Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Alte neue Schätze
Zauberin Helene schreibt über Stilettos und Lieblingsshirts, einen mit Klamotten bedeckten Fußboden bei ihr zu Hause und über ihr ewiges Vorbild
Es ist Dienstag. Es ist 19 Uhr. Früher haben wir uns viel später getroffen, um zusammen auszugehen. Heute gehen wir nicht mal aus.
Wir haben zu Hause heute den ersten Mädelsflohmarkt. Das hat weder mit einem Menschenhändlerring noch mit Prostitution zu tun. Wir treffen uns, um Klamotten untereinander zu verkaufen oder zu tauschen. Zehn Frauen mit Sektgläsern in der Hand wandern durch das Wohnzimmer. Sie kichern, posieren und beraten sich gegenseitig: „Ja, das steht Dir! Tolle Farben, betont deine Wangenknochen!“
Mich fasziniert das Bild so sehr, dass ich sogar überlege, darüber ein Theaterstück zu schreiben. Nachdem ich einen solchen Abend mit meinen Freundinnen in meinen eigenen vier Wänden abgehalten habe. Und tatsächlich – die Voraussetzung
von Sekt, Stilettos und feinen Fähnchen ist ein Garant für einen guten Abend.
Schnell war die Stimmung am Höhepunkt und waren die Shirts am Boden. Hemmungen wurden abgestreift wie Hosen. Sogar die Beratung der Freundin, ob ein gestrickter Minirock wieder in Mode sei, gefällt fast besser, als für sich selbst ein Outfit auszusuchen. Ein Phänomen dabei, dass viele Frauen kennen: Man will den rot-gelb geringelten Pullover eigentlich ausmisten, sieht ihn an der Freundin, und da gefällt er einem wieder. Auch der Haufen der Klamotten wird nicht weniger, da man ja proportional neue alte Schätze auf den Stapel packt.
Natürlich konnte ich nicht umhin, mich zu fragen, ob das Vorbild dafür nicht doch wieder die ewig aktuelle Carrie Bradshaw (Darstellerin in der Tv-serie „Sex in the City“) ist? Ist es nicht ein Mordsspaß, ihr auf dem Bildschirm beim Ausmisten zuzusehen, wenn sie die Schildchen „Toss“oder „Take“hoch hält, was bedeutet Wegwerfen oder Nehmen? Die Freundinnen halten gern die Antworten hoch, wenn sie Teile aus ihrem Schrank vorführt.
Was wird nun behalten? Alles, was aus gutem Material besteht, blau ist, der Figur schmeichelt und den Typ unterstützt. Weggeworfen wird das, was zu eng, mit billigem Aufdruck oder aus Plastik ist.
Ob Pariserin, New Yorkerin oder Eisenacherin: Wohlfühlen mit Stil ist der Schlüssel. Und ist es nicht noch schöner, sich im früheren Lieblingsshirt der besten Freundin wohlzufühlen?
Ein Abend, der gut fürs Portemonnaie und für die Seele ist – deshalb macht es einfach nach.