Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Nur jede zehnte Jungpflanze übersteht Hitze und Trockenheit
Die Förster in Mühlhausens Stadtwald und im Forstamt Hainichwerratal beklagen zudem Borkenkäferbefall
REGION. Die Lage ist ernst: Aufforstungen vertrocknen wegen der Hitze. So fasste jetzt ein Sprecher des Thüringenforst die aktuelle Situation zusammen. Mehr als 150 000 Bäumchen – vorwiegend Weißtannen, Buchen, Lärchen und Bergahorn – hat der Thüringenforst im Frühjahr in die Wälder gepflanzt. Ihnen droht jetzt der Hitzetod. Der Grund: fehlende Niederschläge und extreme Hitze.
Gerade die jungen Bäumchen sind auf regelmäßige Niederschläge angewiesen, sie verfügen nur über ein verhältnismäßig kleines Wurzelwerk, sagt Peter Thoms. Er ist Revierförster im Mühlhäuser Stadtwald. „Das kleine Wurzelwerk kann noch nicht in tiefere, feuchtere Bodenschichten eindringen“, begründet er. Aufforstungskulturen im Wald zu bewässern, das sei aber schlichtweg unmöglich.
Etwa 7000 Pflänzchen wurden im Frühjahr vom Forstbetrieb innerhalb der Mühlhäuser Stadtverwaltung im Stadtwald gepflanzt, vorwiegend in der Mühlhäuser Hardt und auf dem Bornberg – Weißtanne, Esskastanie, Wildkirsche, Nussbäume, Elsbeere. „Das ist deutlich weniger als noch vor Jahren. Wir setzen mittlerweile auf eine natürliche Waldverjüngung“, sagt Jörg Willner, der Leiter des Forstbetriebs. In der Vergangenheit
kam teils das Zehnfache an Pflänzchen in die Erde. „Teils auch die falschen Bäume wie Eichen“, meint Thoms. Der finanzielle Verlust sei aufgrund der geringen Zahl von Jungpflanzen überschaubar.
Dennoch sind vor allem auf Freiflächen 90 Prozent den Hitzetod gestorben. Unter Hitze und Trockenheit haben auch die einjährigen Bäumchen gelitten. Vier von zehn, so schätzt Thoms, hätten diesen Sommer nicht überlebt. Regional herrschen dabei große Unterschiede: „In Eigenrieden etwa stehen die Bäume super da. Nahe Peterhof, in Richtung Dörna, und auf
dem Forstberg sind die Ausfallquoten dagegen sehr hoch“, weiß Willner zu erzählen.
Er erwartet weitere Hitze- und Trockenheitsschäden: „Das sind optimale Bedingungen für den Borkenkäfer. Von ihm befallene Fichten werden uns im Herbst und im Winter beschäftigen.“Befallene Bäume müssten so schnell wie möglich gefällt werden. Größere Fichtenbestände gebe es am Forstberg und zwischen Peterhof und Dörna. Fichten wolle man übrigens in den kommenden Jahren nicht wieder aufforsten, die Weißtanne käme mit Boden und Wetter besser zurecht.
Unter der Sonne haben zahlreiche Bäume am Landgraben nahe Eigenrieden gelitten. Willner spricht von Rindenbrand. „Unter diesem ‚Sonnenbrand‘ leiden vor allem dünnrindige Baumarten wie die Buche, die eigentlich ein Schatten liebender Baum ist, und Fichte. Das Kambium stirbt durch Überhitzung ab.“Die Bäume habe man fällen müssen.
Nicht eine Esche, die gegen Pilz resistent ist
Trotz Hitze- und Trockenschäden halte man an der Erntestrategie fest: Verteilt auf den ganzen Stadtwald, wolle man auch in diesem Jahr 15 000 Festmeter Holz ernten, darunter zahlreiche Eschen. „Wir haben nicht eine Esche, die gegen das Eschentriebsterben resistent ist, gefunden“, sagt Thoms. Der Baum werde Schritt für Schritt im Stadtwald an Bedeutung verlieren, so dass nur noch einzelne Exemplare übrig bleiben.
In diesem Jahr habe sich das Holzrücken aufgrund des nassen Winters bis in den Juni gezogen. Für holzverarbeitende Betriebe ein Problem.
Wie im Stadtwald in Mühlhausen sieht es auch im gesamten Forstamt Hainich-werratal aus. Forstamtsleiter Dirk Fritzlar spricht von einer „schwierigen Situation“. Was den Bericht des Unstrut-hainich-kreises angeht, habe man im letzten Herbst und in diesem Frühjahr etwa 4000 junge Bäume gepflanzt, vor allem Weißtannen, aber auch einige Laubbäume. Deutlich größer war die Zahl der Neuanpflanzungen in Creuzburg und am Heldrastein. Für alle drei Gebiete gilt: Nur etwa jedes zehnte Bäumchen schaffte es, zu überleben.
Auch im Forstamt kämpft man gegen den Borkenkäfer. Größere Fichtenbestände gibt es zwischen Langula und Kammerforst sowie im Wilhelmswald zwischen Bickenriede und Struth. „Wir versuchen, die Bäume zu fällen, bevor der Käfer wieder ausfliegt“, sagt Fritzlar. „Wir müssten gerade an mehreren Stellen gleichzeitig sein. Denn wenn wir Fichte ernten, können wir kein Laubholz ernten. Und die Holzindustrie klagt jetzt schon, dass es zu wenig Holz zum Verarbeiten gibt.“
Förster und Waldbesitzer hoffen auf regenreiche Herbstmonate. Zwar erschwert sich damit die Holzernte, den Forstpflanzen ist aber damit ein vitales Wachstum gesichert. Dieser Optimismus ist dringend notwendig: Laut Thüringenforst erwarten die Wetterexperten des „Europäischen Zentrums für mittelfristige Vorhersagen“für 2019 nochmals eine außergewöhnliche Warmphase.