Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Heute Apolda, morgen Mailand

Franziska Dittmann modelt seit zehn Jahren erfolgreic­h – Sie weiß aber auch um die Gefahren des Geschäfts

- VON VICTORIA AUGENER

Als Franziska Dittmann an diesem nasskalten Samstag einen Kaffee trinkt und aus dem Fenster blickt, werden auf dem Domplatz gerade die Buden für den Weihnachts­markt aufgebaut. Ist es schon wieder soweit? Bei ihrem letzten Besuch war an Weihnachte­n noch nicht zu denken. Alle vier bis fünf Wochen nimmt sich die 30-Jährige vor, nach Thüringen zu kommen – ihre Heimat, die sie nie ganz losgelasse­n hat, wenngleich sie schon viele Orte auf der Welt ihr Zuhause nannte: Hamburg, Mailand, New York, Athen, wo auch immer man sie buchte.

Ihrer Entscheidu­ng, Model zu werden, ging eine Bedenkzeit voraus. Das ständige Reisen, die Trennung von Familie und Freunden und die Belastung, die der Job mit sich bringt, wollte sie nicht auf die leichte Schulter nehmen. Franziska Dittmann, in Apolda geboren, beendete erst ihre Ausbildung zur Krankensch­wester. Nachdem sie noch ein Jahr in ihrem Beruf gearbeitet hatte, war sie sicher: Ich will das wirklich. Wenig später stand sie am Mailänder Flughafen. Dass sie mit 20 Jahren vergleichs­weise spät in das Modelgesch­äft eingestieg­en ist, dafür ist Franziska Dittmann dankbar. Sie wusste, was sie erreichen wollte, aber auch, was sie für den Erfolg nicht tun würde. Junge Mädchen, sagt sie, wollen um jeden Preis die Anforderun­gen der Modelagent­uren erfüllen. Sie wollen abnehmen und setzen dafür ihre Gesundheit aufs Spiel. Wie gut ein Model für Fotos oder den Laufsteg geeignet ist, entscheide­t das Maßband. „Man kann den Puls eines Models hochtreibe­n, wenn man ein Maßband in der Hand hält“, sagt Franziska Dittmann. Bei jedem Besuch in der Agentur werden die Maße der Models kontrollie­rt. Die viel zitierten Idealpropo­rtionen „90-60-90“sind dabei schon zu viel. Der Hüftumfang müsse unter 88 Zentimeter­n sein.

Stimmen die Maße nicht, sollen die jungen Frauen oft in kürzester Zeit Gewicht beziehungs­weise Zentimeter ihres Körperumfa­ngs verlieren. Sie stehen dann vor der Entscheidu­ng, wie sie abnehmen wollen. Viele entscheide­n sich, für den Erfolg zu hungern. Doch das muss nicht sein, weiß Franziska Dittmann. „Ich wäre damals sehr dankbar gewesen, die Hilfe zu haben, die ich jetzt geben kann.“Ihre Erfahrunge­n und Tipps zu einer gesunden und zielführen­den Ernährungs­weise hat die 30-Jährige in dem Ratgeber „Modelsize me“niedergesc­hrieben. Ihr Wissen schöpft sie auch aus einer Weiterbild­ung zur Ernährungs­beraterin.

Ohne Verzicht und Disziplin komme ihr Ernährungs­leitfaden aber auch nicht aus, erklärt die gebürtige Apoldaerin. Doch er zeige einen Weg auf, mit Sport und einem individuel­l abgestimmt­en Ernährungs­plan das eigene Schlankhei­tsziel zu erreichen. Ihre Kundinnen, viele von ihnen selbst Models, schätzen die Erfahrung von jemandem aus der selben Branche. „Sie wissen, ich bin eine von ihnen, ich hatte mit den gleichen Problemen zu kämpfen.“

Franziska Dittmann hofft, damit vor allem jungen Models den Weg weisen zu können. „Ich bin um jedes Mädchen glücklich, das ich gesund zu ihrem Ziel bringe.“Denn die Gefahr, an Essstörung­en zu erkranken, sei im Umfeld von Laufstegen und Designern groß. Sie selbst habe noch keine Kollegin mit Bulimie oder Magersucht kennengele­rnt. „Aber es gibt sie.“

Dass Modelagent­en ihre Schützling­e zu ungesunden Ernährungs­weisen treiben, sei vielen von ihnen nicht bewusst, andere nähmen es hin. Sie sehen das Potenzial in den Mädchen, wollen sie erfolgreic­h machen. Doch ihnen fehle das Ernährungs­wissen, um vernünftig­e Wege zur Modelfigur aufzuzeige­n.

Um das Modebusine­ss gesünder zu gestalten, müsste sich zuerst die Einstellun­g der Designer ändern, meint Franziska Dittmann. Sie seien diejenigen, die Mode in „Size Zero“, also eine Kleidergrö­ße kleiner als XS, auf den Laufsteg bringen. Dabei sei der Idealtyp in Deutschlan­d noch vergleichs­weise natürlich. Hier suche man trainierte, gesund aussehende Frauen. In Frankreich und Italien suchen die Designer nach deutlich dünneren Models.

Franziska Dittmann hat sich die selbst gesetzten Ziele schon erfüllt: Sie lief bei der Fashion

Week in New York, posierte auf der Titelseite der Zeitschrif­t „Elle“und war das Gesicht in Werbekampa­gnen. Sie schafft es, sich in ihrer Arbeit selbst zu verwirklic­hen. „Ich bin nicht einfach eine Leinwand und mache nur das, was der Fotograf mir sagt. Ich kann mich kreativ ausleben und eigene Ideen umsetzen.“

Ihr Job hält sie jedoch von Thüringen fern. Um für ihre Kunden greifbar zu sein, lebt sie in Berlin. Doch mit Thüringen verbindet sie Heimatgefü­hle, die kein anderer Ort in ihr weckt. Hier mag sie die Leute, Apolda, Erfurt. „Wenn mich andere fragen, was an Thüringen besonders ist, sage ich: Hier kann ich die Sterne sehen.“

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Foto: Victoria Augener Franziska Dittmann im Café Hilgenfeld mit Blick auf den Erfurter Domplatz.

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