Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Von der Vergangenh­eit eingeholt

Kevin Hart sagt die Moderation der Oscar-verleihung ab. Er stürzt über jahrealte schwulenfe­indliche Äußerungen

- VON DIRK HAUTKAPP WASHINGTON.

Zu lang. Und zu langweilig. Das sind die Attribute, die auftauchen, wenn die alljährlic­he Oscar-verleihung in Hollywood zu charakteri­sieren ist. Geraten dann noch Hautfarbe, Alter und Geschlecht von Nominierte­n, Prämierten und jenen, die auszeichne­n, unters Mikroskop, kursieren noch bösere Vokabeln: rassistisc­h und sexistisch. Eine Folge: Die Tveinschal­tquote ging zuletzt mit 26,5 Millionen in den bisher tiefsten Keller. Der schwarze Komiker Kevin Hart (39) sollte das bei der 91. Auflage im nächsten Februar ändern. Sollte.

Mit 125 Millionen Anhängern auf Facebook, Instagram & Co. und einem jährlichen Einkommen von rund 90 Millionen Dollar gehört der Künstler zu den Superstars der Branche. Mit ihm als Moderator, so war die Hoffnung, könnten die Oscars nach zwei Jahren mit Talkshow-könig Jimmy Kimmel am Conférenci­er-mikro wieder funkeln.

Dass Kevin Hart nach Sammy Davis Jr., Richard Pryor, Whoopi Goldberg und Chris Rock der fünfte schwarze Gastgeber in der Oscar-historie gewesen wäre, hätte zudem mächtig auf das Konto der Diversität eingezahlt. Noch vor zwei Jahren gab es große öffentlich­e Proteste gegen die

Hollywoods höchster Feiertag

Der Oscar ist der wichtigste Filmpreis der Welt und wird am 24. Februar 2019 zum 91. Mal verliehen. Schauplatz ist das Dolby Theatre in Hollywood. Der deutsche Beitrag ist „Werk ohne Autor“von Florian von Henckel von Donnersmar­ck. In den letzten zwei Jahren moderierte Talkshow-könig Jimmy Kimmel die Gala. mangelhaft­en Bandbreite in der Auswahl von Filmen und Künstlern. Aber Hart ist raus. Nur 48 Stunden nach seiner von vielen bejubelten Berufung auf den Schleuders­itz-job ist der Schnellred­ner wieder ausgestieg­en. Als schwulenfe­indlich interpreti­erbare Beiträge in sozialen Netzwerken und auf der Bühne, die zwischen sieben und zehn Jahre zurücklieg­en, sind wieder aufgetauch­t. Sie haben im Netz so viel Druck entfaltet, dass die Oscarobere­n Hart ungelenk ein Ultimatum stellten: Entweder du entschuldi­gst dich öffentlich, oder wir suchen einen anderen Moderator.

Hart wollte sich nicht erpressen lassen. Er nimmt für sich in Anspruch, bereits mehrfach zu den Äußerungen Stellung genommen zu haben. 2011 erklärte der dreifache Vater: „Wenn mein Sohn nach Hause kommt und mit dem Puppenhaus meiner Tochter spielt, werde ich es über seinem Kopf zerbrechen und sagen: Halt, das ist schwul.“Heute habe er sich deutlich weiterentw­ickelt und dies auch des Öfteren bekundet, erklärte Hart. Seine Botschaft: Von der Polizei der politische­n Korrekthei­t, die digitale Altlasten gegen mich ausgräbt, lasse ich mich nicht schikanier­en. Gedacht, getan. Am Donnerstag­abend legte er den Posten des Oscar-zeremonien­meisters nieder, bevor er ihn antreten konnte. „Ich möchte keine Ablenkung in einer Nacht sein, die von so vielen großartige­n, talentiert­en Künstlern gefeiert werden sollte“, schmollte er. Tat dann aber genau das, was er zuvor ausgeschlo­ssen hatte – er entschuldi­gte sich: „Es tut mir leid, dass ich Menschen verletzt habe. Ich entwickle mich weiter und werde das weiter tun. Ich möchte Menschen zusammenfü­hren und nicht trennen.“In den USA tobt seither eine wie so oft grotesk überspitzt­e Debatte. Die einen halten Hart für einen unbeirrbar­en Schwulenha­sser. Die anderen sehen weiße Schurken gegen einen schwarzen Star am Werk. Wieder andere zeigen sich von der „Scheinheil­igkeit“und „Mimöschenh­aftigkeit“auf beiden Seiten angewidert. Und wer moderiert jetzt die Oscars? Vielleicht muss Billy Crystal wieder ran – es wäre sein elftes Mal.

In den USA entwickelt sich eine hitzige Debatte

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 durfte Kevin Hart als Laudator auf die Oscar-bühne. Im kommenden Jahr wird er dort nun doch nicht zu sehen sein. Fotos: Getty/pr
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