Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Violinkonzert ohne Violine bei Telemann-Tagen
Schüler und Lehrer der Musikschule Eisenach beweisen, dass Alte Musik ganz neu klingen kann
Eisenach. Das Eröffnungskonzert der Eisenacher TelemannTage von einer Musikschule bestreiten zu lassen, ist an sich schon ein Wagnis. Die Schüler und Lehrer der Musikschule „Johann Sebastian Bach“aus Eisenach bewiesen noch mehr Mut, indem sie Musik von Telemann sowie aus der Zeit des Komponisten auf teilweise sehr originelle, und auf völlig neue Weise interpretierten.
Unter dem Motto „Hortus Musicus – der musikalische Garten“wurde in der Nikolaikirche ein tatsächlich farbenfroher, herzerfrischender Blumenstrauß präsentiert. Und dank der hervorragenden Leistungen der Lehrer und der „Jugend musiziert“-prämierten Schüler war es auch ein überaus würdiger Start für die Telemanntage. Obwohl Konzerte der Musikschule regelmäßig veranstaltet werden, gab es gleich mehrere Neuheiten. Zum Beispiel, dass das Jugendsinfonie-Orchester nicht nur mit zwei bis drei Titeln zu hören war, sondern den kompletten ersten Konzertteil übernahm. Orchesterleiter Christoph Peter hatte die Kompositionen so bearbeitet, dass sie mit der Besetzung des Orchesters harmonierten.
Blockflöten, Xylofon und zwei Akkordeons
Da gab es nicht nur Werke von Georg Philipp Telemann, sondern auch von Zeitgenossen – bekannte wie Johann Sebastian Bach und Antonio Vivaldi, aber auch unbekanntere wie der hier aus der Region stammende Johann Melchior Molter.
Die Schüler sorgten in der Kirche für wundervolle Klänge. Besonders beeindruckten Blockflöten-Soli von Anna Emilia Klinkhardt und Marlene Lufen sowie als außergewöhnliche Idee ein Violinkonzert, in dem der Solist Niklas Sachs Xylofon statt Violine spielte. Bereits für diesen Teil des Konzertes gab es viel Applaus, im zweiten Teil nach dem Umbau folgten dann Einzeldarbietungen.
Zum Beispiel ebenfalls ein Violinenstück ganz ohne Violine: Maria Klar und ihre Lehrerin Natalia Alencova spielten eine Komposition von Telemann auf herzerfrischende, außergewöhnliche Weise. Oder eine Komposition mal nicht aus Telemanns Zeit, dafür aber in seinem Stil: Eine „Kleine Barock-Suite“von Franz Reinl mit zwei Akkordeons von Jana Hering und Paul Quehl interpretiert.
Der Kontrabassist Alexej Pfeiffer, begleitet von Mutter Dina Pfeiffer am Klavier, bewies erneut sein außergewöhnliches Können angesichts seines jungen Alters mit einer Sonate von Giovanni Lorenzo Lulier. Und schließlich sorgten auch verschiedene Lehrer-Ensembles für das Gelingen des Abends, zum Beispiel die Sängerin Carola Fischer, begleitet von Gesina Schiller-Hardt (Querflöte) und Monika Ripamonti (Cembalo), Monica Ripamonti mit einem Solo-Einsatz und als wohl mutigster Beitrag eine Ouvertüre von Telemann, die der Jazz-Pianist Stefan Kling radikal und keck bearbeitet hatte und so ein zuweilen sehr zeitgenössisch klingendes Stück entstand, in das sogar Latin-, Blues und Swing-Klänge einflossen.
Er spielte selbst, meist als Improvisation, und Gesina Schiller-Hardt steuerte zauberhafte Flötenklänge bei. Zum Abschluss dann ein ebenfalls sehr radikal interpretiertes Werk von Telemann: Die Ouvertüre für Streicher „La Putain“(„Die Dirne“) komplett ohne Streicher, dafür vom gemischten LehrerEnsemble mit Klavier, Cembalo, Akkordeon, Flöte, Percussion und Kontrabass dargeboten. Mit Titeln wie „die Bauern Kirchweyh“und „der Vetter Michael Ziehbart“ein sehr beschwingter, humorvoller Beitrag.
Beate Stübing führte professionell durchs Programm und dankte allen Unterstützern, ganz besonders Natalia Alencova als Vorsitzende des Kammermusikvereins der Wartburgstadt.
Zum Abschluss gab es langen und heftigen Beifall für dieses hervorragende Konzert, mit dem die Musikschule einmal mehr Profil bewies sowie dank der beherzten Bearbeitungen zeigte, dass Altes auch neu klingen kann.