Thüringische Landeszeitung (Eisenach)
Ein Profi in Sachen Fairplay
Das „Tretschok Fußballzentrum“trainiert mit 30 Nachwuchskickern der SG Ruhla und vermittelt wichtige Werte
Ruhla. Für 30 Jungen und Mädchen der SG Ruhla/WuthaFarnroda war das Wochenende ein kleines Fußballfest, erlebnisund lehrreich zugleich. Die jungen Kicker von F- bis D-Junioren durften beim „Sparkassen-Fairplay-Fußball-Camp“im Ruhlaer Stadion munter dribbeln, passen und viele Tore schießen. Und das Beste daran: Die Kinder, besser gesagt ihre Eltern, brauchten keinen Cent dafür zu bezahlen, denn die WartburgSparkasse übernahm die Teilnehmergebühren. Jedes Kind erhielt zudem ein Ausrüstungspaket bestehend aus Ball, Trikot und Trinkflasche.
Schon der Titel des zweitägigen Trainingslagers macht deutlich, was den Ausrichtern vom „René Tretschok Fußballzentrum“und den Projektpartnern dieses Camps am Herzen liegt – die Verbindung von Fußball und Fairplay. Deshalb fanden sich auf dem Ablaufplan nicht nur Trainingseinheiten mit Ball und verschiedene Spielformen, sondern auch ein Workshop zu Fairplay, Respekt und Integration. Spielerisch werden den Jungen und Mädchen diese Themen vermittelt. Auf Lego-Steinen konnten die Kinder mit kurzen Schlagwörtern notieren, was sie sich unter Fairplay im Fußball vorstellen. „Mit den anderen Camps kommen mittlerweile insgesamt 20 000 Steine zusammen, aus denen beim Fairplay-Soccer-Finale in Prora ein drei Meter hoher Turm entsteht. Und der wird dem Deutschen Olympischen Sportbund übergeben“, sagt René Tretschok, der einst im Trikot von Borussia Dortmund als Champions-League-Sieger und zweifacher Deutscher Meister seine größten Erfolge feierte.
Schon als Bundesligaspieler gründete Tretschok 1995 seine Fußballschule und initiierte Street-Soccer-Turniere. Sei einigen Jahren richtet er die Fairplay-Camps aus, damit auch „Kinder, die sich das sonst nicht leisten können, mitmachen können“, so der Ex-Profi. Erstmals war der gebürtige Wolfener nun zu Gast in Ruhla. Er reiste am zweiten Tag an, war überwältigt von der „Offenheit der Thüringer“und der guten Organisation des gastgebenden Erbstromtaler FC 08. Einen Steinwurf von Ruhla entfernt, in Bad Salzungen, so erinnerte er sich, sei er einst als Neuntklässler DDRSchülermeister im Leichtathletik-Vierkampf geworden. Ja, der Sport habe immer sein Leben bestimmt. Zu diesem Zeitpunkt stand längst der Fußball im Mittelpunkt. Tretschok begann bei der BSG Chemie Wolfen, wechselte dann zum Halleschen FC . Als er gerade 21 und damit im besten Fußballalter war, fiel die Mauer. „Da ergaben sich auch für mich neue Möglichkeiten. Die Bundesliga war auf einmal erreichbar.“Dortmund verpflichtete ihn, später führte ihn der Weg zum 1. FC Köln und zu Hertha BSC, wo wo er nach dem Laufbahnende 2003 einige Jahre als Trainer der U 19 fungierte. Unter seinen Fittichen hatte er damals auch den aktuellen DFBNationalspieler Nico Schulz. Wenn er die Bundesliga verfolge, dann schlagen heute in seiner Brust ein schwarz-gelbes und ein weiß-blaues Herz. Denn seine Tochter Anna wurde in Dortmund geboren, sein Sohn Ronan, der zum Trainerteam der Fußballschule zählt, in Berlin. Beruflich hat sich Tretschok längst umorientiert – weg vom Kommerz-Fußball, bei dem nur die Ergebnisse zählen, hin zum Fußball als schönste Nebendache, als Kommunikations- und Integrationsmittel, wie er sagt. Für Tausende Jungen und Mädchen organisiert er im Jahr die Soccerturniere, zudem regelmäßige Wochenend-Camps. „Insgesamt kommen im Jahr so etwa 80 Events zusammen. Das ist schon ein Fulltime-Job, macht aber unglaublich viel Spaß“, sagt Tretschok. Eine Rückkehr als Trainer in den bezahlten Fußball kann er sich nur schwer vorstellen, auch wenn er in Berliner Medien kürzlich als möglicher Co von Herthas neuem Coach Ante Covic gehandelt wurde. Die Jungen und Mädchen, die er im Ruhlaer Stadion trainierte, haben Tretschok nie aktiv erlebt. Bei seinem Laufbahnende waren sie noch nicht geboren. Dennoch löcherten sie den 50Jährigen mit Fragen zur persönlichen Entwicklung und hörten gespant zu, als Tretschok über seine turbulente Karriere und die Bedeutung von Fairness redete. Viele Eltern, darunter einige BVB-Fans, verfolgten das Geschehen und sahen, dass ihre Kinder sehr viel Freude hatten. Den Abschluss des zweitägigen Camps bildeten eine MiniWM und ein Spielchen Trainerteam gegen Väter, bei dem Tretschok selbst mitkickte und betonte: „Fairplay soll natürlich an erster Stelle stehen.“