Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Nordrhein-westfalen schiebt am meisten abgelehnte Asylbewerb­er ab

Thüringen schickt bis Ende Oktober 555 Menschen mit Polizeizwa­ng zurück in ihre Heimat. Bundesweit stagniert die Zahl der Rückführun­gen

- VON CHRISTIAN UNGER

BERLIN. Seit Jahren erheben vor allem konservati­ve aber auch sozialdemo­kratische Politiker „konsequent­es Abschieben“zur zentralen Säule ihrer Asylpoliti­k. Doch seit Jahren tun sich viele Bundesländ­er schwer damit, abgelehnte Asylbewerb­er zurück in ihre Heimat zu schicken, wenn diese nicht freiwillig ausreisen. Von Januar bis Oktober 2018 lag die Zahl der Menschen, die unter Zwangsmaßn­ahmen der Bundespoli­zei aus Deutschlan­d in ihre Heimat oder Drittstaat­en abgeschobe­n wurden, bei insgesamt 19.781. Rechnet man diese Zahl auf das gesamte Jahr hoch, dürften die deutschen Behörden 2018 rund 23.700 Menschen abschieben. 2017 waren es ähnlich viele: 23.966. Die Zahl stagniert. Das geht aus der Antwort auf eine Anfrage der Fdp-fraktion im Bundestag an das Bundesinne­nministeri­um hervor, die unserer Redaktion vorliegt. 2016 waren es noch 25.375 Fälle.

Die meisten abgelehnte­n Asylbewerb­er schiebt Nordrheinw­estfalen ab – von Januar bis Oktober waren es 5548 Menschen, ein leichter Anstieg (gesamtes Vorjahr: 6308). Nordrhein-westfalen nimmt als bevölkerun­gsreichste­s Bundesland jedoch auch die meisten Asylsuchen­den auf, entspreche­nd hoch ist die Zahl der Abschiebun­gen. Thüringen schob bis Ende Oktober 555 Personen ab – die Zahl liegt auf dem Niveau des Vorjahres: 2017 waren es insgesamt 657. Berlin hingegen schob mit 962 deutlich weniger Menschen ab (1645 im Vorjahr). Entspreche­nd stellen Bayern und Nordrhein-westfalen auch das Gros der Plätze für Abschiebeh­aft. Deutschlan­dweit gibt es 427 Haftplätze, die besondere Auflagen erfüllen müssen, um abgelehnte Asylsuchen­de für eine kurze Zeit einzusperr­en. Allein 140 sind in Nordrhein-westfalen, 120 in Bayern – acht Bundesländ­er haben keine eigenen Zellen, kooperiere­n aber nach eigener Aussage mit anderen Bundesländ­ern.

Für die migrations­politische Sprecherin der FDP, Linda Teuteberg, sind die Unterschie­de bei der Abschiebep­raxis „besorgnise­rregend“. Da die ostdeutsch­en Bundesländ­er keine eigenen Haftplätze für Abschiebef­älle hätten, steige „das Risiko, dass abgelehnte Asylbewerb­er untertauch­en und sich dauerhaft illegal in Deutschlan­d aufhalten“.

Linke Politiker und Flüchtling­shelfer kritisiere­n dagegen die zuletzt gestiegene Zahl von Flügen mit abgelehnte­n Asylbewerb­ern in Richtung Afghanista­n, wo jedes Jahr mehrere Tausend Menschen durch Anschläge und Gewalt von Terrorgrup­pen und Milizen sterben.

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