Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Macron kommt „Gelbwesten“entgegen
Frankreichs Präsident kündigt nach Massenprotesten Zugeständnisse in der Sozialpolitik an
PARIS. Als Reaktion auf die seit Wochen andauernden Massenproteste in Frankreich hat Präsident Emmanuel Macron in einer Tv-ansprache am Montagabend Zugeständnisse in der Sozialpolitik angekündigt. Dabei kam er den Forderungen der sogenannten Gelbwesten sehr viel weiter entgegen, als allgemein erwartet worden war. Unter anderem soll der gesetzliche Mindestlohn – derzeit liegt er bei 1498 Euro – ab dem 1. Januar um 100 Euro angehoben werden. Zudem wird die Befreiungsgrenze für Rentner, die seit dem laufenden Jahr eine höchst umstrittene Abgabenerhöhung zahlen müssen, von 1250 auf 2000 Euro erhöht.
Auf Überstunden sollen künftig weder Sozialabgaben noch Steuern erhoben werden. „Wir wollen ein Land, in dem man von seiner Arbeit in Würde leben kann“, betonte Macron. Arbeitgeber sollten, wenn sie dazu in der Lage seien, ihren Beschäftigten eine Prämie zahlen.
Der Präsident beschränkte sich nicht darauf, mehr Geld für die kleinen Leute locker zu machen, als die sich die „Gelbwesten“selber bezeichnen. Ausdrücklich bedauerte er, dass in den ersten 18 Monaten seiner Amtszeit der Eindruck entstanden sei, dass ihn ihr Schicksal nicht interessiere. Er wolle dafür sorgen, dass sich der Staat anders und weniger zentral organisiere, um auf die Bedürfnisse der Menschen in allen Regionen besser reagieren zu können.
„Mein einziger Kampf ist der für Euch“, versicherte Macron den Franzosen. Allerdings unterstrich er auch, dass „legitime Forderungen“keine Entschuldigung für „unzulässige Gewalt“seien. Eine Anspielung auf die schweren Ausschreitungen, von denen insbesondere die Pariser Demonstrationen der „Gelbwesten“begleitet wurden. Diese Gewalt, so der Präsident, werde er nicht tolerieren.
Drei von schweren Krawallen überschattete Wochenenden haben Macron die bisher größte Krise seit seinem Amtsantritt im Mai 2017 beschert. Rund drei Viertel der Franzosen sympathisieren mit den Zielen der „Gelbwesten“, die vor allem Steuersenkungen und eine Erhöhung ihrer Kaufkraft verlangen. Ob Macrons Entgegenkommen der Protestbewegung nun die Spitze nehmen kann, ist ungewiss.
Absehbar ist hingegen, dass es für Frankreich angesichts der milliardenschweren Zugeständnisse sehr schwierig wird, 2019 die Maastrichter Defizitgrenze von drei Prozent der Wirtschaftsleistung einzuhalten.