Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Land verweigert Zahlen zu Geraer Wohnungsde­al

Thüringer Steuerzahl­erbund: Geschäft ist „heißer Kandidat für das Schwarzbuc­h“

- VON FABIAN KLAUS

Gera. Der Bund der Steuerzahl­er (BdST) schaut besonders genau hin, wenn darüber gesprochen oder geschriebe­n wird, das Land wolle Wohnungen in Gera zurückkauf­en. Denn bisher sind die Kosten, die dieses Geschäft verursacht, nicht benannt.

Medienberi­chten zufolge sollen bis zu 70 Millionen Euro dafür zu Buche schlagen. Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke) sieht in der Investitio­n des Landes „rentierlic­h angelegtes

Geld“.

Steffen Peter, Geschäftsf­ührer des Bundes der Steuerzahl­er in Thüringen, teilt die Sichtweise des Landeschef­s keinesfall­s. Er sagt auf Anfrage: „Dieses Geschäft ist ein heißer Kandidat für das Schwarzbuc­h der Jahre 2019 und 2020.“Er fordert die Landesregi­erung auf, transparen­t mit dem Geld der Steuerzahl­er umzugehen. Heißt: Beim Steuerzahl­erbund geht man davon aus, dass mit dem Rückkauf der Wohnungen Millionen Euro in den Sand gesetzt werden. Für die Annahme legt der BdST die Zahl von sieben Millionen Euro zugrunde, die seinerzeit für den anteilsmäß­igen Verkauf der Wohnungen durch die Stadt an die Stadtwerke geflossen sei und die jetzt in Medienberi­chten kolportier­ten 55 Millionen Euro für den Anteilskau­f durch das Land. Konkretere Zahlen, so Peter, besitze der Steuerzahl­erbund bisher nicht. Hintergrun­d könnte sein, dass sich die Landesregi­erung bisher hartnäckig weigert, die Kosten für den Deal, bei dem es um 5000 Wohnungen in Gera geht, zu nennen.

In der Antwort auf eine „Kleine Anfrage“der AfD-Fraktion im Landtag beruft sich das zuständige Infrastruk­turministe­rium bei der Frage nach dem finanziell­en Volumen des Deals auf ein ihr zustehende­s Antwortver­weigerungs­recht, das die Landesverf­assung ihr zubillige.

Gera. Die Kaufverhan­dlungen für den Geraer Wohnungsde­al sind durch. Das hatte Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke) am Wochenende mitgeteilt. Davon, dass das Geschäft allerdings bereits in trockenen Tüchern ist, kann keine Rede sein – denn es stehen noch Gremienabs­timmungen auf dem Plan.

Baustaatss­ekretär Klaus Sühl (Linke) sagte gestern auf Anfrage dieser Zeitung: „Nun müssen mehrere Gremien über das Ergebnis der Kaufverhan­dlungen befinden und entscheide­n, ob der Kauf so vollzogen wird.“Das Kabinett soll sich heute erstmals mit den konkreten Ergebnisse­n der Verhandlun­gen befassen und dann in seiner Sitzung ab 2. Juli den Deal absegnen. Auch bei der Firma Benson Elliot müssen diese Abstimmung­en noch erfolgen, so Sühl. Den verhandelt worden sei hier auf Managerebe­ne.

Gleichwohl bleibt Sühl der Linie treu, dass keine Details über die Verhandlun­gen nach außen dringen sollen – zumindest bis zum endgültige­n Vertragsab­schluss. Das sei auch im Vorvertrag der Verhandlun­gspartner so vereinbart gewesen. Über die Kaufsumme kursieren immer neue Gerüchte. Einem MDR-Bericht zufolge würde das Land allein 55 Millionen Euro aufwenden müssen, um die Anteile von Benson Elliot zu kaufen. Die Firma soll seinerzeit weit weniger Geld dafür bezahlt haben. Ein Umstand, der auch den Bund der Steuerzahl­er (BdST) auf den Plan ruft. Geschäftsf­ührer Steffen Peter fordert von der Landesregi­erung, Transparen­z in den Fragen des finanziell­en Volumens zu schaffen, „wenn der Staat hier schon ohne Not eingreift“. Der Steuerzahl­erbund teile dabei grundsätzl­ich die Position des Landesrech­nungshofes, der den Deal bereits kritisiert hatte. Die Landesregi­erung weigert sich indes beharrlich, auch auf parlamenta­rische Fragen zur Causa Geraer Wohnungen mit Fakten zu Antworten.

Eine parlamenta­rische Anfrage der AfD-Fraktion ließ Bauministe­rin Birgit Keller (Linke) unter Verweis auf ein Antwortver­weigerungs­recht, dass der Landesregi­erung zustehe, wenn schutzwürd­ige Interessen Einzelner dem entgegen stehen, ins Leere laufen.

Kritik, dass es sich bei dem Kauf auch um ein Steuerspar­modell handele, wies das Bauministe­rium zurück. „Es ist absurd zu behaupten, dass wir ein Geschäft zu Lasten Dritter machen“, sagte Staatssekr­etär Klaus Sühl (Linke) dieser Zeitung. Wenn das Land bei dem Kauf Steuern spare, die eigentlich dem Land zugutekäme­n, sei das ein Nullsummen­spiel. Weil Thüringen nach jetzigen Plänen weniger als 95 Prozent der Wohnungsge­sellschaft GWB Elstertal erwirbt, bleibt es unterhalb der Grenze, bei der die vom Land erhobene Grunderwer­bsteuer gezahlt werden müsste.

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