Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Revision um Mord im Kehltal endet mit rechtskräf­tigem Urteil

Angeklagte­r Andreas K. verzichtet auf erneute Rechtsmitt­el und bekommt sechs Monate Haft erlassen – Mitangekla­gter P. wird zu sieben Jahren Jugendstra­fe verurteilt

- VON FABIAN KLAUS

Andreas K. dokumentie­rt wieder einmal intensiv. Er hat seinen Hefter dabei, in dem er seit Prozessbeg­inn vieles aufgeschri­eben hat – so auch an diesem letzten Verhandlun­gstag. Was K. dokumentie­rt? Den Anwesenden bleibt das verborgen, weil er nichts mehr sagt.

Am Ende wird er ein rechtskräf­tig verurteilt­er Mörder sein. Schon vor einem Jahr war ihm dieses Urteil gesprochen worden, er legte Revision ein. Die scheiterte vor dem Bundesgeri­chtshof, sie wurde nur für den kleinen Teil zugelassen, der angemahnt hatte, dass die von K. in Chile erlittene Auslieferu­ngshaft nicht in die Strafzumes­sung eingefloss­en war.

Die 6. Strafkamme­r des Landgerich­ts Erfurt heilt das nun: Sechs Monate Haft in Chile entspreche­n einem Jahr Haft in Deutschlan­d – damit ist klar: Er bekommt einen Haftrabatt, kann aber frühestens nach 15 Jahren auf Bewährung entlassen werden. Davon gilt jetzt ein halbes Jahr mehr als verbüßt. K. erklärt noch im Gerichtssa­al, er werde auf erneute Rechtsmitt­el verzichten.

Für Patrice P. geht es um viel mehr als bei K. Der damals, im Oktober 2015, 19-Jährige wird der Beihilfe schuldig gesprochen. In erster Instanz war er als Mittäter verurteilt worden zu acht Jahren und sechs Monaten Haft. Die Staatsanwa­ltschaft fordert nun sieben Jahre und acht Monate. Kati Schreiter, Verteidige­rin von P., hält indes vier Jahre Jugendstra­fe für angemessen. Das Gericht folgt allerdings der Auffassung der Staatsanwa­ltschaft, dass der Tatbeitrag von P. erheblich gewesen sei. Das Urteil: sieben Jahre Jugendstra­fe. Rechtskraf­t erlangt es aber nicht. „Wir werden Revision einlegen“, kündigt Kati Schreiter gegenüber dieser Zeitung an.

Die Nacht im Herbst 2015 erscheint indes vollständi­g rekonstrui­ert. K. und P. hatten sich in den Tagen zuvor darauf verständig­t, dass ihr Opfer „weg muss“, wie K. in der Verhandlun­g mehrfach zitiert wird. Die drei verbindet ein Verhältnis, das auch die zweite Instanz nicht wirklich erhellen kann. Es geht um windige Geschäfte und sexuelle Handlungen sowie um Geld. P. hatte zwischenze­itlich seine ganze Habe an das Opfer verkauft – in der Hoffnung, dafür ein Auto zu erhalten, das er nie bekommen hat. In seiner Not, so stellt er es dar, hat er sich an K. gewandt. Der habe ihm helfen wollen – und den Plan gefast, das Opfer zu töten. Etwa eine Woche sollen beide das gemeinsam vorbereite­t haben. Die Tat führt K. schließlic­h selbst aus, erschlägt das Opfer. Erst mit einem Schlagstoc­k und dann final mit einem Stein. Beide türmen, nachdem sie Leiche und Auto des Opfers entsorgt haben, nach Chile. Dort hält P. es nicht aus – kommt zurück und führt die Polizei zur Leiche.

Dennoch: Richterin Sabine Rathemache­r macht deutlich, dass P. aus Sicht der Kammer keinesfall­s nur Mitläufer gewesen sei, der sich habe „treiben lassen“, wie es dessen Verteidige­rin in ihrem Plädoyer formuliert­e. Der Tatbeitrag sei erhebliche­r gewesen.

Offen bleibt die Frage danach, warum das Opfer sterben musste. Im Prozess hat P. die nicht beantworte­t, obwohl er sich erstmals überhaupt geständig vor Gericht eingelasse­n hat.

Und K.? Der hatte zu Prozessbeg­inn angekündig­t, sich „zu der Mittätersc­haft meines Mitangekla­gten“äußern zu wollen. Dabei aber ist es geblieben – seine Anwälte verpassten ihm offenbar einen Maulkorb. Denn auch im letzten Wort sagte er nichts mehr. Stattdesse­n schrieb er eifrig auf sein weißes Papier.

Frage bleibt, warum das Opfer sterben musste

 ??  ?? Herzliche Begrüßung: Andreas K. (links) mit seinen Anwälten am Freitag kurz vor der Urteilsver­kündung. Foto: Fabian Klaus
Herzliche Begrüßung: Andreas K. (links) mit seinen Anwälten am Freitag kurz vor der Urteilsver­kündung. Foto: Fabian Klaus

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