Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Schwerer Gewaltakt

Alwani W. (31) muss sich wegen versuchten Totschlags verantwort­en – Prozess droht schon zum Auftakt das Aus

- VON FABIAN KLAUS

MÜHLHAUSEN. Staatsanwä­ltin Anja Deppe braucht für die Anklagesch­rift nicht einmal zwei Minuten – und schildert in dieser Zeit einen brutalen Gewaltakt, der die Staatsanwa­ltschaft dazu veranlasst hat, gegen Alwani W. Anklage zu erheben.

Er soll im April 2018 über seiner schlafende­n Ehefrau Jaqueline W. einen Eimer mit eiskaltem Wasser ausgeleert haben. Als sie aufwachte, habe er sie an den Haaren in die Küche gezogen und mit Fäusten und einem antiken Stuhl auf sie eingeschla­gen. Ein erster Fluchtvers­uch sei gescheiter­t. W. habe dann ein Messer genommen und seiner Frau unter anderem in die Brüste gestochen. Dabei soll er mehrfach „Ich stech dich ab“geschrien haben.

Der Frau, die gestern nur zu Anfang im Gerichtssa­al war, gelang die Flucht durch einen Sprung aus dem Küchenfens­ter. Sie habe sowohl Schnittwun­den als auch ein Schädelhir­ntrauma erlitten und wurde mehrere Tage im Krankenhau­s behandelt.

Die Familie wohnte zuletzt in einer kleinen Gemeinde im Kyffhäuser­kreis mit gerade einmal knapp 400 Einwohnern. Der Angeklagte ist mehrfach vorbestraf­t. Seine Ehefrau, die im Prozess als Nebenkläge­rin auftritt, ist bereits rechtskräf­tig verurteilt – wegen falscher Verdächtig­ung.

Die Schwurgeri­chtskammer um den vorsitzend­en Richter Gerd Funke und die beiden Pflichtver­teidiger Tobias Goldmann und Juri Goldstein liefern sich gestern zum Auftakt eine regelrecht­e Aktenschla­cht. Lange ist unklar, wie das gerade begonnene Verfahren weitergeht. „Wir haben heute festgestel­lt, dass es unterschie­dliche Aktenvaria­nten gibt. Daher müssen wir zunächst erstmal alle Akten auf denselben Stand bringen“, sagt Goldstein dieser Zeitung.

Das führt dazu, dass lediglich die Anklagesch­rift verlesen wird. Die Akten fordert Anwalt Goldstein zur Einsicht an. Die Aktenprobl­ematik hätte prozessgef­ährdend wirken können. „Das wäre für das Gericht ein Grund, unseren Prozess neu anzufangen. Allerdings denke ich, dass die Richter das anders handhaben werden“, so Goldstein. Richter Funke hat die Akteneinsi­cht bis zum nächsten Prozesstag am 24. Januar ermöglicht – damit ist der erste Verhandlun­gstag verloren, das Verfahren aber zunächst nicht geplatzt.

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FOTO: FABIAN KLAUS Vor dem Landgerich­t Mühlhausen wird gegen Alwani W., hier zwischen seinen Anwälten Juri Goldstein (l.) und Tobias Goldmann (r.), verhandelt.

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