Thüringische Landeszeitung (Eisenach)

Ein Profi in Sachen Fairplay

Das „Tretschok Fußballzen­trum“trainiert mit 30 Nachwuchsk­ickern der SG Ruhla und vermittelt wichtige Werte

- VON MIKE EL ANTAKI MIKE EL ANTAKI

Ruhla. Für 30 Jungen und Mädchen der SG Ruhla/WuthaFarnr­oda war das Wochenende ein kleines Fußballfes­t, erlebnisun­d lehrreich zugleich. Die jungen Kicker von F- bis D-Junioren durften beim „Sparkassen-Fairplay-Fußball-Camp“im Ruhlaer Stadion munter dribbeln, passen und viele Tore schießen. Und das Beste daran: Die Kinder, besser gesagt ihre Eltern, brauchten keinen Cent dafür zu bezahlen, denn die WartburgSp­arkasse übernahm die Teilnehmer­gebühren. Jedes Kind erhielt zudem ein Ausrüstung­spaket bestehend aus Ball, Trikot und Trinkflasc­he.

Schon der Titel des zweitägige­n Trainingsl­agers macht deutlich, was den Ausrichter­n vom „René Tretschok Fußballzen­trum“und den Projektpar­tnern dieses Camps am Herzen liegt – die Verbindung von Fußball und Fairplay. Deshalb fanden sich auf dem Ablaufplan nicht nur Trainingse­inheiten mit Ball und verschiede­ne Spielforme­n, sondern auch ein Workshop zu Fairplay, Respekt und Integratio­n. Spielerisc­h werden den Jungen und Mädchen diese Themen vermittelt. Auf Lego-Steinen konnten die Kinder mit kurzen Schlagwört­ern notieren, was sie sich unter Fairplay im Fußball vorstellen. „Mit den anderen Camps kommen mittlerwei­le insgesamt 20 000 Steine zusammen, aus denen beim Fairplay-Soccer-Finale in Prora ein drei Meter hoher Turm entsteht. Und der wird dem Deutschen Olympische­n Sportbund übergeben“, sagt René Tretschok, der einst im Trikot von Borussia Dortmund als Champions-League-Sieger und zweifacher Deutscher Meister seine größten Erfolge feierte.

Schon als Bundesliga­spieler gründete Tretschok 1995 seine Fußballsch­ule und initiierte Street-Soccer-Turniere. Sei einigen Jahren richtet er die Fairplay-Camps aus, damit auch „Kinder, die sich das sonst nicht leisten können, mitmachen können“, so der Ex-Profi. Erstmals war der gebürtige Wolfener nun zu Gast in Ruhla. Er reiste am zweiten Tag an, war überwältig­t von der „Offenheit der Thüringer“und der guten Organisati­on des gastgebend­en Erbstromta­ler FC 08. Einen Steinwurf von Ruhla entfernt, in Bad Salzungen, so erinnerte er sich, sei er einst als Neuntkläss­ler DDRSchüler­meister im Leichtathl­etik-Vierkampf geworden. Ja, der Sport habe immer sein Leben bestimmt. Zu diesem Zeitpunkt stand längst der Fußball im Mittelpunk­t. Tretschok begann bei der BSG Chemie Wolfen, wechselte dann zum Halleschen FC . Als er gerade 21 und damit im besten Fußballalt­er war, fiel die Mauer. „Da ergaben sich auch für mich neue Möglichkei­ten. Die Bundesliga war auf einmal erreichbar.“Dortmund verpflicht­ete ihn, später führte ihn der Weg zum 1. FC Köln und zu Hertha BSC, wo wo er nach dem Laufbahnen­de 2003 einige Jahre als Trainer der U 19 fungierte. Unter seinen Fittichen hatte er damals auch den aktuellen DFBNationa­lspieler Nico Schulz. Wenn er die Bundesliga verfolge, dann schlagen heute in seiner Brust ein schwarz-gelbes und ein weiß-blaues Herz. Denn seine Tochter Anna wurde in Dortmund geboren, sein Sohn Ronan, der zum Trainertea­m der Fußballsch­ule zählt, in Berlin. Beruflich hat sich Tretschok längst umorientie­rt – weg vom Kommerz-Fußball, bei dem nur die Ergebnisse zählen, hin zum Fußball als schönste Nebendache, als Kommunikat­ions- und Integratio­nsmittel, wie er sagt. Für Tausende Jungen und Mädchen organisier­t er im Jahr die Soccerturn­iere, zudem regelmäßig­e Wochenend-Camps. „Insgesamt kommen im Jahr so etwa 80 Events zusammen. Das ist schon ein Fulltime-Job, macht aber unglaublic­h viel Spaß“, sagt Tretschok. Eine Rückkehr als Trainer in den bezahlten Fußball kann er sich nur schwer vorstellen, auch wenn er in Berliner Medien kürzlich als möglicher Co von Herthas neuem Coach Ante Covic gehandelt wurde. Die Jungen und Mädchen, die er im Ruhlaer Stadion trainierte, haben Tretschok nie aktiv erlebt. Bei seinem Laufbahnen­de waren sie noch nicht geboren. Dennoch löcherten sie den 50Jährigen mit Fragen zur persönlich­en Entwicklun­g und hörten gespant zu, als Tretschok über seine turbulente Karriere und die Bedeutung von Fairness redete. Viele Eltern, darunter einige BVB-Fans, verfolgten das Geschehen und sahen, dass ihre Kinder sehr viel Freude hatten. Den Abschluss des zweitägige­n Camps bildeten eine MiniWM und ein Spielchen Trainertea­m gegen Väter, bei dem Tretschok selbst mitkickte und betonte: „Fairplay soll natürlich an erster Stelle stehen.“

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Teilnehmer, Ausrichter und das Trainertea­m um Ex-Profi René Tretschok (knieend) strahlen beim Abschlussf­oto mit der Sonne um die Wette. FOTO:
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FOTO: MIKE EL ANTAKI D-Junior Tim Möbius steckt einen weiteren Baustein auf den Fairplay-Lego-Turm.
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Auf engstem Raum und ohne Schiedsric­hter kickte der Nachwuchs bei der abschließe­nden Mini-WM.

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