Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Studie warnt vor zunehmender Altersarmut in der Region
In Eisenach müssen derzeit 160 Rentnerinnen und Rentner aufstocken. Dunkelziffer liegt aber höher
WARTBURGREGION. Droht der Wartburgregion in der Zukunft eine deutlich steigende Altersarmut? Diese Gefahr legt zumindest das Ergebnis einer „Rentenstudie“des Hannoveraner Pestel-institutes nahe, deren Zahlen jetzt die Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätte (NGG) veröffentlicht.
Laut dieser Studien arbeiten derzeit rund 7000 Menschen in der Stadt Eisenach in Jobs arbeiten, von deren Lohn sie – wenn sie bis zur Rente weiter so arbeiten würden – nur eine Rente unterhalb der Grundsicherung erhielten. „Das sind 27 Prozent der beschäftigten“, so Jens Löbel, Geschäftsführer der Nggregion Thüringen. Und Matthias Günther, Geschäftsführer des Pestel-institutes ergänzt: „Im Wartburgkreis liegt die Zahl solcherart Beschäftigter derzeit bei 11.400.“
Derzeit, so hat das Institut, aus den durchschnittlichen Lebenshaltungskosten und der örtlichen Mietpreise errechnet, liegt die „Hartz-iv-schwelle“, als der Lohn, den man monatlich mindestens zur Verfügung haben muss, um nicht auf hartziv angewiesen zu sein, in der Stadt Eisenach statistisch bei 741 Euro, im Kreis (wegen niedriger Mietpreise) bei 708 Euro. Und sobald, wie von der Bundesregierung bisher beschlossen, die durchschnittliche gesetzliche Rente bis ins Jahr 2030 auf 43 Prozent sinkt, wird die Zahl der von Alterarmut bedrohter erwerbstätiger Menschen weiter steigen, in Eisenach auf dann 8000 derzeit Beschäftigte.
Betroffene vielfach in Teilzeit beschäftigt
Zumeist handelt es sich bei diesen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern um Teilzeit-beschäftigte. Viele hätten zwar das Glück, so Löbel, dass der Partner mehr verdiene und so die Haushaltskasse im Rentenalter aufbessere. Doch häufig sei das Geld selbst dann sehr knapp. Gerade wer einen Teilzeit- oder Minijob habe, müsse sich auf einen „extrem mageren Rentenbescheid“einstellen.
Und: „Sogar unter Vollzeitbeschäftigten hat nach Berechnungen des Pestel-instituts aktuell rund jeder Dritte in Eisenach einen Rentenanspruch von weniger als 1000 Euro monatlich – nach 40 Arbeitsjahren“.
Aber auch unter den Menschen, die bereits Arbeitslosengeld beziehen, gibt es einige, für die Gefahr der Altersarmut besteht. Als besonderer Risikogruppen wertet da, Roland Mahler, Geschäftsführer des Eisenacher Jobcenters, die 366 Eisenacher Landzeitarbeitslosen und 123 Alleinerziehende Bezieherinnen von Arbeitslosengeld II. Im einzelnen können man dies aber nicht genau sagen, so Mahler, da das Jobcenter die jeweils bereits erworbenen Rentenansprüchen nicht kenne.
Und das Thema ist bereits in Eisenach vorhanden. In Eisenach erhalten aktuell rund 160 Menschen (Stand: 4. Dezember) mit einer niedrigen Altersrente zusätzlich Leistungen der Grundsicherung im Alter, so das städtische Sozialamt. „Jedoch ist davon auszugehen, dass nicht jeder Altersrentner, dessen Rente so niedrig ist, dass ein Anspruch auf Grundsicherung bestehen könnte, auch einen entsprechenden Antrag beim Sozialamt stellt. Daher dürfte die Anzahl der grundsätzlich anspruchsberechtigten Personen tatsächlich höher liegen.“Insgesamt sei derzeit, so die Auskunft des Sozialamtes, eine leicht steigende Anzahl an Antragstellungen und Leistungsbewilligungen zu verzeichnen.
„Wenn Menschen, die 45 Jahre Vollzeit arbeiten und den Mindestlohn bekommen, keine Chance auf eine oberhalb der Grundsicherung liegende Rente haben, kann man sich eigentlich nur fragen, was hier nicht passt: der Mindestlohn oder die Rentenhöhe?“, resümiert Pestelchef Günther und plädiert dafür, sich auch in Deutschland am österreichischen System zu orientieren. Dort bekommen alle, die mindestens 30 Jahre eingezahlt haben, die Mindestrente von aktuell 1022 Euro.
Das sieht Gewerkschaftsmann Löbel genauso. Für ihn kommt aber noch eines dazu: „Die Arbeitgeber in der Wartburgregion müssen bei Löhnen, Arbeitszeiten und Zusatzvorsorge viel mehr tun, damit die Menschen ihren Lebensabend genießen können.“