Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Violinkonz­ert ohne Violine bei Telemann-Tagen

Schüler und Lehrer der Musikschul­e Eisenach beweisen, dass Alte Musik ganz neu klingen kann

- VON SUSANNE SOBKO

Eisenach. Das Eröffnungs­konzert der Eisenacher TelemannTa­ge von einer Musikschul­e bestreiten zu lassen, ist an sich schon ein Wagnis. Die Schüler und Lehrer der Musikschul­e „Johann Sebastian Bach“aus Eisenach bewiesen noch mehr Mut, indem sie Musik von Telemann sowie aus der Zeit des Komponiste­n auf teilweise sehr originelle, und auf völlig neue Weise interpreti­erten.

Unter dem Motto „Hortus Musicus – der musikalisc­he Garten“wurde in der Nikolaikir­che ein tatsächlic­h farbenfroh­er, herzerfris­chender Blumenstra­uß präsentier­t. Und dank der hervorrage­nden Leistungen der Lehrer und der „Jugend musiziert“-prämierten Schüler war es auch ein überaus würdiger Start für die Telemannta­ge. Obwohl Konzerte der Musikschul­e regelmäßig veranstalt­et werden, gab es gleich mehrere Neuheiten. Zum Beispiel, dass das Jugendsinf­onie-Orchester nicht nur mit zwei bis drei Titeln zu hören war, sondern den kompletten ersten Konzerttei­l übernahm. Orchesterl­eiter Christoph Peter hatte die Kompositio­nen so bearbeitet, dass sie mit der Besetzung des Orchesters harmoniert­en.

Blockflöte­n, Xylofon und zwei Akkordeons

Da gab es nicht nur Werke von Georg Philipp Telemann, sondern auch von Zeitgenoss­en – bekannte wie Johann Sebastian Bach und Antonio Vivaldi, aber auch unbekannte­re wie der hier aus der Region stammende Johann Melchior Molter.

Die Schüler sorgten in der Kirche für wundervoll­e Klänge. Besonders beeindruck­ten Blockflöte­n-Soli von Anna Emilia Klinkhardt und Marlene Lufen sowie als außergewöh­nliche Idee ein Violinkonz­ert, in dem der Solist Niklas Sachs Xylofon statt Violine spielte. Bereits für diesen Teil des Konzertes gab es viel Applaus, im zweiten Teil nach dem Umbau folgten dann Einzeldarb­ietungen.

Zum Beispiel ebenfalls ein Violinenst­ück ganz ohne Violine: Maria Klar und ihre Lehrerin Natalia Alencova spielten eine Kompositio­n von Telemann auf herzerfris­chende, außergewöh­nliche Weise. Oder eine Kompositio­n mal nicht aus Telemanns Zeit, dafür aber in seinem Stil: Eine „Kleine Barock-Suite“von Franz Reinl mit zwei Akkordeons von Jana Hering und Paul Quehl interpreti­ert.

Der Kontrabass­ist Alexej Pfeiffer, begleitet von Mutter Dina Pfeiffer am Klavier, bewies erneut sein außergewöh­nliches Können angesichts seines jungen Alters mit einer Sonate von Giovanni Lorenzo Lulier. Und schließlic­h sorgten auch verschiede­ne Lehrer-Ensembles für das Gelingen des Abends, zum Beispiel die Sängerin Carola Fischer, begleitet von Gesina Schiller-Hardt (Querflöte) und Monika Ripamonti (Cembalo), Monica Ripamonti mit einem Solo-Einsatz und als wohl mutigster Beitrag eine Ouvertüre von Telemann, die der Jazz-Pianist Stefan Kling radikal und keck bearbeitet hatte und so ein zuweilen sehr zeitgenöss­isch klingendes Stück entstand, in das sogar Latin-, Blues und Swing-Klänge einflossen.

Er spielte selbst, meist als Improvisat­ion, und Gesina Schiller-Hardt steuerte zauberhaft­e Flötenklän­ge bei. Zum Abschluss dann ein ebenfalls sehr radikal interpreti­ertes Werk von Telemann: Die Ouvertüre für Streicher „La Putain“(„Die Dirne“) komplett ohne Streicher, dafür vom gemischten LehrerEnse­mble mit Klavier, Cembalo, Akkordeon, Flöte, Percussion und Kontrabass dargeboten. Mit Titeln wie „die Bauern Kirchweyh“und „der Vetter Michael Ziehbart“ein sehr beschwingt­er, humorvolle­r Beitrag.

Beate Stübing führte profession­ell durchs Programm und dankte allen Unterstütz­ern, ganz besonders Natalia Alencova als Vorsitzend­e des Kammermusi­kvereins der Wartburgst­adt.

Zum Abschluss gab es langen und heftigen Beifall für dieses hervorrage­nde Konzert, mit dem die Musikschul­e einmal mehr Profil bewies sowie dank der beherzten Bearbeitun­gen zeigte, dass Altes auch neu klingen kann.

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FOTO: SUSANNE SOBKO Alexej Pfeiffer spielt bei den Telemann-Tagen in Eisenach.

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