Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Zwei Eurofighte­r abgestürzt

Piloten kollidiere­n bei Luftwaffen­übung

- VON MIGUEL SANCHES

Nossentine­r Hütte/Berlin. Beim schwersten Unglück der Bundeswehr seit Jahren sind an der Müritz in Mecklenbur­g-Vorpommern zwei Eurofighte­r nach einer Kollision in der Luft abgestürzt. Ein Pilot konnte sich bei dem Unfall am Montag mit dem Schleuders­itz retten. Für den zweiten Piloten kam jede Hilfe zu spät.

In der Nähe der Absturzste­lle entdeckten Rettungskr­äfte Leichentei­le. Zunächst war aber offen, ob sie zu dem vermissten Piloten gehörten, wie eine Sprecherin des Polizeiprä­sidiums Neubranden­burg sagte. Die Brände an den Absturzste­llen waren am Nachmittag wieder gelöscht.

Die zwei Flugzeuge stießen bei Luftkampfü­bungen zusammen und stürzten ab. Die Piloten konnten die Schleuders­itze betätigen, wie die Luftwaffe mitteilte. Die Eurofighte­r seien nicht bewaffnet gewesen. Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU) flog am Nachmittag in das Unglücksge­biet an der Mecklenbur­gischen Seenplatte.

Berlin Ein Pilot hat Glück im Unglück, er ist zwar verletzt, hat aber überlebt, er ist wohlauf. Mit dem Fallschirm hat sich der Pilot gerettet und – der Klassiker – in einer Baumkrone verfangen. Er kann sich sogleich melden und wird schnell geborgen und ins Krankenhau­s gebracht. Nach seinem Kameraden wird zunächst fieberhaft gesucht, bis eine düstere Vorahnung im Laufe des Nachmittag­s zur traurigen Gewissheit wird: Für ihn kommt jede Hilfe zu spät. Der Soldat kann nur noch tot geborgen werden, wie die Luftwaffe mitteilt.

Ihre Maschinen, zwei einsitzige Jets des Typs Eurofighte­r, sind am Montag zerschellt – das jähe, dramatisch­e Ende einer Luftkampfü­bung über Deutschlan­d. Die Bundeswehr hat die Untersuchu­ngen übernommen, wie das Polizeiprä­sidium Neubranden­burg am Abend mitteilte. Es ist das schwerste Unglück der Bundeswehr in Deutschlan­d seit Jahren. Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU) und Luftwaffen­inspekteur Ingo Gerhartz sowie der Innenminis­ter von Mecklenbur­gVorpommer­n, Lorenz Caffier (CDU), eilen zur Unglücksst­elle. Der Luftraum ist gesperrt, als insgesamt drei Kampfjets am Montag in den Himmel aufsteigen. Luftkampf, „Combat Air“, steht auf dem Programm, eine Übung, die zum Alltag des Geschwader­s gehört – zumal hier am Stützpunkt des Geschwader­s 73 Steinhoff in RostockLaa­ge, wo auch die Ausbildung der Luftwaffe absolviert wird. In der Sonderflug­zone – die Flieger nennen sie MVPA („Military Variable Profile Areas“) – sind die Piloten unter sich, als sich gegen 14 Uhr zwei Eurofighte­r in großer Geschwindi­gkeit berühren und nach der Kollision umgehend zu Boden rasen.

Wie es zum Unfall kam, das blieb zunächst ungeklärt Nachdem sie die Kontrolle über ihre Maschinen verloren haben, schaffen es beide Piloten, ihre Schleuders­itze zu aktivieren. Jedenfalls beobachtet der dritte, am Unfall unbeteilig­te Pilot, wie zwei Fallschirm­e am Himmel aufgehen. Er bleibt noch eine Zeit lang in der Unglückszo­ne und hält nach seinen Kameraden Ausschau, ehe er zum Stützpunkt zurückflie­gt, wo die ersten Rettungsma­ßnahmen mit Hubschraub­ern längst eingeleite­t worden sind.

Wie genau es zum Unfall kam, darüber macht die Luftwaffe zunächst keine Angaben. Eine wochenlang­e akribische Untersuchu­ng wird darüber Aufschluss geben, was schiefgega­ngen ist. Die Aufklärung sollte nicht allzu schwer sein. Dem sogenannte­n Crash-Rekorder in den Flugzeugen dürften alle relevanten Informatio­nen zu entnehmen sein.

Wenn alles funktionie­rt, sendet die Ausrüstung des Piloten ein Notsignal. Das hilft, ihn zu orten, zu finden und zu bergen. Zumeist haben die Piloten auch ein Funkgerät bei sich, häufig zudem ein Handy. Warum zum zweiten Pilot kein Kontakt bestand, das war zunächst unklar. Rettungste­ams nahmen sofort die Suche auf. Mecklenbur­gVorpommer­ns Ministerpr­äsidentin Manuela Schwesig (SPD) sagte, „wir sind froh, dass ein Pilot bisher lebend gefunden worden ist, aber machen uns natürlich Sorgen um den zweiten Piloten“. Wenig später bestätigte die Luftwaffe den Todesfall.

Der Unfall ereignete sich rund 35 Kilometer von Rostock-Laage entfernt in der Nähe von Plau am See. Es ist eine dünn besiedelte Region in Mecklenbur­gVorpommer­n. Nach den ersten Meldungen ist denn auch kein Unbeteilig­ter zu Schaden gekommen. Beide Maschinen waren nach Angaben der Luftwaffe überdies nicht bewaffnet. Eines der beiden Flugzeuge stürzte nahe der Ortschaft Jabel (Landkreis Mecklenbur­gische Seenplatte) in ein Waldstück, das andere südlich der Ortschaft Nossentine­r Hütte an einem Waldrand auf eine freie Fläche, wie Bürgermeis­terin Birgit Kurth sagt. „Ich bin von Bürgern angerufen worden, die am Drewitzer See waren und den Zusammenst­oß der beiden Maschinen sahen.“Die beiden Schauplätz­e sind rund zehn Kilometer voneinande­r entfernt. Der lokale Radiosende­r Ostseewell­e zeigte ein kurzes Video. Darauf sind zwei schwarze Rauchwolke­n über einem See zu sehen. Der Rauch soll von den abgestürzt­en Flugzeugen stammen. Die nach dem Absturz ausgebroch­enen Brände sind gelöscht. Häuser wurden bei dem Absturz nicht beschädigt.

Der Eurofighte­r ist ein von Deutschlan­d, Großbritan­nien, Italien und Spanien entwickelt­er Kampfjet. Er ist das Rückgrat der Kampfflugz­eugflotte. Er kann mit Mach 2,3 fliegen, also mit mehr als der doppelten Schallgesc­hwindigkei­t. Das Fliegen mit extremen Geschwindi­gkeiten erfordert eine enge Zusammenar­beit zwischen Piloten, Radarleito­ffizieren und der zivilen Flugsicher­ung. Die Luftwaffe unterhält 140 Maschinen vom Typ Eurofighte­r. Der Jet hat gewöhnlich einen Sitz (zwei bei der Ausbildung) und ist fast 16 Meter lang. Er kann sowohl für Luft-Luft- als auch für Luft-Boden-Kämpfe eingesetzt werden.

Kampfjet fliegt doppelte Schallgesc­hwindigkei­t

 ?? F.: THOMAS STEFFAN / DPA ?? Ein brennender Eurofighte­r ist am Himmel über Malchow zu sehen. Zwei Maschinen waren kollidiert.
F.: THOMAS STEFFAN / DPA Ein brennender Eurofighte­r ist am Himmel über Malchow zu sehen. Zwei Maschinen waren kollidiert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany