieb wegen der starken Strömung des Steinbaches gesperrt. Wie Forstamtsleiter Ansgar Pape sagte, soll am Donnerstag das weitere Vorgehen beraten werden. Er hoffe, dass dann die Schlucht mit einem großen Arbeitseinsatz von angeschwemmten Geröll gereinigt werden kann, damit zum Deutschen Wandertag Touren durch die Schlucht möglich sind.
Ansonsten habe der Dauerregen in Thüringens Wäldern kaum Schäden hinterlassen. Es habe lediglich kleinere Hangrutsche sowie umgestürzte Bäume gegeben, teilte die Landesforstanstalt mit. Die Förster schätzen, dass durch den Niederschlag vielmehr die Vitalität der Bäume gestärkt werde und sie so Schädlinge wie den Borkenkäfer besser abwehren können.
Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne) dankte bei einem Besuch der Hochwassernachrichtenzentrale den Helfern für ihren Einsatz der vergangenen Tage und Nächte, insbesondere Feuerwehr, Polizei und den Flussmeistereien. Sie hätten großartige Arbeit geleistet und Schlimmeres verhindert.
Zugleich deutete sie das Unwetter als weiteren Beleg für den Klimawandel. „Der globale Trend ist auch für Thüringen deutlich nachweisbar. Wir müssen dringend handeln, um den Klimawandel zu stoppen.“
Nach Angaben der Meteorologen sollte der Regen am Abend und in der Nacht erst einmal eine Pause einlegen. Die werde zwar nur von kurzer Dauer sein, doch brächten die neuen Regenwolken deutlich weniger Niederschlag, hieß es.