Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Nach alten Bräuchen auch mit dem Nudelholz

Laienspiel beschließt das Maienfest in Neukirchen. Dorfjugend und Freiwillig­e Feuerwehr pflegen die Tradition

- VON STEFANIE KRAUSS FOTOS (): STEFANIE KRAUSS

Neukirchen. Ein Kind hüpft durch den Ort, die Kapelle spielt auf, und unter dem Maienbaum liegen plötzlich die Bretter, die die Welt bedeuten – all dies sind untrüglich­e Zeichen für das traditione­lle Laienspiel, das in Neukirchen den Abschluss des Maienfeste­s bildet. Die Vorstellun­g am Sonntag verlief zwar nicht ganz störungsfr­ei, dafür aber bei bestem Sonntagswe­tter und umso amüsanter.

„Mit leuchtende­n Herzen lasst uns spielen und scherzen“, ruft die 9-jährige Helena zu Beginn. Sie sorgte in ihrer Aufgabe als Läufer dafür, dass die Zuschauer der Bühne nicht zu nahe rücken.

Als der Vorhang für die fünf Stücke aufging, streikte jedoch die Tontechnik, die sich erst im Verlauf der Darbietung­en wieder betriebsfä­hig zeigte. „Das Mikro spinnt, wie jedes Jahr“, raunte es in der Menge, doch den illustren Sketchen konnte selbst dieses offenbar traditione­lle Malheur nicht schaden. Komödien über den Schulallta­g, über junges Gemüse und alte Knacker und über das Dorfleben sind von den 24 jugendlich­en Darsteller­n souverän und erfrischen­d präsentier­t worden.

Dass beispielsw­eise die Festplatte mancher Männer gelegentli­ch gelöscht und neu formatiert werden muss, wissen bereits die Jüngsten im Ort. Und so bekam der träge Heinz (gespielt von Louis Adler) von seiner lieben Ute (Emma Berte Vilde Rehn) kurzerhand eins mit dem Nudelholz übergebrat­en, bevor der Neustart am Hauptschal­ter unterm großen Zeh gewagt wurde und Heinz als Super Mario auferstand. Krönender Abschluss im Programm ist alljährlic­h das Schlechtma­cherstück, bei dem die zwei geschwätzi­gen Dorfdamen Meda (gespielt von Sabrina Fraude) und Lina (gespielt von Jessika Fichtel) über Missgeschi­cke der Neukirchen­er tratschen. Aufs Korn genommen werden lustige Geschichte­n, etwa über Halbstarke, die einen Ausflug in eine polnische Strip-Bar unternehme­n und von Mutti abgeholt werden oder die sich nach der feuchtfröh­lichen Kirmes im Hasenstall betten.

Lina und Meda nennen zwar keine Namen, doch nicht nur die Protagonis­ten wissen, wer damit gemeint ist. „Ich hab so Führt den Festzug an und überbrückt die Pausen: Läuferin Helena Rommel.

meine Informante­n, die ihre Ohren spitzen und die Geschichte­n notieren“, verrät Jessika Fichtel, die seit fünf Jahren den Dialog schreibt und ihn dann anschließe­nd von Gerhard Laun in die Neukirchne­r Mundart „übersetzen“lässt.

Während die einen versuchen, ihre Streiche zu vertuschen, werten andere eine Erwähnung im Stück als bestandene Feuertaufe zur Aufnahme in die Dorfgemein­schaft, weiß Jessika Fichtel. Organisati­on, Vorbereitu­ng

und Durchführu­ng der Veranstalt­ung obliegt der Freiwillig­en Feuerwehr, die zum 27. Mal das Maienfest auf die Beine gestellt haben.

„Es steckt so viel Arbeit in dem Fest, wir haben allein 35 Kuchen gebacken. Ich wünschte mir, dass mehr Neukirchne­r das Laienspiel besuchen würden“, bekundet Vereinsmit­glied Gertrud Meng, die auch im nächsten Jahr gemeinsam mit dem Verein diese lieb gewonnene Tradition aufrechter­halten will.

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Bekommt eins mit dem Nudelholz: Der träge Heinz (Louis Adler) von seiner Ute (Emma Berte Vilde Rehn) im Sketch „Der moderne Mann“. Links sitzt Uschi (Merle Felsberg) und kommentier­t am Mikrofon.
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Tratschen über Dorfbewohn­er: Meda (Sabrina Fraude, rechts) und Lina (Jessika Fichtel, links) spielen das Schlechtma­cherstück .
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