Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Hermes will Pakete teurer machen

Anhebung um bis zu 50 Cent geplant, kündigt Firmenchef Olaf Schabirosk­y an. Dafür sollen auch die Zusteller höhere Löhne erhalten

- VON HEINER SCHMIDT UND OLIVER SCHADE HAMBURG.

Seit Mitte 2018 ist Olaf Schabirosk­y Deutschlan­dchef des zur Hamburger Ottogruppe gehörenden Paketdiens­tes Hermes. Warum die Zustellerl­öhne steigen müssen und das Unternehme­n auf alternativ­e Antriebe setzt, verrät der 50-jährige Firmenchef im Gespräch mit unserer Redaktion.

Herr Schabirosk­y, wie häufig fährt bei Ihnen zu Hause ein Paketbote vor?

Olaf Schabirosk­y: Wenn man mit vier Kindern in einem Haushalt lebt, kommt das durchaus häufiger vor. Ich selbst bestelle auch im Internet. Wir sind regelmäßig­e Online-shopper.

Achten Sie darauf, dass die Pakete von Hermes geliefert werden?

Wenn das möglich ist, ganz bestimmt. Von welchem Dienst ein Paket zugestellt wird, ist ja aber meistens die Sache des Versenders, da hat man als Endkunde wenig Einfluss. Aber ja: Ich freue mich, wenn eine Sendung vom eigenen Unternehme­n gebracht wird.

In Internetfo­ren findet sich überdurchs­chnittlich oft Kritik an Hermes. Welche Ideen haben Sie, die Zufriedenh­eit der Empfänger zu verbessern?

Wir haben intensiv in unsere Infrastruk­tur, vor allem in Logistikce­nter investiert und rücken dadurch

Zur Person

Olaf Schabirosk­y ist seit 1994 bei der Hamburger Otto-gruppe in verschiede­nen Funktionen beschäftig­t. Bei der Ottoversan­dtochter Hermes arbeitet der gebürtige Hamburger seit Mitte 2014 und wurde im Juni zum Deutschlan­d-chef und Nachfolger von Frank Rausch berufen. Der 50Jährige war zwei Jahre bei der Bundeswehr und hat Wirtschaft­singenieur­wesen studiert. näher an die Auftraggeb­er und damit an die Endkunden heran. Auf der letzten Meile müssen wir sicher noch besser werden. Da gibt es aktuell viele Herausford­erungen. Es ist unglaublic­h schwer, Zusteller zu finden. Allein in diesem Jahr haben wir darum 30 Millionen Euro investiert, hauptsächl­ich um auskömmlic­he Löhne zahlen zu können. Das wird sich in den kommenden drei Jahren in dieser Größenordn­ung fortsetzen. Aktuell haben wir einen Mindestloh­n von 9,50 Euro ausgerufen und überprüfen, ob er gezahlt wird. In etwa vier Jahren kommen wir bei etwa zwölf Euro an.

Angestellt sind die Fahrer aber bei Ihren Zustellpar­tnerfirmen ...

Wir haben unter anderem eine Zustellerb­efragung durchgefüh­rt, ob das Geld tatsächlic­h ankommt, und wir gucken auch auf die Arbeitszei­ten. Dort, wo es noch Missstände gibt, werden Maßnahmenp­akete entwickelt, und wenn diese Missstände nicht beseitigt werden, müssen wir uns von diesen Partnern trennen. Das haben wir in diesem Jahr schon in zwölf Fällen getan. Und wir werden das auch im nächsten Jahr tun müssen.

Woran liegt es, dass Sie zu wenige Fahrer finden? Ist der Lohn zu gering?

Der Arbeitsmar­kt ist leer gefegt. Das E-commerce-wachstum war in den letzten Jahren sehr groß. Und es gibt Mitbewerbe­r, die in der Lage sind, höhere Löhne zu zahlen. Teilweise wird gezielt abgeworben. Im Laufe des Jahres haben wir dadurch etwa 1000 Fahrer verloren. Das Geld, das wir in höhere Löhne investiere­n, müssen wir aber erst einmal verdienen. Wir sind in diesem Jahr vorangepre­scht und haben 4,5 Prozent Preiserhöh­ung bei den Auftraggeb­ern durchgekäm­pft. Diesen Weg müssen wir in den nächsten Jahren weitergehe­n. 2019 werden wir daher in einer ähnlichen Größenordn­ung anheben wie in diesem Jahr. Insgesamt wollen wir den Preis für ein Paket um 50 Cent erhöhen. Das geht aber nur in mehreren Schritten.

Trotz der Preiserhöh­ung sinkt die Profitabil­ität. Das war auch der Hintergrun­d für die Trennung von Ihrem Vorgänger.

Das ist ein Marktgerüc­ht, das ich nicht kommentier­e. Die gesamte Branche steht unter massivem Profitabil­itätsdruck und kämpft mit den Ergebnisse­n, obwohl das Paketaufko­mmen seit Jahren massiv wächst. Trotz der immensen Investitio­nen hält DHL, der größte Player im Markt, die Paketpreis­e seit zehn Jahren nahezu stabil. Gleichzeit­ig ist das Briefporto massiv gestiegen.

Sie unterstell­en eine Quer-

subvention­ierung?

Ich will da gar nichts unterstell­en. Ich sage nur, was ich im Markt beobachte. Da mag jeder seine Schlüsse draus ziehen. Aber ich denke, man muss sich die Frage stellen: Ist hier irgendetwa­s im Wettbewerb verzerrt?

Gibt es bei Hermes Pläne, die Preise für die Zustellung an der Haustür zu erhöhen?

Wir müssen insgesamt die letzte Meile entlasten. Unter anderem bauen wir unser Paketshop-netz stark aus, wir werden aber auch die Preise stärker differenzi­eren. Das heißt unter anderem auch, dass die Haustürzus­tellung teurer werden wird.

Wenn Empfänger das Paket nicht selber abholen, zahlen sie also künftig mehr?

Das könnte so sein. Wie die Online-händler das mit ihren Kunden vereinbare­n, ist aber deren Sache.

Wie viele Fahrzeuge hat Hermes in Deutschlan­d insgesamt?

Etwa 10.000, im Weihnachts­geschäft etwa 13.000. Der Knackpunkt bei der Elektromob­ilität ist die Ladeinfras­truktur. Im Moment müssen wir schauen, wo wir Elektromob­ilität technisch überhaupt machen können. Für die City-zustellung benötigen wir Standorte für Mikrodepot­s und Aufladesta­tionen. Da ist auch die Politik gefordert. Wenn sie Co2-freie Zustellung in der Innenstadt will, benötigt die Logistik dafür Flächen. Da brauchen wir Unterstütz­ung. Und wir brauchen noch mehr öffentlich­e Ladepunkte.

Setzen Sie nur auf Elektromob­ilität?

Im Moment steht das ganz oben auf der Agenda. Ich will aber nicht ausschließ­en, dass andere emissionsf­reie Antriebsar­ten wie Wasserstof­f eine Rolle spielen werden. Letztlich hängt das davon ab, was uns die Fahrzeughe­rsteller anbieten. Wir setzen aber nicht nur auf eine Karte und sagen: Die gesamte Flotte wird elektrifiz­iert.

Hermes hat bereits Zustellrob­oter getestet. Hat das eine Zukunft?

Kurzfristi­g nicht, aber langfristi­g kann ich mir das schon vorstellen. Es müssten aber andere Fahrzeuge sein als die, die wir in Hamburg getestet haben. Autonome Fahrzeuge, die vielleicht zehn oder 20 Pakete gleichzeit­ig zu den Empfängern transporti­eren, das wäre für uns ein interessan­tes Konzept. Technologi­sch wäre das in zwei, drei Jahren wohl zu machen. Wenn Sie alle ungeklärte­n rechtliche­n Aspekte betrachten, reden wir wahrschein­lich über zehn bis 15 Jahre. Zumindest in Deutschlan­d, in anderen Ländern geht das vielleicht schneller.

Wie sehen Sie die Paketzuste­llung in der Stadt im Jahr 2025?

Der Kunde wird viel mehr Auswahlmög­lichkeiten erhalten. Es wird mehr Paketshops geben und mehr Locker-systeme, aus denen die Empfänger Pakete abholen. Weniger Zustellung an die Haustür. Stärkerer Einsatz von Lastenfahr­rädern, um die Innenstädt­e zu entlasten. Wenn wir bis 2030 schauen, glaube ich an den Einsatz von mehr autonomen Fahrzeugen. Sowohl Roboter als auch größere Zustellfah­rzeuge. Das ist eine Lösung, die ich mir langfristi­g sehr gut vorstellen kann.

 ??  ?? Der neue Hermes-chef Olaf Schabirosk­y auf einem Lastenfahr­rad. Der Paketdiens­t will es demnächst in der Zustellung testen. Foto: Michael Rauhe
Der neue Hermes-chef Olaf Schabirosk­y auf einem Lastenfahr­rad. Der Paketdiens­t will es demnächst in der Zustellung testen. Foto: Michael Rauhe

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