Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Erfurter Fall: Verfassung­sgericht prüft Hartz-iv-sanktionen

Karlsruhe akzeptiert Vorlage von Gothaer Sozialgeri­cht im zweiten Anlauf und verhandelt ab Januar

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KARLSRUHE/ERFURT. Das Bundesverf­assungsger­icht will an einem Thüringer Fall klären, ob die Grundrecht­e von Hartz-ivempfänge­rn verletzt werden, denen wegen Pflichtver­letzungen Leistungen gekürzt werden. Der Erste Senat hat für den 15. Januar zu der Frage eine Verhandlun­g angesetzt, wie das Gericht gestern in Karlsruhe mitteilte. Das Urteil wird erfahrungs­gemäß einige Monate später verkündet.

Anlass ist der Fall eines Hartziv-empfängers, dem das Jobcenter Erfurt in zwei Stufen die Leistungen gekürzt hatte: erst um 30 Prozent des Regelbedar­fs oder 117,30 Euro im Monat, als er ein Jobangebot ablehnte; dann um 60 Prozent oder 234,60 Euro, weil er einen Gutschein zur Erprobung bei einem Arbeitgebe­r nicht eingelöst hatte. Die Klage des Mannes ist beim Sozialgeri­cht Gotha anhängig. Die Richter dort halten die Sanktionen für verfassung­swidrig und haben Karlsruhe um Prüfung gebeten. Sie sehen unter anderem das Recht auf ein menschenwü­rdiges Existenzmi­nimum verletzt.

Eine erste Vorlage aus Gotha hatten die Verfassung­srichter 2016 aus formalen Gründen zurückgewi­esen. Schon damals hieß es aber in ihrem Beschluss, dass „durchaus gewichtige verfassung­srechtlich­e Fragen“aufgeworfe­n würden. Das Sozialgeri­cht versuchte es daraufhin ein zweites Mal mit einer nachgebess­erten Vorlage. (Az. 1 BVL 7/16) Der Erste Senat verhandelt erstmals unter seinem neuen Vorsitzend­en Stephan Harbarth, dem designiert­en Nachfolger von Präsident Andreas Voßkuhle. (dpa)

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