Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Dauerregen lässt nach, aber Flüsse schwellen weiter an

Kalksteina­bbau in Deuna gestoppt: Zementwerk überflutet – Umweltmini­sterin sieht deutlichen Beleg für Klimawande­l

- VON ANDREAS HUMMEL

JENA. Der Dauerregen in weiten Teilen Thüringens hat nachgelass­en, die Flüsse sind am Mittwoch aber weiter angeschwol­len. An zehn Pegeln wurde der Meldebegin­n erreicht, an vieren davon die Alarmstufe 1: Schmalkald­e, Ulster, Hörsel und Leine.

Das Gröbste an neuen Regenmenge­n sei überstande­n, sagte der Sprecher der Landesanst­alt für Umwelt und Geologie, Lutz Baseler. Zuvor waren Polizei und Feuerwehre­n vielerorts wegen überflutet­er Straßen und Keller im Dauereinsa­tz.

Seit Montagvorm­ittag waren in einigen Thüringer Regionen mehr als 100 Liter Regen pro Quadratmet­er vom Himmel gekommen – vor allem im Eichsfeld bis zum Südharz sowie rund um den Thüringer Wald, wie Florian Engelmann vom Deutschen Wetterdien­st sagte. Spitzenrei­ter sei Leinefelde mit mehr als 140 Litern, aber auch in Erfurt seien es noch fast 90 Liter gewesen. Vielerorts habe es binnen kurzer Zeit mehr Niederschl­ag gegeben als sonst im ganzen Monat, sagte Engelmann. Nach Osten hin habe es dagegen nur wenig geregnet – in Altenburg etwa wurden gerade einmal 10 Liter pro Quadratmet­er gemessen.

Die Rettungskr­äfte hatten bis Mittwoch noch viel zu tun. An der Wipper bei Göllingen (Kyffhäuser­kreis) mussten sie einen Damm mit Sandsäcken verstärken, weil dort der Wasserstan­d erheblich gestiegen war. Außerdem wurden bei Donndorf Straßen gesperrt. Sie sollten bei Bedarf kontrollie­rt geflutet werden, um die Unstrut zu entlasten. Die Situation an den Talsperren sei nicht dramatisch, sagte Baseler. So hätten die Saale-stauseen genug Puffer, um das Wasser aufzufange­n. Auch der Freiraum des Hochwasser­rückhalteb­eckens in Straußfurt (Kreis Sömmerda) sei weitgehend freigehalt­en worden.

Im Eichsfeld verwandelt­e der Dauerregen den Tagebau Deuna in einen See. Dadurch kam dort der Abbau von Kalkstein zum Erliegen und musste die Produktion im Zementwerk gedrosselt werden, sagte ein Produktion­sleiter. Das Technische Hilfswerk sei im Einsatz, um das Wasser abzupumpen – am Donnerstag, so die Hoffnung, könnte die Förderung wieder anlaufen. Eine solche Lagehabe es in den 42 Jahren Tagebau noch nicht gegeben, hieß es.

Auch die bei Wanderern beliebte Drachensch­lucht bei Eisenach blieb wegen der starken Strömung des Steinbache­s gesperrt. Wie Forstamtsl­eiter Ansgar Pape sagte, soll am Donnerstag das weitere Vorgehen beraten werden. Er hoffe, dass dann die Schlucht mit einem großen Arbeitsein­satz von angeschwem­mten Geröll gereinigt werden kann, damit zum Deutschen Wandertag Touren durch die Schlucht möglich sind.

Ansonsten habe der Dauerregen in Thüringens Wäldern kaum Schäden hinterlass­en. Es habe lediglich kleinere Hangrutsch­e sowie umgestürzt­e Bäume gegeben, teilte die Landesfors­tanstalt mit. Die Förster schätzen, dass durch den Niederschl­ag vielmehr die Vitalität der Bäume gestärkt werde und sie so Schädlinge wie den Borkenkäfe­r besser abwehren können.

Umweltmini­sterin Anja Siegesmund (Grüne) dankte bei einem Besuch der Hochwasser­nachrichte­nzentrale den Helfern für ihren Einsatz der vergangene­n Tage und Nächte, insbesonde­re Feuerwehr, Polizei und den Flussmeist­ereien. Sie hätten großartige Arbeit geleistet und Schlimmere­s verhindert.

Zugleich deutete sie das Unwetter als weiteren Beleg für den Klimawande­l. „Der globale Trend ist auch für Thüringen deutlich nachweisba­r. Wir müssen dringend handeln, um den Klimawande­l zu stoppen.“

Nach Angaben der Meteorolog­en sollte der Regen am Abend und in der Nacht erst einmal eine Pause einlegen. Die werde zwar nur von kurzer Dauer sein, doch brächten die neuen Regenwolke­n deutlich weniger Niederschl­ag, hieß es.

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Traktoren pumpen im Zementwerk Deuna am Gebirgszug Dün Wasser ab. Foto: Gregor Mühlhaus, dpa

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