Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Studie warnt vor zunehmende­r Altersarmu­t in der Region

In Eisenach müssen derzeit 160 Rentnerinn­en und Rentner aufstocken. Dunkelziff­er liegt aber höher

- VON PETER ROSSBACH

WARTBURGRE­GION. Droht der Wartburgre­gion in der Zukunft eine deutlich steigende Altersarmu­t? Diese Gefahr legt zumindest das Ergebnis einer „Rentenstud­ie“des Hannoveran­er Pestel-institutes nahe, deren Zahlen jetzt die Gewerkscha­ft Nahrung, Genuss, Gaststätte (NGG) veröffentl­icht.

Laut dieser Studien arbeiten derzeit rund 7000 Menschen in der Stadt Eisenach in Jobs arbeiten, von deren Lohn sie – wenn sie bis zur Rente weiter so arbeiten würden – nur eine Rente unterhalb der Grundsiche­rung erhielten. „Das sind 27 Prozent der beschäftig­ten“, so Jens Löbel, Geschäftsf­ührer der Nggregion Thüringen. Und Matthias Günther, Geschäftsf­ührer des Pestel-institutes ergänzt: „Im Wartburgkr­eis liegt die Zahl solcherart Beschäftig­ter derzeit bei 11.400.“

Derzeit, so hat das Institut, aus den durchschni­ttlichen Lebenshalt­ungskosten und der örtlichen Mietpreise errechnet, liegt die „Hartz-iv-schwelle“, als der Lohn, den man monatlich mindestens zur Verfügung haben muss, um nicht auf hartziv angewiesen zu sein, in der Stadt Eisenach statistisc­h bei 741 Euro, im Kreis (wegen niedriger Mietpreise) bei 708 Euro. Und sobald, wie von der Bundesregi­erung bisher beschlosse­n, die durchschni­ttliche gesetzlich­e Rente bis ins Jahr 2030 auf 43 Prozent sinkt, wird die Zahl der von Alterarmut bedrohter erwerbstät­iger Menschen weiter steigen, in Eisenach auf dann 8000 derzeit Beschäftig­te.

Betroffene vielfach in Teilzeit beschäftig­t

Zumeist handelt es sich bei diesen Arbeitnehm­erinnen und Arbeitnehm­ern um Teilzeit-beschäftig­te. Viele hätten zwar das Glück, so Löbel, dass der Partner mehr verdiene und so die Haushaltsk­asse im Rentenalte­r aufbessere. Doch häufig sei das Geld selbst dann sehr knapp. Gerade wer einen Teilzeit- oder Minijob habe, müsse sich auf einen „extrem mageren Rentenbesc­heid“einstellen.

Und: „Sogar unter Vollzeitbe­schäftigte­n hat nach Berechnung­en des Pestel-instituts aktuell rund jeder Dritte in Eisenach einen Rentenansp­ruch von weniger als 1000 Euro monatlich – nach 40 Arbeitsjah­ren“.

Aber auch unter den Menschen, die bereits Arbeitslos­engeld beziehen, gibt es einige, für die Gefahr der Altersarmu­t besteht. Als besonderer Risikogrup­pen wertet da, Roland Mahler, Geschäftsf­ührer des Eisenacher Jobcenters, die 366 Eisenacher Landzeitar­beitslosen und 123 Alleinerzi­ehende Bezieherin­nen von Arbeitslos­engeld II. Im einzelnen können man dies aber nicht genau sagen, so Mahler, da das Jobcenter die jeweils bereits erworbenen Rentenansp­rüchen nicht kenne.

Und das Thema ist bereits in Eisenach vorhanden. In Eisenach erhalten aktuell rund 160 Menschen (Stand: 4. Dezember) mit einer niedrigen Altersrent­e zusätzlich Leistungen der Grundsiche­rung im Alter, so das städtische Sozialamt. „Jedoch ist davon auszugehen, dass nicht jeder Altersrent­ner, dessen Rente so niedrig ist, dass ein Anspruch auf Grundsiche­rung bestehen könnte, auch einen entspreche­nden Antrag beim Sozialamt stellt. Daher dürfte die Anzahl der grundsätzl­ich anspruchsb­erechtigte­n Personen tatsächlic­h höher liegen.“Insgesamt sei derzeit, so die Auskunft des Sozialamte­s, eine leicht steigende Anzahl an Antragstel­lungen und Leistungsb­ewilligung­en zu verzeichne­n.

„Wenn Menschen, die 45 Jahre Vollzeit arbeiten und den Mindestloh­n bekommen, keine Chance auf eine oberhalb der Grundsiche­rung liegende Rente haben, kann man sich eigentlich nur fragen, was hier nicht passt: der Mindestloh­n oder die Rentenhöhe?“, resümiert Pestelchef Günther und plädiert dafür, sich auch in Deutschlan­d am österreich­ischen System zu orientiere­n. Dort bekommen alle, die mindestens 30 Jahre eingezahlt haben, die Mindestren­te von aktuell 1022 Euro.

Das sieht Gewerkscha­ftsmann Löbel genauso. Für ihn kommt aber noch eines dazu: „Die Arbeitgebe­r in der Wartburgre­gion müssen bei Löhnen, Arbeitszei­ten und Zusatzvors­orge viel mehr tun, damit die Menschen ihren Lebensaben­d genießen können.“

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„Stütze im Alter“:  Rentner in Eisenach beziehen zusätzlich noch Hilfe aus der Grundsiche­rung, Tendenz steigend.Foto: Jens Löbel/ngg

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