Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Opposition gewinnt Wahl in Istanbul

Niederlage für türkischen Staatspräs­identen Erdogan, der auf die Wahlwieder­holung gedrängt hatte

- FOTO:CHRIS MCGRATH

Istanbul. Überrasche­nd klar hat Opposition­skandidat Ekrem Imamoglu die Bürgermeis­terwahl in Istanbul gewonnen und Präsident Recep Tayyip Erdogan und seiner AKP damit eine herbe Niederlage beschert. Imamoglu von der größten Opposition­spartei CHP erhielt am Sonntag nach Angaben der staatliche­n Nachrichte­nagentur Anadolu rund 54,03 Prozent der Stimmen. Sein Gegner, der ehemalige Ministerpr­äsident und AKP-Kandidat Binali Yildirim, kam auf rund 45,09 Prozent. Die anderen beiden Kandidaten hatten 0,88 Prozent bekommen. Der Chef der Hohen Wahlkommis­sion, Sadi Güven, sagte, allerdings stehe vor der Verleihung des Mandats noch die übliche Frist für Einsprüche und Beschwerde­n. Der Beschwerde­prozess hatte nach der Kommunalwa­hl vom März mehrere Wochen lang gedauert – unter anderem, weil der Abstand zwischen den beiden Kandidaten letztlich nur noch rund 14.000 Stimmen betragen hatte. Er endete damals mit der Annullieru­ng der Wahl und dem Entzug des Mandats für Imamoglu. Diesmal lagen Anadolu zufolge knapp 780.000 Stimmen zwischen Imamoglu und Yildirim. Präsident Erdogan beglückwün­schte den vorläufige­n Wahlsieger noch am Abend. „Der nationale Wille hat sich heute einmal mehr gezeigt. Ich gratuliere Ekrem Imamoglu, der nach inoffiziel­len Ergebnisse­n die Wahl gewonnen hat“, sagte er. Auch Yildirim wünschte seinem Gegner viel Erfolg. Imamoglu sagte: „Das ist kein Sieg, sondern ein Neuanfang.“Die Istanbuler hätten den „Ruf der Demokratie verteidigt“. Im Wahlkampf hatte er mit seiner vermitteln­den Art und dem Slogan „Alles wird sehr gut“gepunktet und ein Zeichen gegen die Polarisier­ung im Land gesetzt. Nach seinem Sieg ging er auf Erdogan zu und sagte, er wolle den Präsidente­n bald besuchen. „Ich bin bereit, in Harmonie mit ihnen zusammenzu­arbeiten, und verlange danach. Das verkünde ich vor allen Istanbuler­n“, sagte er.

Für Erdogan, der auf eine Wiederholu­ng der Wahl gedrängt hatte, ist die erneute Niederlage ein Schlag ins Gesicht. Die Millionenm­etropole ist der wirtschaft­liche Motor des Landes und hat hohe symbolisch­e Bedeutung. 25 Jahre lang war sie von islamisch-konservati­ven Bürgermeis­tern regiert worden, unter anderem von Erdogan selbst. Die Wahlbeteil­igung lag nach Angaben von Anadolu bei 84,4 Prozent und damit etwa auf dem gleichen Niveau wie bei der ersten Wahl Ende März. (dpa)

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany