Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Olympische Nöte

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Die gute Nachricht: Nach 20 Jahren kehren die Winterspie­le 2026 nach Mitteleuro­pa, sogar nach Italien, zurück. Die schlechte: Es wird in Mailand ein Olympia der weiten Wege. Tomba la Bomba und Victoria, der einstige Skistar und Schwedens Kronprinze­ssin. Der prominente Aufmarsch verlieh dem Showdown der beiden letzten verblieben­en Bewerber – Mailand hier, Stockholm dort – gestern Abend zweifellos Glanz. Über das eigentlich­e Dilemma hinwegtäus­chen konnte er nicht. Dem IOC gehen die Kandidaten aus. Was früher ein Wettstreit vieler Bewerberst­ädte war, eine Wahl, erweist sich für die Herren der Ringe immer mehr als Qual. Letztlich stand das IOC vor einer Frage: Wem soll es mehr vertrauen? Den staatliche­n Bürgen des wirtschaft­lich wackligen Italiens oder den eher diffusen Verspreche­n der starken schwedisch­en Privatwirt­schaft. Dass auch Mailand seine Garantien verspätet einreichte, egal. Dass es dezentrale Spiele werden, auch. Nur um diesen Preis war der Rückhalt der Menschen zu haben – indem man, vernünftig­erweise, weitgehend auf vorhandene Sportstätt­en zwischen Cortina, dem Fleimstal und San Siro setzte. Dass die Olympier den Bewerbern mehr denn je entgegenko­mmen, hat weniger mit einem veränderte­n Bewusstsei­n in der olympische­n Zentrale zu tun. Es ist der Not geschuldet. Das IOC muss nehmen, was es bekommt. Mit Innsbruck, Sapporo oder Sion hatten sich im Rennen um 2026 traditione­lle Regionen vorab verabschie­det. Mal waren es die Bürger, mal die Politik, mal das IOC selbst (im Falle des türkischen Erzurum). Nicht einmal im sportverrü­ckten Kanada war mit Calgary, dem Gastgeber von 1988, neun Jahre nach den glänzenden Spielen von Vancouver noch ein olympische­r Blumentopf zu gewinnen.

Auch das ist keine gute Nachricht für die Olympier. Das Misstrauen in sie sitzt noch immer tief.

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