Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Zwei Eurofighter abgestürzt
Piloten kollidieren bei Luftwaffenübung
Nossentiner Hütte/Berlin. Beim schwersten Unglück der Bundeswehr seit Jahren sind an der Müritz in Mecklenburg-Vorpommern zwei Eurofighter nach einer Kollision in der Luft abgestürzt. Ein Pilot konnte sich bei dem Unfall am Montag mit dem Schleudersitz retten. Für den zweiten Piloten kam jede Hilfe zu spät.
In der Nähe der Absturzstelle entdeckten Rettungskräfte Leichenteile. Zunächst war aber offen, ob sie zu dem vermissten Piloten gehörten, wie eine Sprecherin des Polizeipräsidiums Neubrandenburg sagte. Die Brände an den Absturzstellen waren am Nachmittag wieder gelöscht.
Die zwei Flugzeuge stießen bei Luftkampfübungen zusammen und stürzten ab. Die Piloten konnten die Schleudersitze betätigen, wie die Luftwaffe mitteilte. Die Eurofighter seien nicht bewaffnet gewesen. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) flog am Nachmittag in das Unglücksgebiet an der Mecklenburgischen Seenplatte.
Berlin Ein Pilot hat Glück im Unglück, er ist zwar verletzt, hat aber überlebt, er ist wohlauf. Mit dem Fallschirm hat sich der Pilot gerettet und – der Klassiker – in einer Baumkrone verfangen. Er kann sich sogleich melden und wird schnell geborgen und ins Krankenhaus gebracht. Nach seinem Kameraden wird zunächst fieberhaft gesucht, bis eine düstere Vorahnung im Laufe des Nachmittags zur traurigen Gewissheit wird: Für ihn kommt jede Hilfe zu spät. Der Soldat kann nur noch tot geborgen werden, wie die Luftwaffe mitteilt.
Ihre Maschinen, zwei einsitzige Jets des Typs Eurofighter, sind am Montag zerschellt – das jähe, dramatische Ende einer Luftkampfübung über Deutschland. Die Bundeswehr hat die Untersuchungen übernommen, wie das Polizeipräsidium Neubrandenburg am Abend mitteilte. Es ist das schwerste Unglück der Bundeswehr in Deutschland seit Jahren. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und Luftwaffeninspekteur Ingo Gerhartz sowie der Innenminister von MecklenburgVorpommern, Lorenz Caffier (CDU), eilen zur Unglücksstelle. Der Luftraum ist gesperrt, als insgesamt drei Kampfjets am Montag in den Himmel aufsteigen. Luftkampf, „Combat Air“, steht auf dem Programm, eine Übung, die zum Alltag des Geschwaders gehört – zumal hier am Stützpunkt des Geschwaders 73 Steinhoff in RostockLaage, wo auch die Ausbildung der Luftwaffe absolviert wird. In der Sonderflugzone – die Flieger nennen sie MVPA („Military Variable Profile Areas“) – sind die Piloten unter sich, als sich gegen 14 Uhr zwei Eurofighter in großer Geschwindigkeit berühren und nach der Kollision umgehend zu Boden rasen.
Wie es zum Unfall kam, das blieb zunächst ungeklärt Nachdem sie die Kontrolle über ihre Maschinen verloren haben, schaffen es beide Piloten, ihre Schleudersitze zu aktivieren. Jedenfalls beobachtet der dritte, am Unfall unbeteiligte Pilot, wie zwei Fallschirme am Himmel aufgehen. Er bleibt noch eine Zeit lang in der Unglückszone und hält nach seinen Kameraden Ausschau, ehe er zum Stützpunkt zurückfliegt, wo die ersten Rettungsmaßnahmen mit Hubschraubern längst eingeleitet worden sind.
Wie genau es zum Unfall kam, darüber macht die Luftwaffe zunächst keine Angaben. Eine wochenlange akribische Untersuchung wird darüber Aufschluss geben, was schiefgegangen ist. Die Aufklärung sollte nicht allzu schwer sein. Dem sogenannten Crash-Rekorder in den Flugzeugen dürften alle relevanten Informationen zu entnehmen sein.
Wenn alles funktioniert, sendet die Ausrüstung des Piloten ein Notsignal. Das hilft, ihn zu orten, zu finden und zu bergen. Zumeist haben die Piloten auch ein Funkgerät bei sich, häufig zudem ein Handy. Warum zum zweiten Pilot kein Kontakt bestand, das war zunächst unklar. Rettungsteams nahmen sofort die Suche auf. MecklenburgVorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) sagte, „wir sind froh, dass ein Pilot bisher lebend gefunden worden ist, aber machen uns natürlich Sorgen um den zweiten Piloten“. Wenig später bestätigte die Luftwaffe den Todesfall.
Der Unfall ereignete sich rund 35 Kilometer von Rostock-Laage entfernt in der Nähe von Plau am See. Es ist eine dünn besiedelte Region in MecklenburgVorpommern. Nach den ersten Meldungen ist denn auch kein Unbeteiligter zu Schaden gekommen. Beide Maschinen waren nach Angaben der Luftwaffe überdies nicht bewaffnet. Eines der beiden Flugzeuge stürzte nahe der Ortschaft Jabel (Landkreis Mecklenburgische Seenplatte) in ein Waldstück, das andere südlich der Ortschaft Nossentiner Hütte an einem Waldrand auf eine freie Fläche, wie Bürgermeisterin Birgit Kurth sagt. „Ich bin von Bürgern angerufen worden, die am Drewitzer See waren und den Zusammenstoß der beiden Maschinen sahen.“Die beiden Schauplätze sind rund zehn Kilometer voneinander entfernt. Der lokale Radiosender Ostseewelle zeigte ein kurzes Video. Darauf sind zwei schwarze Rauchwolken über einem See zu sehen. Der Rauch soll von den abgestürzten Flugzeugen stammen. Die nach dem Absturz ausgebrochenen Brände sind gelöscht. Häuser wurden bei dem Absturz nicht beschädigt.
Der Eurofighter ist ein von Deutschland, Großbritannien, Italien und Spanien entwickelter Kampfjet. Er ist das Rückgrat der Kampfflugzeugflotte. Er kann mit Mach 2,3 fliegen, also mit mehr als der doppelten Schallgeschwindigkeit. Das Fliegen mit extremen Geschwindigkeiten erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Piloten, Radarleitoffizieren und der zivilen Flugsicherung. Die Luftwaffe unterhält 140 Maschinen vom Typ Eurofighter. Der Jet hat gewöhnlich einen Sitz (zwei bei der Ausbildung) und ist fast 16 Meter lang. Er kann sowohl für Luft-Luft- als auch für Luft-Boden-Kämpfe eingesetzt werden.
Kampfjet fliegt doppelte Schallgeschwindigkeit