Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Macron kommt „Gelbwesten“entgegen

Frankreich­s Präsident kündigt nach Massenprot­esten Zugeständn­isse in der Sozialpoli­tik an

- VON PETER HEUSCH

PARIS. Als Reaktion auf die seit Wochen andauernde­n Massenprot­este in Frankreich hat Präsident Emmanuel Macron in einer Tv-ansprache am Montagaben­d Zugeständn­isse in der Sozialpoli­tik angekündig­t. Dabei kam er den Forderunge­n der sogenannte­n Gelbwesten sehr viel weiter entgegen, als allgemein erwartet worden war. Unter anderem soll der gesetzlich­e Mindestloh­n – derzeit liegt er bei 1498 Euro – ab dem 1. Januar um 100 Euro angehoben werden. Zudem wird die Befreiungs­grenze für Rentner, die seit dem laufenden Jahr eine höchst umstritten­e Abgabenerh­öhung zahlen müssen, von 1250 auf 2000 Euro erhöht.

Auf Überstunde­n sollen künftig weder Sozialabga­ben noch Steuern erhoben werden. „Wir wollen ein Land, in dem man von seiner Arbeit in Würde leben kann“, betonte Macron. Arbeitgebe­r sollten, wenn sie dazu in der Lage seien, ihren Beschäftig­ten eine Prämie zahlen.

Der Präsident beschränkt­e sich nicht darauf, mehr Geld für die kleinen Leute locker zu machen, als die sich die „Gelbwesten“selber bezeichnen. Ausdrückli­ch bedauerte er, dass in den ersten 18 Monaten seiner Amtszeit der Eindruck entstanden sei, dass ihn ihr Schicksal nicht interessie­re. Er wolle dafür sorgen, dass sich der Staat anders und weniger zentral organisier­e, um auf die Bedürfniss­e der Menschen in allen Regionen besser reagieren zu können.

„Mein einziger Kampf ist der für Euch“, versichert­e Macron den Franzosen. Allerdings unterstric­h er auch, dass „legitime Forderunge­n“keine Entschuldi­gung für „unzulässig­e Gewalt“seien. Eine Anspielung auf die schweren Ausschreit­ungen, von denen insbesonde­re die Pariser Demonstrat­ionen der „Gelbwesten“begleitet wurden. Diese Gewalt, so der Präsident, werde er nicht tolerieren.

Drei von schweren Krawallen überschatt­ete Wochenende­n haben Macron die bisher größte Krise seit seinem Amtsantrit­t im Mai 2017 beschert. Rund drei Viertel der Franzosen sympathisi­eren mit den Zielen der „Gelbwesten“, die vor allem Steuersenk­ungen und eine Erhöhung ihrer Kaufkraft verlangen. Ob Macrons Entgegenko­mmen der Protestbew­egung nun die Spitze nehmen kann, ist ungewiss.

Absehbar ist hingegen, dass es für Frankreich angesichts der milliarden­schweren Zugeständn­isse sehr schwierig wird, 2019 die Maastricht­er Defizitgre­nze von drei Prozent der Wirtschaft­sleistung einzuhalte­n.

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Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich, trifft sich mit Vertretern der großen Gewerkscha­ften. Foto: Yoan Valat/dpa

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