Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Stadträte kritisieren Verhandlungsergebnis mit Kreis
Gebietsreform: Oberbürgermeisterin will Zukunftsvertrag jetzt in den Ausschüssen und mit Bürgern diskutieren
EISENACH. Der Partner Wartburgkreis ist fest davon ausgegangen, dass am 23. August der so genannte Zukunftsvertrag zeitgleich in Stadtrat und Kreistag beschlossen wird. Dieser Vertrag regelt die Aufgabe der Kreisfreiheit und die Rückkehr der Stadt Eisenach in den Kreis.
Doch nachdem sich kritische Stimmen auf Eisenacher Seite gemehrt haben, gibt es jetzt einen Rückzieher insofern, dass der Vertrag am 23. August lediglich vom Stadtrat als Entwurf zur Kenntnis genommen wird. In den folgenden Wochen sollen Diskussionen in den Ausschüssen folgen. Außerdem will Oberbürgermeisterin Katja Wolf (Linke) den Vertrag „mit den Einwohnerinnen und Einwohnern beraten“. Und sie will weiter mit der Landesregierung verhandeln, damit Eisenach seine dauernde finanzielle Leistungsfähigkeit erreichen kann.
Das ist für die Fraktion der Linken im Stadtrat der Knackpunkt, wie Vorsitzende Karin May in der Diskussion im Haupt- und Finanzausschuss am Dienstagabend deutlich machte. Dieser Ausschuss ist das vorberatende Gremium für den Stadtrat. Kämmerer Alwin Hartmann erläuterte, dass Eisenach mit Blick auf die Gelder, mit denen das Land die freiwillige Fusion von Stadt und Wartburgkreis unterstützen will, für zwei oder drei Jahre einen ausgeglichenen Haushalt hinbekomme. Aber schon 2022 habe man wieder „keinen eigenen Cent mehr für Investitionen“.
Hartmann kündigte an, zum Vergleich für die Stadträte einen Haushalt erarbeiten zu wollen, der einerseits die kreisfreie Stadt und andererseits den Status der Großen Kreisstadt zur Grundlage habe. Laut des Zukunftsvertrags soll Eisenach Große Kreisstadt werden, während Bad Salzungen Kreisstadt und Sitz der Kreisverwaltung bleibt.
„Warum stellen Sie nicht auch einen Haushalt für Eisenach als Kreisstadt auf?“, wollte Ottomar Schäfer (CDU) wissen. Für ihn gilt nach wie vor der Beschluss des Stadtrats, wonach Eisenach wieder die Kreisstadt werden muss. Das Ziel sei der Oberbürgermeisterin vor geraumer Zeit für die Verhandlungen vorgegeben worden.
Wolf sagte zu, in den Gremien ausführlich über die Große Kreisstadt beraten zu wollen: Was bedeutet das überhaupt? Die Große Kreisstadt ist ein für Thüringen neues Konstrukt. Dafür muss die Thüringer Kommunalordnung geändert werden.
„Aus meiner Sicht ist nichts geklärt, aber auch gar nichts“, machte Andreas Neumann (CDU) seinem Ärger Luft. Er bezog sich ebenso wie May auf die Leistungsfähigkeit, die die Stadt „nicht ansatzweise“erreicht, aber ebenso auf die Aufgaben, die laut des Vertrags künftig bei der Stadt bleiben sollen. Dazu gehört die Trägerschaft für alle Schulen, einschließlich Gymnasien und Volkshochschule.
„Es lag keine Verhandlungsvollmacht dafür vor, dass die Schulen bei der Stadt bleiben“, so Neumann. Er habe den Eindruck, dass es im Kreis anders lief: „Da hat sich der Landrat mit den Fraktionsvorsitzenden rechtzeitig abgestimmt.“
Die OB sieht immer noch Zeit für diese Abstimmung. Sie kündigte sogar an, noch ein Gutachten beim Deutschen Institut für Urbanistik in Auftrag geben zu wollen, um den „bundesweit einmaligen Prozess der freiwilligen Aufgabe der Kreisfreiheit“wissenschaftlich begleiten zu lassen. Bis in den „späten Herbst“, so sagte sie, müsse eine Entscheidung getroffen sein, um noch in das Gesetzgebungsverfahren mit dem jetzigen Landtag eintreten zu können.
Michael Klostermann (SPD) will in das Gesetz die Eingemeindung von Krauthausen einfügen: „Wir müssen jetzt das Eisen schmieden.“Doch Wolf entgegnete, dass dies illusorisch sei, weil die Freiwilligkeit gelte.
Landrat will Vertrag beschließen lassen
Für Landrat Reinhard Krebs (CDU) ist der Vertrag zustimmungsreif. Daher sieht er keinen Grund, dass der Kreistag am 23. August nicht entscheiden soll. „Ich habe meine Hausaufgaben gemacht und stehe gegenüber der Landesregierung im Wort“, so Krebs. Er kenne als Termin der Entscheidung den 30. August. Deshalb könne er die Verzögerungen nicht verstehen. Man sei im Juni im Einverständnis mit Oberbürgermeisterin, Staatskanzleiminister Benjamin Hoff (Linke) und Innenstaatssekretär Uwe Höhn (SPD) auseinander gegangen und habe seither nichts Gegenteiliges gehört.
Dass 42 Millionen Euro für die Fusion in die Region fließen sollen, ist nach Ansicht von Krebs eine „einmalige Chance“.