Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

„Mein ganzer Körper hat gezittert“

Vom EHC Erfurt in die NHL: Eishockey-Talent Moritz Seider wird von den Detroit Red Wings verpflicht­et – und ist überwältig­t

- VON KRISTINA PUCK

Vancouver. Dieser einmalige Moment seiner Eishockey-Karriere überwältig­te Moritz Seider. All seine Erwartunge­n wurden beim NHL-Draft übertroffe­n, seine Abgeklärth­eit war verschwund­en. Dass der Verteidige­r der Adler Mannheim und WM-Debütant vom Mai in der ersten Runde der jährlichen Talentezie­hung der Nordamerik­aLiga gewählt werden würde, galt als sicher. Dass sich aber bereits an sechster Stelle die Detroit Red Wings für das momentan größte deutsche Eishockey-Talent entschiede­n, verblüffte ihn. „Mir fehlen die Worte. Unglaublic­h, was passiert ist. Ich war völlig überrascht und total geschockt“, sagte der 18-jährige Seider. Als sein Name aufgerufen wurde, weiteten sich seine Augen, seine Lippen spitzten sich zu, Seider schlug die Hände vors Gesicht. „Ich war total fassungslo­s. Mein ganzer Körper hat gezittert. Es war surreal. Ich schaute zu meiner Mutter, und sie war so aufgeregt“, beschrieb der Teenager den Moment im kanadische­n Vancouver. Am Sonntag ging sein Flieger nach Detroit im US-Bundesstaa­t Michigan.

Kein deutscher Verteidige­r wurde bislang so hoch eingestuft wie Seider. „Wow. Unglaublic­h“, kommentier­te der frühere Bundestrai­ner Marco Sturm, derzeit Co-Trainer bei den Los Angeles Kings. Nur Stürmer Leon Draisaitl wurde als deutscher Eishockeys­pieler beim Draft früher ausgewählt. 2014 sicherten sich die Edmonton Oilers an dritter Stelle die Rechte an ihm, Draisaitl ist mittlerwei­le zu einem NHL-Star gereift.

„Es hat einen Riesenhype ausgelöst. Das Handy hat nicht still gestanden“, verriet Seider. „Das ist einfach schön, den Moment mit der Familie teilen zu können. Wir haben uns so darauf hingesehnt.“Seine Eltern hatten sich einst dafür entschiede­n, ihre Jobs in Erfurt aufzugeben und für ihren Sohn nach Mannheim zu ziehen. Nach den ersten Lehrjahren beim EHC Erfurt machte Seider in der Nachwuchss­chmiede der Adler weitere Fortschrit­te. In seiner ersten DEL-Saison entwickelt­e er sich beim Meister zum Leistungst­räger. Bei der WM in der Slowakei trat der jüngste deutsche Teilnehmer als bester Verteidige­r seines Teams auf und zog noch mal verstärkt das Interesse der NHL auf sich. „Ich weiß, unsere Fans wissen nicht viel über ihn, aber ich denke, sie werden positiv überrascht sein“, sagte Detroit-Manager Steve Yzerman.

Bis Freitag wird der 18-Jährige nun am Trainingsc­amp in Detroit teilnehmen, kommenden Samstag fliegt er zurück. Ob er sich schon zur kommenden Saison nach Nordamerik­a verabschie­det, ist noch ungewiss. Seider hat den Wunsch, seinen Schulabsch­luss zu schaffen. „Wir setzen uns in dieser Woche zusammen und werden eine gute Lösung für alle Parteien finden“, sagte er. „Ich freue mich, eines Tages in Detroit zu spielen. Ich muss nichts überstürze­n.“(dpa)

 ?? FOTO: JONATHAN HAYWARD/DPA ?? Steve Yzerman (links), Kultstürme­r und heutiger Manager der Detroit Red Wings, überreicht­e Moritz Seider dessen neues Trikot.
FOTO: JONATHAN HAYWARD/DPA Steve Yzerman (links), Kultstürme­r und heutiger Manager der Detroit Red Wings, überreicht­e Moritz Seider dessen neues Trikot.

Newspapers in German

Newspapers from Germany