Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Tabakwerbung soll verschwinden
Drogenbeauftragte und Grüne wollen Außenreklame für Zigaretten zum Schutz der Konsumenten verbieten
BERLIN. Tabakwerbung auf Plakaten oder an Litfaßsäulen ist längst in allen Eu-ländern verboten. Nur eine Nation bildet die Ausnahme: Deutschland. Nun schalten Tabakkonzerne neben der klassischen Zigarettenwerbung zudem Kampagnen für die vermeintlich gesünderen Elektrokippen. Doch dies wollen Politiker jetzt verbieten. Zur Forderung nach einem kompletten Werbeverbot für Tabak und E-zigaretten gab es am Montag im Bundestag eine Anhörung. Es ist schon der zweite Anlauf, die Außenwerbung zu untersagen. Der erste war 2017 am Widerstand der Union gescheitert. Doch der Widerstand bröckelt offenbar.
„Beim Tabakaußenwerbeverbot muss Deutschland den anderen Eu-ländern folgen.“
Marlene Mortler, Drogenbeauftragte
Marlene Mortler (CSU), Drogenbeauftragte der Bundesregierung, gehört zu denen, die einen neuen Anlauf für das Verbot von Tabakwerbung unterstützen. „Unser Ziel muss sein, Jugendliche grundsätzlich davon abzuhalten, mit dem Rauchen zu beginnen – egal, mit welchem Rauchprodukt“, sagte sie. „Beim Tabakaußenwerbeverbot muss Deutschland den anderen Euländern folgen und endlich Nägel mit Köpfen machen.“
In der vergangenen Legislaturperiode war Mortler fast am Ziel: Das Bundeskabinett beschloss 2017 einen entsprechenden Gesetzentwurf. Doch Volker Kauder, der damalige Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, blockierte das Vorhaben. Unter dem neuen Fraktionschef Ralph Brinkhaus scheint die Diskussion nun anders zu laufen. Deshalb sind die Befürworter des Verbots wieder optimistisch.
Eine während der Anhörung kontrovers diskutierte Frage lautet: Verleitet Tabakwerbung auf Großplakaten und im Kino Kinder und Jugendliche dazu, mit dem Rauchen anzufangen? Jan Mücke vom Deutschen Zigarettenverband widerspricht dieser Annahme. Denn trotz stabiler Werbeausgaben sinke der Anteil der Raucher besonders unter Jugendlichen stark. Ein Totalverbot der Werbung sei zudem grundgesetzwidrig, argumentierte Mücke.
Mehrere Wissenschaftler widersprechen dieser Position. Reiner Hanewinkel vom Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung verweist auf mehrere Untersuchungen, die einen „konsistenten Zusammenhang zwischen dem Kontakt mit Werbung für Tabakprodukte und dem späteren Initiieren des Rauchens“belegten. Ähnlich argumentiert Ute Mons vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. „Ein Tabakaußenwerbeverbot ist erforderlich, wirksam und verfassungsgemäß“, so Mons. Schätzungen zufolge sterben jährlich 120.000 Bundesbürger an den Folgen des Rauchens.
Die Debatte im zuständigen Bundestagsausschuss für Ernährung und Landwirtschaft findet statt, nachdem die Grünen einen neuen Gesetzentwurf für das Tabakwerbeverbot ins Parlament eingebracht haben. Dieser lehnt sich an den gescheiterten Kabinettsbeschluss an, alle Werbung für Zigaretten und Rauchen zu verbieten. Das Verbot gälte auch für Elektrokippen wie Iqos vom Marlboro-konzern Philip Morris und moderne Ersatzglimmstängel, in denen Flüssigkeiten verdampfen. Als wichtigstes Ziel nennen die Grünen die Suchtprävention.
Heute ist Tabakwerbung bereits in Zeitungen, Zeitschriften, im Radio, Internet und Kino bis 18 Uhr verboten, sagt die grüne Abgeordnete Kirsten Kappertgonther. Nur Deutschland lasse „als einziger Staat in der Europäischen Union“noch Außenund Kinowerbung dafür zu. Zudem fordert die Linke-fraktion, auch Sponsoring durch Tabakfirmen zu beenden.
Nach der Anhörung werden nun einige Wochen oder Monate ins Land gehen, bis die Entscheidungsfindung in der Union abgeschlossen ist. Einiges deutet darauf hin, dass die CDU/CSU einen eigenen Gesetzentwurf zum Werbeverbot ins Parlament einbringen wird. Und viele Politiker der SPD dürften dies unterstützen.